Kategorien-Archiv Verkehrsrecht

VonHagen Döhl

Verjährungsunterbrechung: Gescheiterte Zustellung des Bußgeldbescheides

Auch wenn der Betroffene eine wesentliche Ursache für das Scheitern einer wirksamen Zustellung des Bußgeldbescheides dadurch gesetzt hat, dass er anlässlich seiner Anhörung durch die Verfolgungsbehörde als Wohnort eine Firmenanschrift angegeben hat, setzt eine wirksame Ersatzzustellung des Bußgeldbescheides in der Wohnung des Betroffenen voraus, dass er unter der Zustellanschrift tatsächlich seine Wohnung unterhält. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Zustelladressaten ist nur unter den in § 179 ZPO normierten Voraussetzungen (Annahmeverweigerung) von Bedeutung. Die an den Erlass des Bußgeldbescheides gekoppelte Verlängerung der Verjährungsfrist wird nur wirksam, wenn er binnen 2 Wochen wirksam zugestellt wird (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG). Erweist sich die Zustellung als unwirksam, wird mit dem Erlass des Bußgeldbescheides auch dann keine Verlängerung der Verjährungsfrist auf 6 Monate bewirkt, wenn nach dem Erlass andere verjährungsunterbrechende Maßnahmen wirksam getroffen werden. Im Fall der nur „verspäteten“ aber wirksamen Zustellung, wäre der Zeitpunkt der späteren wirksamen Zustellung selbst dann nur für den Beginn der 6-monatigen Verjährungsfrist maßgeblich, wenn zwischen dem Erlass und der Zustellung andere verjährungsunterbrechende Maßnahmen getroffen werden (BGH ST 45 261/263 ff.). Die bloße Terminsaufhebung genügt nicht den Anforderungen des Unterbrechungstatbestandes des § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG.
(OLG Bamberg, Beschluss v. 12.12.2005 – 3 Ss OWi 1354/05)

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Dichtes Auffahren nicht immer Nötigung

Kurzzeitiges dichtes Auffahren – auch unter Betätigung der Lichthupe – erfüllt den Nötigungstatbestand regelmäßig noch nicht, ebenso wenig wie kurzes Bedrängen des aufschließenden in offensichtlicher Überholabsicht bei Zurücklegung einer Strecke von nur wenigen 100 m. Außerdem ist eine Nötigungshandlung im Straßenverkehr erst dann verwerflich, wenn sich das Handeln massiv und ohne vernünftigen Grund darstellt, etwa bei Schikane, Mutwillen, Erziehungsabsicht oder beharrlicher Reglementierung aus Ärger und eigensüchtigen Motiven.
Hat das Gericht über das Vorliegen einer Nötigung zu entscheiden, ist für die Prüfung der Verwerflichkeit der Nötigungshandlung durch willensbeugende Gewalt die nachprüfbare Darstellung der Intensität der Nötigungshandlung im Urteil notwendig.
(OLG Hamm, Beschluss v. 18.8.2005 – 3 Ss 304/05)

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Wildschaden: Kaskoversicherer muss bei glaubhafter Schilderung des Unfallhergangs zahlen

Wird ein versichertes Fahrzeug beim Ausweichen vor einem Wildtier beschädigt, muss die Kaskoversicherung hierfür grundsätzlich einstehen. Allerdings muss der Versicherte beweisen, dass der Schaden an seinem Fahrzeug gerade deshalb entstanden ist, weil ihm ein Wildtier vor das Kfz gelaufen ist und er ausweichen musste. Das Landgericht Coburg hat nun entschieden, dass der Eintritt des Versicherungsfalls im Einzelfall auch allein auf die glaubhafte Schilderung des Versicherungsnehmers gestützt werden kann, wenn keine weiteren Zeugen anwesend waren (Beschlüsse vom 03.02.2006 und 22.02.2006, rechtskräftig).

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Fahrschulfahrzeug mit alkoholisiertem Fahrlehrer

Ein alkoholisierter Fahrlehrer, der sich während einer Fahrschulfahrt auf eine Bestimmung des Fahrtweges und eine mündliche Korrektur der Fahrweise beschränkt, führt das Fahrzeug nicht im Sinne des § 316 Abs. 1 SGB. Er begeht auch keine Ordnungswidrigkeit gem. § 24a Abs. 1 StVG.
(OLG Dresden, Beschluss vom 19.12.2005 – 3 Ss 588/05)

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OLG Köln: Kein «Reißverschlussverfahren» beim Einfädeln auf die Autobahn

Auch bei zähfließendem Verkehr gilt für das Einfädeln vom Beschleunigungsstreifen auf eine Autobahn das «Reißverschlussverfahren» nicht. Vielmehr hat der Verkehr auf den durchgehenden Fahrspuren Vorrang. Das entschied das Oberlandesgericht Köln in einem am 07.02.2006 veröffentlichten Urteil. Laut Gericht spricht bei einem Unfall zwischen einem vom Beschleunigungsstreifen auf die Autobahn einfädelnden Verkehrsteilnehmer und einem Fahrzeug auf der rechten Fahrspur der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Einfädelnden (Urteil vom 24.10.2005, Az.: 16 U 24/05)

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Hartnäckige Parkverstöße können Führerschein kosten

Wer wiederholt und uneinsichtig gegen Parkvorschriften verstößt muss mit der Entziehung der Fahrerlaubnis rechnen. Das entschied der 16. Senat des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen und lehnte einen Antrag auf die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes ab, den ein Mann aus Detmold gegen die gegen ihn verfügte Entziehung der Fahrerlaubnis beantragt hatte. Der Mann hatte unter anderem 27 Mal gegen Parkvorschriften verstoßen (OVG Münster Beschluss vom 18.01.2006, Az.: 16 B 2137/05).

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OLG Dresden: Kein Fahrverbot bei Augenblicksversagen

Auch wenn ein Autofahrer innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 31 km/h überschreitet, kann das Gericht von der Verhängung des eigentlich fälligen Regelfahrverbotes absehen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein so genanntes Augenblicksversagen vorliegt, das nicht auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit beruht.
Der betroffene Autofahrer fuhr auf einer gut ausgebauten vierspurigen Straße. Dabei übersah er das die Geschwindigkeit begrenzende Ortseingangsschild. Da er ortsfremd war und auf Grund der örtlichen Bebauung den Eindruck hatte, er befände sich weiterhin außerorts, hielt er die Geschwindigkeit von 80 km/h ein, die zuvor auf der Straße gegolten hatte.
Das Gericht nahm dem Autofahrer diese Erklärung ab und hielt sein Verhalten für ein Augenblicksversagen. Eine grobe Pflichtverletzung und eine besondere Verantwortungslosigkeit, die zu einem Fahrverbot geführt hätten, liege deshalb nicht vor. Vielmehr habe er das Ortseingangsschild allein infolge einer momentanen Unachtsamkeit übersehen. Der Autofahrer durfte daher seinen Führerschein behalten.
(Beschluss des OLG Dresden vom 01.11.2005 (Az.: Ss–Owi-353/05)

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Haftpflichtversicherer muss Anwaltskosten für Unfallschadenregulierung zahlen

Ein Geschädigter kann Ersatz seiner gesamten durch die Verkehrsunfallabwicklung mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers an seinen Rechtsanwalt gezahlten Anwaltskosten (hier: 1,9 Geschäftsgebühr) ersetzt verlangen.
Ihm ist nicht zumutbar, mit seinem Rechtsanwalt über die Gebührenhöhe zu streiten.
(AG Wiesbaden, Urteil v. 18.8.2005 – 91 C 6596/04-30)

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Geschwindigkeitsüberscheitung: Verurteilung auf Grund eines Geständnisses

Eine Verurteilung wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gem. § 3 StVO kann grundsätzlich auf ein Geständnis des Betroffenen gestützt werden. Erforderlich ist allerdings ein uneingeschränktes und glaubhaftes Geständnis, wobei in den Urteilsgründen nicht nur die Einlassung des Betroffenen mitzuteilen ist, sondern auch Ausführungen dazu erforderlich sind, aus welchen Gründen der Amtsrichter von der Richtigkeit der Einlassung des Betroffenen überzeugt ist.
(OLG Hamm, Beschluss vom 18.8.2005 – 3 Ss Owi 417/05)

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Gebrauchtwagenkäufer muss bei Reparatur ausgetauschtes Teil für Gewährleistungsansprüche aufbewahren

Wer einen Gebrauchtwagen kauft und bei diesem später ein Bauteil wegen eines Defekts austauschen lässt, muss für die Aufbewahrung des Teils sorgen. Andernfalls liegt eine fahrlässige Beweisvereitelung vor, die sich im Prozess zu Ungunsten des Käufers auswirkt. Dies hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 23.11.2005 entschieden. Die Richter wiesen damit wie schon die Vorinstanzen die Klage eines Käufers auf Rückabwicklung eines Gebrauchtwarenkaufs ab.
(BGH Az.: VIII ZR 43/05)