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VonHagen Döhl

Banken haben bei Verdacht auf rechtswidrige Inanspruchnahme des Kontoguthabens die Pflicht zur Nachfrage

Eine Bank ist bei auffälligen Abhebungen von dem Girokonto ihres Kunden (hier 21.000 Euro) zu Kontrollen und Nachfragen verpflichtet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn von dem Konto zuvor nur kleinere Beträge abgehoben wurden. Kommt die Bank der Pflicht zur Nachfrage nicht nach, trifft sie am durch die Abhebung entstandenen Schaden ein Mitverschulden.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte unterhielt bei der klagenden Bank ein Girokonto. Auf dem Konto, für das auch der Lebensgefährte der Klägerin eine Kontovollmacht besaß, waren regelmäßig kleine Beträge von 1.000 oder 2.000 Euro ein- und abgegangen. Einmal war aber ein Betrag von rund 21.000 Euro von einer anderen Sparkasse auf das Konto überwiesen worden. Dieses Geld hob der Lebensgefährte der Beklagten ohne deren Wissen ab.

Als sich später herausstellte, dass die 21.000 Euro zu Unrecht auf dem Konto eingegangen waren und die Unterschrift auf dem Überweisungsauftrag gefälscht war, verlangte die überweisende Sparkasse den Betrag von der Klägerin zurück. Diese begehrte ihrerseits von der Beklagten die Erstattung des Betrages. Die hierauf gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 10.500 Euro. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 812 Abs.1 S.1, 2.Alt., §§ 818 Abs.4, 819 Abs.1 BGB. Die Beklagte ist in sonstiger Weise rechtsgrundlos bereichert. Es lag kein wirksamer Überweisungsauftrag vor, weil die Unterschrift auf dem Überweisungsträger gefälscht worden war. Die Beklagte muss sich zudem die Kenntnis ihres Lebensgefährten von der unberechtigten Überweisung gem. § 166 Abs.1 BGB zurechnen lassen. Sie kann sich nicht auf ihre eigene Unkenntnis berufen.

Allerdings trifft die Klägerin ein Mitverschulden am Schaden. Zwar trägt grundsätzlich der Vertretene, hier also die Beklagte, das Risiko eines Vollmachtsmissbrauchs. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn sich der Bank der Verdacht eines Missbrauchs der Verfügungsmacht aufdrängen musste. Vorliegend waren von dem Konto der Beklagten regelmäßig nur kleinere Beträge abgehoben worden. Als der Lebensgefährte der Beklagten die 21.000 Euro abhob, hätte die Klägerin von einer treuwidrigen Handlung ausgehen müssen. Aus diesem Grund hätte sie die Beklagte über die Abhebung informieren und bei ihr nachfragen müssen, ob die Abhebung rechtmäßig erfolgt ist. Da sie dem nicht nachgekommen ist, trifft sie ein hälftiges Mitverschulden.
(OLG Frankfurt 29.10.2003, 17 U 16/02)

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BVerfG: StPO-Vorschriften zum Abhören von Wohnungen sind verfassungswidrig

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass ein erheblicher Teil der Vorschriften der Strafprozessordnung (StPO) zur Durchführung der akustischen Überwachung von Wohnraum zu Zwecken der Strafverfolgung («Großer Lauschangriff») verfassungswidrig ist. In der geltenden Form verletzten die StPO-Vorschriften die Menschenwürde der von der Abhörmaßnahme Betroffenen. Unbeanstandet ließ die Mehrheit des erkennenden ersten Senats allerdings die im Zusammenhang mit dem Lauschangriff vorgenommene Änderung des Art. 13 Abs. 3 GG. Bis zum 30. Juni 2005 muss der Gesetzgeber die beanstandeten StPO-Vorschriften neu regeln, da sie ansonsten nichtig werden.
(Urteil vom 03.03.2004, Az.: 1 BvR 2378/98 und 1 BvR 1084/99)

VonHagen Döhl

Zum Anspruch auf Schadensersatz bei Fehlern im Vergabeverfahren

Gemeinden müssen grundsätzlich dem Anbieter mit dem preisgünstigsten Angebot den Zuschlag für einen Auftrag erteilen. Etwas anderes gilt nur, wenn das Angebot eines Konkurrenten andere, den Preisvorteil kompensierende Vorzüge aufweist. Verstößt eine Gemeinde gegen diese vergaberechtlichen Vorgaben, so haftet sie dem übergangenen Anbieter auf Schadensersatz.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein in Bremen ansässiges, international tätiges Entsorgungsunternehmen. Die Beklagte ist eine aus einer früheren Tochtergesellschaft der Stadt Hoyerswerda hervorgegangene GmbH. 1997 hatte die Beklagte eine Beseitigung der Siedlungsabfälle der Stadt Hoyerswerda für den Zeitraum 1998 bis 2008 ausgeschrieben. Die Klägerin hatte sich an der Ausschreibung beteiligt und das preislich günstigste Angebot abgegeben.

Gleichwohl erhielt nicht die Klägerin den Zuschlag, sondern ein in der Region ansässiger Zweckverband Abfallwirtschaft und eine sächsische Deponie. Die Klägerin hielt dies für unzulässig und verlangte von der Beklagten den Ersatz sämtlichen Schadens, der ihr durch die Auftragserteilung an die Mitbewerber entstanden ist. Dieser Schaden belaufe sich auf knapp zwei Millionen Euro. Ihre auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtete Klage hatte sowohl vor dem LG als auch vor dem OLG Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz. Sie hat das preisgünstigste Angebot abgegeben. Nach den vergaberechtlichen Bestimmungen hätte die Beklagte den Auftrag nur dann an einen anderen Bieter vergeben dürfen, wenn dessen Angebot andere, den Preisvorteil der Klägerin kompensierende Vorzüge aufgewiesen hätte. Dies war hier nicht der Fall.

Nach den Feststellungen der Beweisaufnahme war das Angebot der Klägerin auch in abfallwirtschaftlicher und technischer Hinsicht zumindest gleichwertig, möglicherweise sogar besser als das Angebot des erfolgreichen Zweitbieters. Ab 2005 war die Entsorgung zwar nicht restlos geklärt. Das galt aber auch für das Konzept des Zweitbieters. Ein allgemeines Vertrauen darauf, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger eine höhere Verlässlichkeit bei den Entsorgungsleistungen bietet, ist kein vergaberechtlich zulässiges Entscheidungskriterium.

(OLG Dresden 8.3.2004, 20 U 1544/03)

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Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abwasserbescheide der Stadt Hoyerswerda wegen Verstoßes gegen das Sächsische Wassergesetz

Die Stadt Hoyerswerda hat sich, nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Dresden (VG Dresden), auf Grund des mit der Versorgungsbetriebe Hoyerswerda GmbH geschlossenen Ver- und Entsorgungsvertrages vom 21.10.2002 der ihr nach dem Sächsischen Wassergesetz obliegenden Abwasserbeseitigungspflichten begeben und somit gleichzeitig ihre Abgabenhoheit eingebüsst. Das VG Dresden sah in der gewählten Vertragsgestaltung eine rechtswidrige Umgehung des Sächsischen Wassergesetzes, so dass es dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattgab und der Antragsteller bis zur endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren keine Abwasserbeiträge an die Stadt Hoyerswerda entrichten muss. Das Gericht wies in seiner Entscheidung vom 17.2.2004 aber bereits darauf hin, dass erhebliche weitere Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der erhobenen Beiträge bestehen würden, diesen jedoch nicht nachgegangen werden konnte, weil durch die Stadt Hoyerswerda nur unzureichend Unterlagen vorgelegt worden seien.

Ansprechpartner für diesbezügliche Fragen ist Herr Rechtsanwalt Holger Marscheider aus unserer Kanzlei

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Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus

Der Eigentümer eines Baums muß dafür Sorge tragen, daß dessen Wurzeln nicht in das Nachbargrundstück hinüberwachsen; verletzt er diese Pflicht, ist er hinsichtlich der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks „Störer“ im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.
Der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer kann die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen
(BGH – 26.11.2003 V ZR 99/03)

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Mandanteninformation 1/ 2004

Aufgrund von personellen Veränderungen in unserer Kanzlei veröffentlichen wir an dieser Stelle eine Mandanteninformation, die ein großer Teil unseres Mandantenstammes bereits per Post erhalten hat.

Nähere Einzelheiten erfahren Sie über den nachstehenden Link.

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Einrede der Verjährung in zweiter Instanz

Mit der erst in zweiter Instanz erhobenen Einrede der Verjährung ist der Beklagte gemä8 § 531 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen, da es sich um ein neues Angriffs- und Verteidigungsmittel handelt, das nicht nach § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 – 3 ZPO zuzulassen ist. (Leitsatz der Redaktion)
ZPO § 531
(Brandenburgisches OLG Urteil v. 15.01.2003 13 U 108/02)

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Parteianhörung über 4-Augen-Gespräch von Amts wegen (§ 448 ZPO)

Wenn eine Besprechung über eine Provisionsforderung und –zusage unter 4 Augen – nämlich zwischen dem Beklagten (als Prozesspartei) einerseits und für die andere Vertragspartei – durch einen Zeugen stattgefunden hat, handelt es sich um diejenige Konstellation, nach der der Verhandlungsführer der Klägerin uneingeschränkt als Zeuge zur Verfügung stand, während die beklagte Partei lediglich auf sich selbst verweisen kann. Dies stellt in einem Gerichtsverfahren eine Benachteiligung dar, die im Rahmend der Ermessensentscheidung nach § 448 ZPO berücksichtigt werden kann. Dabei kann offen bleiben, ob es geboten ist, in einem solchen Fall eine Anregung zur Parteivernehmung nachzukommen. Denn dem Grundsatz der Waffengleichheit kann auch dadurch genügt werden, dass die durch ihre prozessuale Stellung bei der Aufklärung des 4-Augen-Gespräches benachteiligte Partei nach § 141 ZPO persönlich angehört wird. Das Gericht ist nicht gehindert, einer solchen Parteierklärung den Vorzug vor den Bekundungen eines Zeugen zu geben (BGH, NJW 1969, 363). Damit hat der BGH die Anforderungen an die Zulässigkeit der Parteivernehmung abgesenkt, ohne auf die Notwendigkeit der Anfangswahrscheinlichkeit (des „Anscheinsbeweises“) ausdrücklich zu verzichten und hat den Anwendungsbereich und Beweiswert einer Parteianhörung erweitert.
(BGH, Beschluss v. 25.9.2003 – III ZR 384/02)

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Änderung des Basiszinssatzes gem. § 247 BGB

Die Europäsche Zentralbank (EZB) hat den für die Bestimmung der gesetzlichen Verzugszinsen maßgeblichen Leitzins zum 1.1.2004 auf 1,14 % herabgesetzt (vorher 1,22 %). Damit betragen die Verzugszinsen ab 1.1.2004 – 6,14 % und für Rechtsgeschäfte bei denen der Schuldner kein Verbraucher ist – 9,14 %.

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Beweislast für den Zugang einer Abmahnung

Wenn ein ordnungsgemäß frankiertes und adressiertes Abmahnschreiben zur Post gegeben wird, so kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass dieses Schreiben dem Empfänger zugeht. Dem Abgemahnten (Empfänger des Schreibens) obliegt die Beweislast dafür, dass ihm ein ordnungsgemäß abgesandtes Abmahnschreiben nicht zugegangen ist.
(OLG Karlsruhe, Urteil v. 11.6.2003 – 6 U 210/02)