Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Zum Bereitschaftsdienst für Ärzte

Das LAG Schleswig- Holstein hatte darüber zu entscheiden, ob es sich bei von dem Kläger als Assistenzarzt ind als Notarzt im Rahmen des notärztlichen Dienstes geleisteten Bereitschaftsdienstes um Arbeitszeit im Sinne de Arbeitszeitgesetzes handelt. Das LAG hat den Rechtsstreit dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, da es für die Entscheidung darauf ankomme, ob die nationale Regelung in § 5 Abs. 3 ArbZG gegen die Richtlinie 93/104 EG verstoße, indem sie davon ausgehe, dass Bereitschaftsdienst , soweit nicht eine Heranziehung erfolge, als Ruhezeit anzusehen sei.
(LAG Schleswig- Holstein, Beschl. v. 12.3.2002 – 3 Sa 611/01)

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Arbeitsaufnahme bei Rufbereitschaft

Der Arbeitnehmer (hier: Krankenpfleger im Bereich Anästhesie eines Krankenhauses) ist nicht verpflichtet, bei Rufbereitschaft die Arbeit innerhalb der vom Arbeitgeber festgesetzten Zeitspanne (hier 20 Minuten) nach Abruf aufzunehmen. § 7 AVR (Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes) regelt die Voraussetzungen zur Anordnung von Rufbereitschaft abschließend. Diese Bestimmung räumt dem Arbeitgeber nicht das Recht ein, die Zeit zwischen dem Abruf und der Arbeitsaufnahme im Voraus und für alle Fälle auf eine bestimmte Höchstdauer zu beschränken. Dem Begriff „kurzfristig“ in § 7 Abs. 3 der Anlage 5 zu den AVR ist dies nicht zu entnehmen. Eine solche zeitliche Beschränkung liefe dem Wesen der nur bei erfahrungsgemäß geringem Arbeitsanfall zulässigen Rufbereitschaft zuwider. Je nach Sachlage können zwischen Abruf nicht im Betrieb anwesender Arbeitnehmer und Arbeitsaufnahme unterschiedlich lange Zeiten liegen, die alle als „kurzfristig“ anzusehen sind.
Ist der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen darauf angewiesen, dass der Arbeitnehmer – z.B. in Notfällen – spätestens innerhalb von 20 Minuten die Arbeit aufnimmt, muss er sich der geeigneten, nach den AVR zulässigen Arbeitszeitregelung bedienen. Neben der Rufbereitschaft kommt insbesondere der Schichtdienst in Betracht oder der Bereitschaftsdienst nach § 7 Abs. 2 der Anlage 5 zu den AVR, der sich von der Rufbereitschaft dadurch unterscheidet, dass der Arbeitnehmer sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit in der Einrichtung aufhalten muss, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.

Hinweis für die Praxis:
Der EuGH bewertet Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit i.S.d. gesetzlichen Arbeitszeitschutzes (Arbeitszeitgesetz: gesetzlicher Gesundheitsschutz). Wie man in dieser Entscheidung sieht, ist das Ausweichen auf „Rufbereitschaft“ dann problematisch, wenn bestimmte zeitlich enge Vorgaben gesetzt werden, innerhalb derer die Arbeitnehmer die Arbeit aufzunehmen hat.
(BAG 31.1.2002 – 6 AZR 214/00

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Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrages bei Schwangerschaft

Das Kündigungsverbot für Schwangere gilt auch für befristete Arbeitsverträge. Die Nichterneuerung eines befristeten Arbeitsvertrages zum Zeitpunkt seiner regulären Beendigung steht einer Kündigung nicht gleich und verstößt als solches nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht.

Weigert sich aber ein Arbeitgeber, eine für die betreffende Tätigkeit für geeignet gehaltene Arbeitnehmerin einzustellen, weil sie schwanger ist, kann die Nichterneuerung eines Arbeitsverhältnisses als Einstellungsverweigerung angesehen werden, die dann eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts darstellt.
(EuGH 4.10.2001 – Rs.C-438/99)

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Änderung des Mutterschutzrechts

Künftig sollen alle Mütter eine Mutterschutzfrist von insgesamt 14 Wochen genießen, selbst wenn das Kind vor dem berechneten Geburtstermin zur Welt kommt. Der Gesetzentwurf will die Mutterschutzfrist bei einer vorzeitigen Entbindung verbessern und damit eine Lücke gegenüber der EG-Mutterschutz-Richtlinie 92/85 schließen.

Bisher steht den Frauen bei Geburten vor dem berechneten Termin nach der Entbindung nur eine Schutzfrist von acht Wochen zu, die nicht beanspruchten Tage der Schutzfrist vor der Geburt verfallen. Das Gesetz soll im Sommer 2002 in Kraft treten.

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Mitbestimmung des Betriebsrates bei Einsatz von Testkäufern einer Fremdfirma

Werden im Betrieb des Arbeitgebers und in dessen Auftrag Mitarbeiter eines anderen Unternehmens eingesetzt, um Testkäufe durchzuführen, so kann hierin eine mitbestimmungspflichtige Einstellung liegen. Dies setzt voraus, dass die Testkäufer in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert sind. Hieran fehlt es, wenn der Einsatz nicht vom Arbeitgeber, sondern von dem anderen Unternehmen gesteuert wird.
(BAG, Beschluss vom 13.3.2002 – 1 ABR 34/00)

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LAG Hamm zum Umfang des Klageantrages gegen eine Arbeitgeberkündigung

Das LAG Hamm hat entschieden, dass, auch wenn sich der Klageantrag nur gegen die erste Kündigung des Arbeitgebers richtet und eine zweite, aus demselben Grund ausgesprochene Kündigung lediglich in der Klagebegründung angesprochen werde, die Auslegung von Klageantrag und Klagebegründung ergebe, dass der Kläger beide Kündigungen mit der Klage angreifen wollte. Im zu entscheidenden Fall hatte der beklagte Arbeitgeber binnen weniger Tage zwei Kündigungen ausgesprochen. In dem Klageantrag wurde lediglich die erste Kündigung angegriffen, in der Klagebegründung wurde die zweite weitere, aus demselben Grund ausgesprochene Kündigung erwähnt und zum Ausdruck gebracht, dass das Arbeitsverhältnis auch durch sie nicht aufgelöst sei. Nach Auffassung des LAG Hamm habe die klägerseits erhobene Kündigungsschutzklage beide Kündigungsschreiben der Beklagten erfasst und die Klagefrist des § 4 Abs. 1 KschG gewahrt. Denn der Klageantrag sei als Prozesshandlung auslegungsfähig, wobei der Wortlaut hinter Sinn und Zweck des Antrages zurücktrete und der geäußerte Parteiwille, wie er aus Antrag, Begründung und sonstigen Umständen erkennbar werde, entscheidend sei.
(LAG Hamm, Urteil vom 8.5.2001 – 11 Sa 1490/00)

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Neue Wahlordnung zur Betriebsratswahl in Kraft getreten

Am 15.12.2001 ist die neue Wahlordnung zum Betriebsverfassungs-Reformgesetz in Kraft getreten. Die neuen Regelungen werden bereits in diesem Frühjahr bei den nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen, flächendeckend zur Anwendung kommen. Wichtigste Änderungen sind die Aufhebung des Gruppenprinzips, nach dem der Betriebsrat nach Arbeitern und Angestellten getrennt gewählt wurde, die vorgeschriebene anteilsmäßige Beteiligung des zahlenmäßig in Unternehmen geringer vertretenen Geschlechts in Betriebsrat und in den Jugend- und auszubildenden Vertretungen und die Umsetzung des vereinfachten Wahlverfahrens in Kleinbetrieben.

Der Text der Wahlordnung ist im Internet unter http://www.bma.bund.de zu finden.

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Klage gegen Beendigungskündigung außerhalb der 3-Wochenfrist bei vorheriger Klage gegen Änderungskündigung

Wenn der Arbeitnehmer innerhalb der 3-Wochenfrist – also fristgerecht – Klage gegen eine Änderungskündigung (Änderungsschutzklage) erhoben hat, so kann er auch noch nach Ablauf von 3 Wochen geltend machen, dass die Kündigung als Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt ist.
(BAG Urteil vom 17.5.2001 – 2 AZR 460/00)

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Ausschlussfrist bei Darlehensrückzahlung

Auch die Ansprüche eines Bauarbeitgebers auf Rückzahlung von Darlehen, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis gewährt werden, unterliegen u.U. der tariflichen Ausschlussfrist (hier § 16 BRTV), müssen also rechtzeitig geltend gemacht werden, sonst verfallen sie.

(BAG, Urteil vom 20.2.2001 – 9 AZR 11/00)

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Wiedereinstellungsanspruch nach betriebsbedingter Kündigung und Abfindungsvergleich

Dem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer kann ein Wiedereinstellungsanspruch zustehen, wenn sich zwischen dem Ausspruch der Kündigung und dem Ablauf der Kündigungsfrist unvorhergesehen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ergibt. Entsteht diese erst nach Ablauf der Kündigungsfrist besteht grundsätzlich kein Wiedereinstellungsanspruch (Bestätigung von BAG, BAGE 86,194=NZA 1998, 254).
Dem Wiedereinstellungsanspruch können berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Diese können auch darin bestehen, dass der Arbeitgeber den in Betracht kommenden Arbeitsplatz bereits wieder anderweitig besetzt hat. Der Arbeitgeber kann sich aber auf die Neubesetzung des Arbeitsplatzes nicht berufen, wenn hierdurch der Wiedereinstellungsanspruch treuwidrig vereitelt wurde.
(BAG Urteil vom 28.06.2000 – 7 AzR 904/98)