Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Kündigungsschutzklage – wichtige Klagefrist

Wer gegen eine Kündigung seines Arbeitgebers Klage erheben möchte muss die gesetzliche Klagefrist aus § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) unbedingt beachten. Ab Erhalt der Kündigung kann die Kündigung nur mit einer Klage angegriffen werden, die innerhalb von 3 Wochen beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Eine verspätete Klage führt in der Regel zum Verlust des Kündigungsschutzanspruches. Nur bei unverschuldeter Fristversäumnis kann ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung gestellt werden. Auch dieser muss aber spätestens 2 Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden. Ein halbes Jahr nach Zugang der Kündigung besteht aber auch diese Möglichkeit nicht mehr.

Eine Klage, die ausschließlich auf Einhaltung der Kündigungsfrist gerichtet ist, kann aber stets auch außerhalb der 3-wöchigen Ausschlussfrist des § 4 Satz 1 KschG erhoben werden – wie das Bundesarbeitsgericht inzwischen entschieden hat.

Es empfiehlt sich daher nach Erhalt einer Kündigung möglichst schnell den Rat eines arbeitsrechtlich spezialisierten Rechtsanwaltes einzuholen, um Nachteile zu vermeiden.
Das Kündigungsschutzgesetz ist übrigens auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden, die zum Zeitpunkt der Kündigung länger als 6 Monate bestehen, wenn in dem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigt sind. Aber auch in kleineren Betrieben kann das KSchG gelten, wenn das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 1.1.2004 bestanden hat.
Kündigungsfristen sind natürlich unabhängig davon stets einzuhalten.

(BAG, Urteil v. 15.12.2005 – 2 AZR 158/05, NZA 2006, 791)

VonHagen Döhl

BAG: Aufhebungsvertrag bei nur vorgetäuschtem Betriebsübergang unwirksam

Die Arbeitsvertragsparteien können das Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang wirksam durch Aufhebungsvertrag auflösen, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist und nicht nur der Unterbrechung der Kontinuität des Arbeitsverhältnisses dient. Dies gelte auch dann, wenn zugleich ein Übertritt des Arbeitnehmers in eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft vereinbart werde, entschied das Bundesarbeitsgericht. Unwirksam sei ein Aufhebungsvertrag aber, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darüber täusche, dass ein Betriebsübergang geplant sei, in dem er ihm wahrheitswidrig vorspiegele, der Betrieb solle stillgelegt werden (Urteil vom 23.11.2006, Az.: 8 AZR 349/06).

VonHagen Döhl

BAG: Keine Anfechtung der Kündigung nach gerichtlichem Vergleich über Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Drohung des Arbeitgebers mit einer Kündigung kann den Arbeitnehmer, der daraufhin einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugestimmt hat, zur Anfechtung seiner Zustimmungserklärung gemäß § 123 BGB berechtigen. Hat der Arbeitgeber jedoch bereits gekündigt und kommt später ein gerichtlicher Vergleich über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustande, kann der Arbeitnehmer eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung nicht mit der vorausgegangenen Kündigung begründen. Insoweit liege im Zeitpunkt des Zustandekommens des Vergleichs keine Drohung mehr vor, stellte das Bundesarbeitsgericht klar (Urteil vom 23.11.2006, Az.: 6 AZR 394/06).

VonHagen Döhl

BAG: Schwerbehinderte Menschen können Freistellung von Bereitschaftsdienst verlangen

Schwerbehinderte Beschäftigte sind auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen. Mehrarbeit ist jede über acht Stunden hinausgehende werktägliche Arbeitszeit. Hierzu zählt auch der Bereitschaftsdienst, stellte das Bundesarbeitsgericht jetzt klar (Urteil vom 21.11.2006, Az.: 9 AZR 176/06).

VonHagen Döhl

Klageerhebungsfrist für die Geltendmachung der Nichteinhaltung der Kündigungsfrist?

Die Klage auf Einhaltung der Kündigungsfrist kann stets auch außerhalb der 3-wöchigen Ausschlussfrist des § 4 Satz 1 KschG erhoben werden. Grenze ist lediglich die Verwirkung (§ 242 BGB).
Ausnahme: Ist aus der Kündigung des Arbeitgebers zu entnehmen, dass er die Kündigung ausschließlich zu dem erklärten Zeitpunkt gegen sich gelten lassen will (was allerdings selten vorkommen dürfte), ist der Kündigungstermin Inhalt der Willenserklärung. Dann muss auch die Klagefrist des § 4 Satz 1 KschG gewährt werden.
(BAG, Urteil v. 15.12.2005 – 2 AZR 158/05, NZA 2006, 791)

VonHagen Döhl

Bundesregierung will Anspruch auf Pflegezeit einführen

In der Bundesregierung gibt es Pläne für die Einführung einer so genannten Pflegezeit. Das Gesundheitsministerium teilte am 6. November 2006 mit: Dies soll es Arbeitnehmern ermöglichen, ihren Job für die Pflege eines Angehörigen zu unterbrechen. Die Beschäftigten sollen dadurch einen Anspruch auf eine 6-monatige Freistellung erhalten. In dieser Zeit bekämen sie kein Arbeitsentgelt, hätten aber den Anspruch darauf, nach Beendigung der Pflegezeit weiterbeschäftigt zu werden. Ein Gesetzentwurf ist dazu noch nicht erarbeitet.
(Quelle: Sächsische Zeitung 7. November 2006)

VonHagen Döhl

Außerordentliche Kündigung – Beleidigung

Eine beleidigende Äußerung des Arbeitnehmers über den Arbeitgeber (hier: größtes Arschloch der Welt) kann an sich geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu begründen. Die Kündigung kann allerdings ausgeschlossen sein, wenn die Äußerung in einem privaten Gespräch gegenüber einem Freund des Arbeitnehmers erfolgt ist, auf dessen Vertraulichkeit der Arbeitnehmer rechnen durfte und das nur zufällig von einem Arbeitskollegen mit angehört und dem Arbeitgeber zugetragen worden ist.
(LAG Mecklenburg-Vorpommern – 20.07.2006 1 Sa 69/06)

VonHagen Döhl

BAG: Früherer «Arzt im Praktikum» hat nach Wegfall dieses Ausbildungsabschnittes Anspruch auf höhere Vergütung

Ein früherer «Arzt im Praktikum» (AiP), der nach Wegfall dieses Ausbildungsabschnitts auf Verlangen des Arbeitgebers seine Approbation beantragt und auch erhält, muss sich bei einer Weiterbeschäftigung nicht länger mit dem tariflichen Entgelt für eine Tätigkeit als «Arzt im Praktikum» zufrieden geben. Der jetzt approbierte Arzt kann vielmehr die für approbierte Ärzte als Eingangsvergütung vorgesehene höhere Vergütung verlangen. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 08.11.2006, Az.: 4 AZR 624/05).

VonHagen Döhl

Außerordentliche Kündigung wegen privater Internetnutzung

Ein Arbeitnehmer verstößt ganz erheblich gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, wenn er ein ausdrückliches und fortlaufend wiederholtes Verbot des Arbeitgebers missachtet, das Internet privat zu nutzen und innerhalb von mehr als 2 Monaten fast täglich insgesamt in erheblichem Umfang privat im Internet surft.

(BAG, Urteil v. 27.4.2006 – 2 AZR 386/05)

VonHagen Döhl

BAG zur Sozialauswahl: Keine Vergleichbarkeit zwischen nicht einseitig auf einen Arbeitsplatz umsetzbaren Arbeitnehmern

Der Kreis der in eine nach § 1 Abs. 3 KSchG vorzunehmenden Sozialauswahl einzubeziehenden Arbeitnehmer bestimmt sich nach ihrer Vergleichbarkeit. Diese bemisst sich in erster Linie nach arbeitsplatzbezogenen Merkmalen. An einer Vergleichbarkeit fehlt es jedoch zwischen Arbeitnehmern, die der Arbeitgeber nicht einseitig auf den anderen Arbeitsplatz umsetzen oder versetzen kann. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Die Vergleichbarkeit könne grundsätzlich auch nicht dadurch herbeigeführt werden, dass der Arbeitsvertrag eines von einem betrieblichen Ereignis betroffenen Arbeitnehmers erst anlässlich dieses Ereignisses einvernehmlich oder im Wege der Änderungskündigung entsprechend abgeändert werde (Urteil vom 18.10.2006, Az: 2 AZR 676/05).

Die Klägerin war bei der Beklagten als Betriebsleiterin der Niederlassung in H beschäftigt. Die Beklagte unterhielt unter anderem eine weitere Niederlassung in R, deren Auflösung sie aber im Jahr 2004 unter Verlegung eines Teiles der Betriebsmittel nach H beschloss. Allen dort Beschäftigten gegenüber sprach sie eine Änderungskündigung mit dem Angebot der Weiterbeschäftigung in H aus. Dieses Angebot nahmen vier von 58 Arbeitnehmern an, darunter der bisherige Betriebsleiter der Niederlassung R, in dessen Arbeitsvertrag R als Dienstort genannt war. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Begründung, dass durch den Wechsel des Betriebsleiters von R nach H ein Betriebsleiter überzählig und die Klägerin sozial weniger schutzbedürftig sei.

Hiergegen zog die Klägerin vor Gericht. Sie ist der Auffassung, die Beklagte könne sich nicht auf den durch die Umsetzung des Betriebsleiters selbst verursachten Personalüberhang berufen. Die Arbeitnehmer aus H seien auch nicht in eine Sozialauswahl mit Arbeitnehmern aus R einzubeziehen. Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe die Niederlassung R nicht stillgelegt, sondern mit der Niederlassung H in H zusammengelegt. Die Sozialauswahl sei daher nunmehr innerhalb des gesamten Betriebes durchzuführen.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Dieses soll klären, wie der Arbeitsvertrag zwischen dem Betriebsleiter in R im Hinblick auf eine Versetzbarkeit nach H auszulegen ist.