Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Erfüllung des Urlaubsanspruches

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsanspruch ein durch das BUrlG bedingter Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, von den nach dem Arbeitsverhältnis bestehenden Arbeitspflichten befreit zu werden, ohne dass die Pflicht zur Zahlung des Arbeitentgelts berührt wird.
Die zur Erfüllung des Anspruchs erforderliche Erklärung des Arbeitgebers muss hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub gewährt wird. Andernfalls ist nicht bestimmbar, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirkt (§ 362 Abs. 1 BGB) oder als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichtet (§ 615 BGB).
Der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers kann auch dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch von der Arbeit freistellt.
(BAG – 14.03.2006 9 AZR 11/05)

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Außerordentliche Kündigung, Interessenabwägung

Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Zunächst kommt der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen beanstandungsfreiem Bestand ein besonderes Gewicht zu. Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist auch zu berücksichtigen, wenn eine Kündigung auf ein Vermögensdelikt zu Lasten des Arbeitgebers gestützt wird. Ferner können das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, das Maß der dem Arbeitgeber entstandenen Schädigung und auch die Frage in Betracht zu ziehen sein, ob dem Verhalten des Arbeitnehmers eine besondere Verwerflichkeit innewohnt. Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können – je nach Lage des Falles – Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls nicht von vornherein von der Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn sie auch im Einzelfall in den Hintergrund treten und im Extremfall sogar völlig vernachlässigt werden können. Die gegenteilige Auffassung, der zufolge bestimmte Umstände stets von der Berücksichtigung ausgeschlossen sein sollen, korrespondiert nicht ausreichend mit der gesetzlichen Vorgabe.
(BAG – 27.04.2006 2 AZR 415/05)

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Prüfung einer Kündigung auch bei vollständiger Betriebsstilllegung sinnvoll

Auch wenn ein Unternehmen einen seiner Betriebe (z.B. eine Verkaufsfiliale einer Handelskette) vollständig schließt und den Arbeitnehmern kündigt, kann es sinnvoll sein, die Kündigung rechtlich prüfen zu lassen.
Immerhin ist es durchaus möglich, dass auch in einem solchen Fall die Kündigung unter Berücksichtigung des Kündigungsschutzgesetzes unwirksam ist. Auch kann geprüft werden, ob ein besonderer Kündigungsschutz für Wehrdienstleistende, Eltern in der Elternzeit, Betriebsratsmitglieder oder schwer behinderte Menschen besteht.
Auszubildende können in der Regel wegen einer Betriebsstilllegung nicht gekündigt werden, sondern müssen in einer anderen Filiale weiter ausgebildet werden.
Unwirksam könnte die Kündigung auch wegen einer unzureichenden oder fehlerhaften Beteiligung des Betriebsrates vor Ausspruch der Kündigung sein.

Selbst wenn sich die Kündigung als wirksam erweisen sollte, bestehen möglicherweise Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung oder eines Nachteilsausgleiches nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Ein Nachteilsausgleich muss beispielsweise bezahlt werden, wenn es das Unternehmen versäumt hat im Falle einer Betriebsänderung – zu der in der Regel auch eine Betriebsschließung gehört – einen Interessenausgleich (Sozialplan) mit dem Betriebsrat zu vereinbaren.

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Kündigungserklärung durch Vertreter ohne Vertretungsmacht

Die Kündigungserklärung eines Vertreters ohne Vertretungsmacht ist unwirksam. Eine Heilung der Unwirksamkeit durch nachträgliche Genehmigung ist auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Regelungen in §§ 180 S. 2, 177 Abs. 1 BGB nicht möglich.
(LAG Köln – 16.11.2005 8 Sa 832/05)

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Keine Sperrzeit für Arbeitslosengeld nach Wechsel in befristetes Arbeitsverhältnis

Ein Arbeitnehmer, dessen befristetes Arbeitsverhältnis ausgelaufen ist, kann auch dann sofort Arbeitslosengeld erhalten, wenn er vor der Aufnahme des befristeten Arbeitsverhältnisses in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stand und dieses selbst gekündigt hat. Aufgrund der grundgesetzlich geschützten Berufswahlfreiheit kann für die Kündigung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses nämlich ein wichtiger Grund bestehen, so dass die Auszahlung des Arbeitslosengeldes nicht durch den Eintritt einer Sperrzeit verzögert werden darf. Dies entschied das Bundessozialgericht durch Urteil vom 12.07.2006 (Az.: B 11 a AL 55/05 R).

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Keine Sperrzeit für Arbeitslosengeld nach Zustimmung zu Aufhebungsvertrag

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Abfindungsvereinbarung führt nicht notwendig zu einem Sperrzeiteintritt für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes. Sofern dem Arbeitnehmer ansonsten eine rechtmäßige Arbeitgeberkündigung drohen würde, kann er sich auf einen wichtigen Grund für die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen, stellte das Bundessozialgericht durch Urteil vom 12.07.2006 klar (Az.: B 11a AL 47/05 R).

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Betriebsratanhörung

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe so zu beschreiben, dass der Betriebsrat den Sachverhalt unter Einsatz bereits vorhandenen Wissens verstehen und ohne zusätzliche eigene Nachforschungen Alternativen zur beabsichtigten Kündigung aufzeigen kann.
(LAG Hamm – 03.04.2006 13 Sa 1027/05 13 Sa 1776/05)

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Bundestag beschließt Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz

Der Deutsche Bundestag hat am 29.06.2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) beschlossen. Mit diesem Gesetz kommt die Bundesrepublik ihrer Verpflichtung nach, vier Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft zum Schutz vor Diskriminierung in nationales Recht umzusetzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) erklärte, dass das Gesetz Personen einen besseren Schutz vor Diskriminierung angedeihen lassen könne. Unnötige Bürokratie soll vermieden werden.
Zwar würde die weit überwiegende Zahl der Bürgerinnen und Bürger in der Bundesrepublik im täglichen Leben nicht diskriminiert. Gleichzeitig würden aber Diskriminierungen bestehen, die inakzeptabel seien, beispielsweise wenn Menschen ohne Arme aus einem Lokal verwiesen werden, weil sie mit den Füssen essen. Dagegen sollen sich die Betroffenen künftig mit Hilfe des Rechts wehren können. Der Staat könne Toleranz im Umgang miteinander zwar nicht verordnen, aber durch seine Rechtsordnung deutlich machen, was gesellschaftlich missbilligt wird.
Die Richtlinien betreffen verschiedene Bereiche der deutschen Rechtsordnung – der Schwerpunkt liegt im Bereich von Beschäftigung und Beruf, die Bestimmungen gelten gleichermaßen etwa für Arbeitnehmer, Auszubildende oder für den öffentlichen Dienst. Betroffen ist aber auch das Zivilrecht, insbesondere Verträge mit Lieferanten, Dienstleistern oder Vermietern. Hintergrund der europäischen Gesetzgebung ist der Gedanke, dass die Europäische Union nicht nur eine Wirtschafts-, sondern auch eine Wertegemeinschaft ist. Der Schutz vor Diskriminierung gehört zum Kernbestand der Menschenrechtspolitik. Der Bundesrat wird sich mit dem Gesetz voraussichtlich in seiner Sitzung am 07.07.2006 befassen, so dass das Gesetzgebungsverfahren noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden könnte.

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Besetzung von Ein-Euro-Jobs nicht mitbestimmungspflichtig

Die Besetzung von so genannten Ein-Euro-Jobs unterliegt nicht der Mitbestimmung des Personalrates. Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in Koblenz mit Urteil vom 17.05.2006 (Az.: 5 A 11752/05.OVG) und gab damit der Stadt Mainz Recht, die ihren Personalrat weder bei der Schaffung noch bei der Besetzung entsprechender Jobs beteiligt hatte.

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Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag ist an die Anspruchsfälligkeit zu knüpfen

Eine Klausel in einem Arbeitsvertrag, die für den Beginn der Ausschlussfrist nicht auf die Fälligkeit von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag, sondern ausschließlich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Dies entschied der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 01.03.2006 (Az.: 5 AZR 511/05)