Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Lohnrückstand als Kündigungsgrund und Schadenersatzanspruch.

Lohnrückstände in geringem Umfang (deutlich weniger als ein halbes Monatsgehalt) können einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darstellen, wenn der Arbeitgeber den Lohn willkürlich oder ohne nachvollziehbare Begründung hartnäckig verweigert. Der damit zusammenhängende Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers wegen Auflösungsverschuldens des Arbeitgebers gem. § 628 Abs. 2 BGB ist jedoch zeitlich begrenzt. Nach § 626 Abs. 2 BGB beginnt die Ausschlussfrist grundsätzlich mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen – hier der hartnäckigen Zahlungsverweigerung – Kenntnis erlangt hat. Der Umfang des Schadenersatzanspruches beschränkt sich dabei in der Regel auf den bis zum Ablauf einer fiktiven ordentlichen Kündigung entstehenden Vergütungsausfall. Hinzutreten kann allerdings eine den Verlust des Bestandsschutzes ausgleichende angemessene Entschädigung entsprechend §§ 9,10 Kündigungsschutzgesetz.
(BAG, Urteil v. 26.7.2002 8 AZR 739/00)

VonHagen Döhl

Fristlose Kündigung wegen Annahme von Geldgeschenken

Die Annhame von Geldgeschenken durch einen Bauleiter im öffentlichen Dienst, der über die Vergabe von Aufträgen zu entscheiden hat, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen. Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert nicht an der fehlenden Abmahnung. Dem Arbeitnehmer musste klar sein, dass er mit seinem mehrfachen Verstoß gegen das tarifliche und in der Dienstanweisung enthaltene Verbot, Geldgeschenke anzunehmen, seinen Arbeitsplatz aufs Spiel setzte. Der unsubstantiierte Hinweis auf die „Üblichkeit“ eines derartien Fehlverhaltens in der Dienststelle kann den Arbeitnehmer nicht entlasten.
(BAG 15.11.2001 – 2 AZR 605/00)

VonHagen Döhl

Keine Leistungsklage bei angezeigter Masseunzulänglichkeit

Die Vergütungsforderungen ab Juli 1999 sind sogenannte Altmasseverbindlichkeiten im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Vollstreckung solcher Forderungen ist nach § 210 InsO unzulässig, sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit beim Insolvenzgericht angezeigt hat (§ 208 Abs. Ins0). Aus dem Vollstreckungsverbot des § 210 InsO folgt, dass für Leistungsklagen das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Der Altmassegläubiger kann gegenüber dem Insolvenzverwalter lediglich die Feststellung seiner Forderung verlangen. Eine Leistungsklage ist unzulässig.
(BAG 11.12.2001 – 9 AZR 459/00)

VonHagen Döhl

Verjährung eines Anspruches auf Sozialplanabfindung

Die kurze Verjährungsfrist des § 196 BGB umfasst nicht die Sozialplanabfindung. Diese ist kein Arbeitseinkommen oder Ersatz für Arbeitsentgelt i.S.v. § 196 BGB. Die Sozialplanabfindung wird nicht durch die Tätigkeit des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses verdient. Sie bezweckt vielmehr den – zukunftsgerichteten – Ausgleich oder die Milderung der Nachteile, die einem Arbeitnehmer durch eine Betriebsänderung entstehen. Es bleibt daher bei der dreißigjährigen Verjährung nach § 195 BGB.

Die am 1. Januar 2002 in Kraft getretene Änderung des BGB, nach der die regelmäßige Verjährungsfrist nur noch 3 Jahre betragen wird, war nicht zu berücksichtigen.
(BAG 30.10.2001 – 1 AZR 65/01)

VonHagen Döhl

Betriebsverfassungsrecht – Restmandat des Betriebsrates

Die Mitglieder des Betriebsrates verlieren ihre Wählbarkeit bei einer Betriebsstilllegung, die zur Einstellung der werbenden Tätigkeit des Betriebes und die Beendigung der Arbeitsverhältnisse aller betriebszugehöriger Arbeitnehmer führt: Damit endet ihr Vollmandat.
Das Restmandat eines Betriebsrates setzt einen die Stilllegung des Betriebes und der darauf bezogenen Beendigung auch der Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder das betriebsverfassungsrechtliche Rechtsverhältnis.
(BAG 14.8.2001 – 1 ABR 52/00 = NZA 2002, 109)

VonHagen Döhl

Keine sachgrundlose Befristung von Arbeitsbedingungen nach dem BeschFG 1996

Die Befristung von Arbeitsbedingungen kann nicht auf das Beschädftigungsförderungsgesezt 1996 gestützt werden. Schon aus Wortlaut und Systematik des Gesetzes ergibt sich, dass sein § 1 nur die Befristung des Arbeitsvertrages, nicht aber die Befristung einzelner Vertragsbindungen erlaubt. Vor allem aber sprechen Sinn und Zweck der Regelung dagegen, sie auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen zu erstrecken. Das Beschäftigungsförderungsgesetz sollte die Beschäftigungschancen für Arbeitssuchende verbessern, indem die Arbeitgeber dazu vernlasst werden sollten, zusätzliche Arbeitskräfte zunächst befristet einzustellen, wodurch diese die Chance auf ein Dauerarbeitsverhältnis erhielten. Die Befristung von Arbeitsbedingungen ist durch diese Zwecksetzung nicht gedeckt.
(BAG 23.1.2002 – 7 AZR 563/00)

VonHagen Döhl

Arbeitszeit – Teilzeitanspruch des Arbeitnehmers

Der Anspruch des Arbeitnehmes auf Verringerung der Arbeitszeit nebst deren Verteilung nach § 8 TzBfG kann im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens vorläufig durchgsetzt werden, wenn die Teilzeitarbeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile des Arbeitnehmers geboten ist und betriebliche Gründe nicht entgegenstehen.
Wesentliche Nachteile liegen vor, wenn die Kinderbetreuung ohne die Verringerung der Arbeitszeit nicht gewährleistet werden kann.
(ArbG Berlin 12.10.2001 – 31 Ga 2456/01 = DB 2001, 2227)
(Az. LAG Berlin – 4 Sa 2243/01)

VonHagen Döhl

Vertragsänderung durch schlüssiges Verhalten

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer nach einem Änderungsangebot des Arbeitgebers gem. §§ 133, 157 BGB dann als Annahme der Vertragsänderung angesehen werden, wenn diese sich unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, nicht hingegen, solange deren Folgen nicht hervortreten (z.B. BAG 22.12.1970 – 3 AZR 52/70; BAG 13.5.1987 – 5 AZR 125/86; BAG 17.7.1965 – 3 AZR 302/64). Denn nur bei einer unmittelbar eintretenden Änderung im Arbeitsverhältnis hat der Arbeitnehmer Veranlassung, dieser sofort zu widersprechen. Er kann und muss in einem solchen Fall erkennen, dass seine widerspruchslose Weiterarbeit als Einverständnis mit der angebotenen Vertragsänderung verstanden wird. Setzt er seine Tätigkeit widerspruchslos fort, darf der Arbeitgeber daher dem das Einverständis des Arbeitnehmers mit der Vertragsänderung entnehmen.

Bei einem Änderungsangebot, das – wie die Vereinbarung von Tarifrecht – ein ganzes Bündel von Vertragsänderungen zum Inhalt hat, ist jedoch nicht erforderlich, dass alle diese Änderungen sich unmittelbar auswirken. Denn der Arbeitnehmer hat auch dann Veranlassung zu sofortigem Widerspruch, wenn dies nur teilweise der Fall ist. Dies ist daher ausreichend als Voraussetzung für die Annahme eines Änderungsangebotes durch widerspruchslose Weiterarbeit. Denn sonst wären komplexe Vertragsänderungen – insbesondere die Vereinbarung von Tarifrecht, dessen Regelungen sich typischerweise nicht alle unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirken (z.B. hinsichtlich Urlaub, Weihnachtsgeld, Jubiläumsgeld) – im Wege konkludenter (= schlüssiger) Vereinbarung ausgeschlossen. Dafür gibt es keinen einleuchtenden Grund.

Auch wenn sich ein Änderungsangebot des Arbeitgebers nicht in allen Punkten unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt, kann die widerspruchslose Fortsetzung der Tätigkeit durch den Arbeitnehmer dessen konkludente Annahme des Änderungsangebots insgesamt sein.
(BAG 1.8.2001 – 4 AZR 129/00)

VonHagen Döhl

Betriebsbedingte Kündigung; Gemeinschaftsbetrieb; Sozialwahl

Nach der st. Rspr. des BAG können mehrere Unternehmen einen gemeinsamen Betrieb bilden. Dies gilt für das Betriebsverfassungsrecht ebenso wie für das KSchG. Auch größere räumliche Entfernungen der einzelnen Unternehmen schließen dabei die Annahme eines Gemeinschafsbetriebes nicht grundsätzlich aus.

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines von mehreren Unternehmen geführten gemeinsamen Betriebes i.S.d. § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG trägt der Arbeitnehmer.

Die Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG hat in diesen Fällen betriebsübergreifend zu erfolgen. Ergibt sich in diesem Zusammenhang aus der Mitteilung des Arbeitgebers, dass er Tatsachen, gem. § 1 Abs. 3 KSchG objektiv erheblich sein können – hier die Nichtberücksichtigung der Arbeitnehmer eines bestimmten Teilbetriebes eines Gemeinschaftsbetriebes-, in seine subjektiven Erwägungen nicht einbezogen hat und behauptet der gekündigte Arbeitnehmer bei fehlender eigener Kenntnis, gerade aus diesen Tatsachen ergebe sich die Unrichtigkeit der sozialen Auswahl, so ist es eine Obliegenheit des Arbeitgebers, seinen Vorgang hinsichtlich dieser Tatsachen zu ergänzen. Anderenfalls ist der dem Kenntnisstand des Arbeitnehmers entsprechende und ihm konkreter nicht mögliche Vortrag, soziale Gesichtspunkte seien nicht ausreichend berücksichtigt, als unstreitig anzusehen.
(LAG Köln 25.4.2001 – 8 (7) Sa 96/01)

VonHagen Döhl

Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses in der Probezeit

Das BAG hat entschieden, dass während es Laufes einer Befristung der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung regelmäßig nicht möglich sein soll; eine vorzeitige ordentliche Kündigungsmöglichkeit müssten die Parteien eines befristeten Arbeitsvertrages ausdrücklich vereinbaren. Ausreichend sei jedoch auch, dass sich der entsprechende beiderseitige Wille aus den Gesamtumständen hinreichend ergebe.
(BAG, Urteil v. 4.7.2001 – 2 AZR 88/00)