Zum Anspruch auf Schadensersatz bei Fehlern im Vergabeverfahren

VonHagen Döhl

Zum Anspruch auf Schadensersatz bei Fehlern im Vergabeverfahren

Gemeinden müssen grundsätzlich dem Anbieter mit dem preisgünstigsten Angebot den Zuschlag für einen Auftrag erteilen. Etwas anderes gilt nur, wenn das Angebot eines Konkurrenten andere, den Preisvorteil kompensierende Vorzüge aufweist. Verstößt eine Gemeinde gegen diese vergaberechtlichen Vorgaben, so haftet sie dem übergangenen Anbieter auf Schadensersatz.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist ein in Bremen ansässiges, international tätiges Entsorgungsunternehmen. Die Beklagte ist eine aus einer früheren Tochtergesellschaft der Stadt Hoyerswerda hervorgegangene GmbH. 1997 hatte die Beklagte eine Beseitigung der Siedlungsabfälle der Stadt Hoyerswerda für den Zeitraum 1998 bis 2008 ausgeschrieben. Die Klägerin hatte sich an der Ausschreibung beteiligt und das preislich günstigste Angebot abgegeben.

Gleichwohl erhielt nicht die Klägerin den Zuschlag, sondern ein in der Region ansässiger Zweckverband Abfallwirtschaft und eine sächsische Deponie. Die Klägerin hielt dies für unzulässig und verlangte von der Beklagten den Ersatz sämtlichen Schadens, der ihr durch die Auftragserteilung an die Mitbewerber entstanden ist. Dieser Schaden belaufe sich auf knapp zwei Millionen Euro. Ihre auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtete Klage hatte sowohl vor dem LG als auch vor dem OLG Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz. Sie hat das preisgünstigste Angebot abgegeben. Nach den vergaberechtlichen Bestimmungen hätte die Beklagte den Auftrag nur dann an einen anderen Bieter vergeben dürfen, wenn dessen Angebot andere, den Preisvorteil der Klägerin kompensierende Vorzüge aufgewiesen hätte. Dies war hier nicht der Fall.

Nach den Feststellungen der Beweisaufnahme war das Angebot der Klägerin auch in abfallwirtschaftlicher und technischer Hinsicht zumindest gleichwertig, möglicherweise sogar besser als das Angebot des erfolgreichen Zweitbieters. Ab 2005 war die Entsorgung zwar nicht restlos geklärt. Das galt aber auch für das Konzept des Zweitbieters. Ein allgemeines Vertrauen darauf, dass ein öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger eine höhere Verlässlichkeit bei den Entsorgungsleistungen bietet, ist kein vergaberechtlich zulässiges Entscheidungskriterium.

(OLG Dresden 8.3.2004, 20 U 1544/03)

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