Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Die Annahme, dass das Baugrundrisiko stets der Auftraggeber trage, ist falsch!

Die Annahme, dass das Baugrundrisiko stets der Auftraggeber trage, ist falsch!

Die Auffassung, der Baugrund sei vom Auftraggeber gestellter Baustoff, für dessen Beschaffenheit stets der Auftraggeber einzustehen habe, ist unzutreffend. Darauf weist das OLG München hin. Auch wenn es um Bauverträge geht, deren Durchführung und Erfüllung von möglicherweise ungeklärten Bodenverhältnissen abhängen, sind die Hauptpflichten aus dem geschlossenen Werkvertrag entscheidend und somit vorrangig zu bestimmen. Ein spezifisches Baugrundrisiko, das bedeuten würde, dass der Auftraggeber für dessen wie auch immer geartete Verwirklichung stets einzustehen hätte, gibt es nicht.
(OLG München, Urteil vom 10.12.2013 – 28 U 732/11)

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Abschlagsrechnungen sind im VOB-Vertrag zu 100% zu bezahlen

Im VOB-Vertrag hat der Auftragnehmer Anspruch auf Abschlagszahlungen für die von ihm vertragsgemäß erbrachten Leistungen in Höhe des vertragsmäßig vereinbarten Werts dieser Leistungen. Nach der VOB/B hat also eine volle Bezahlung der nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen zu erfolgen, also grundsätzlich zu 100% und nicht zu 90% oder weniger. Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers enthaltene Klausel, wonach geringere Abschlagszahlungen zu leisten sind (z.B. in Höhe von 90%), benachteiligt den Auftragnehmer nach Ansicht des OLG Düsseldorf deshalb unangemessen und ist unwirksam.
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.11.2014 – 21 U 172/12)

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Ist § 8 Abs. 2 VOB/B insolvenzrechtlich wirksam?

Nach der Entscheidung des OLG Frankfurt vom 16.03.2015 ist das Kündigungsrecht des Auftraggebers im Fall einer Insolvenz des Auftragnehmers (VOB/B § 8 Abs. 2) nach § 119 InsO unwirksam. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Das OLG Frankfurt hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BGH zugelassen.
(OLG Frankfurt, Urteil vom 16.03.2015 – 1 U 38/14)

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Architekt muss kein Hellseher sein

Der bauüberwachende Architekt hat nach Ansicht des OLG München nur die im Zeitpunkt seiner Leistungserbringung geltenden DIN-Normen zu beachten. Kommt es in der Gewährleistungsphase des überwachten Bauunternehmers zu einer Änderung dieser DIN-Normen, kann der Architekt nicht auf Schadensersatz wegen Baumängeln in Anspruch genommen werden.
(OLG München, Beschluss vom 15.01.2015 – 9 U 3395/14 Bau)

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Komplettheitsklauseln sind als Teil der Preis-/Leistungsabrede auch als AGB wirksam

Auch wenn die Leistung detailliert mit einem Leistungsverzeichnis beschrieben ist, kann der Leistungsumfang durch eine sog. Schlüsselfertigkeits-, Komplettheits- oder Vollständigkeitsklausel auf die Ausführung notwendiger, aber im Bauvertrag nicht ausdrücklich aufgeführter Leistungen erweitert werden.
Eine solche Klausel ist auch dann nicht unwirksam, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt. Denn sie regelt das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung und unterliegt deshalb nicht der Inhaltskontrolle.
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.05.2014 – 23 U 162/13)

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Streit über Nachträge: Kann der Auftragnehmer die Leistung verweigern

Streitigkeiten über Nachtragsforderungen berechtigen den Auftragnehmer zwar grundsätzlich nicht dazu, die weitere Leistung zu verweigern. Ausnahmsweise steht ihm aber ein Leistungsverweigerungsrecht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu, wenn entweder die Leistungsaufnahme oder die Leistungsfortführung bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls für ihn unzumutbar ist.
Die Leistungsfortführung ist für den Auftragnehmer unzumutbar, wenn der Auftraggeber endgültig nicht dazu bereit ist, eine zusätzliche Leistung zu vergüten, und die neue Vergütung von der ursprünglich vereinbarten Vergütung nicht nur unerheblich abweicht.
(OLG Koblenz, Urteil vom 06.11.2014 – 6 U 245/14)

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Voraussetzungen für einen Vertragsschluss durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben?

Widerspricht der Empfänger eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens dem Inhalt des Schreibens nicht unverzüglich, muss er dessen Inhalt gegen sich gelten lassen. Ein solches Bestätigungsschreiben muss sich auf zwischen den Parteien getroffene Absprachen beziehen, das heißt, es müssen Vertragsverhandlungen vorangegangen sein. Auf die Bezeichnung des Schreibens kommt es nicht an. Entscheidend ist, ob das Schreiben nach seinem Inhalt das Ergebnis früherer Verhandlungen verbindlich festlegt. Ein Bestätigungsschreiben bleibt ohne Wirkung, wenn es inhaltlich soweit vom Vorbesprochenen abweicht, dass der Absender redlicherweise nicht mit dem Einverständnis des Empfängers rechnen kann. Ein 4%-iger Preisnachlass und eine 2%-ige Skontozahlung sind bei Geltung der VOB/B nach Ansicht des OLG Dresden nicht als derart gravierend zu beurteilen, dass damit "vernünftigerweise" ein Einverständnis des Empfängers nicht mehr zu erwarten ist.
OLG Dresden, Urteil vom 31.07.2012 – 5 U 1192/11;
BGH, 27.08.2014 – VII ZR 235/12 (NZB zurückgewiesen)

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Mangelfreiheit ist keine zwingende Voraussetzung für die Schlusszahlung

Die Klausel "Voraussetzung für die Schlusszahlung ist eine mangelfreie Abnahme bzw., dass die bei der Abnahme festgestellten Mängel beseitigt worden sind" ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers unwirksam.
KG, Urteil vom 08.04.2014 – 27 U 105/13

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Darlegung von Mängeln: Genaue Bezeichnung der Mangelerscheinungen reicht

Der Besteller genügt seiner Darlegungslast, wenn er Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet, genau bezeichnet. Zu den Ursachen der Mangelerscheinungen muss der Besteller nicht vortragen.
BGH, Urteil vom 05.06.2014 – VII ZR 276/13

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Auch nach vollständiger Mängelbeseitigung verbleibt ein merkantiler Minderwert

Wohnungseigentumseinheiten in einer bevorzugten Wohngegend sind marktgängige und verwertbare Objekte, so dass nach der Beseitigung von Baumängeln grundsätzlich ein merkantiler Minderwert in Betracht kommt. Ein solcher Minderwert kann dem OLG München zufolge auch dann eintreten, wenn aus technischer Sicht die Mängel vollständig beseitigt sind. Insofern bildet dieser Minderwert die – bautechnisch unzutreffende – Einschätzung der beteiligten Verkehrskreise ab. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass eine Reparatur nicht die fachliche Qualität einer von vorneherein richtigen Herstellung erreicht.
OLG München, Urteil vom 17.12.2013 – 9 U 960/13 Bau