Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Abmahnung und Kündigung

Zahlreiche Abmahnungen wegen gleichartiger Abmahnungen, denen keine weiteren Kosequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnung abschwächen. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, um dem Arbeitnehmer klar zu machen, dass weitere derartige Pflichtverletzungen nunmehr den Ausspruch einer Kündigung nach sich ziehen werden.
(BAG Urteil v. 15.11.2001 – 2 AZR 609/00)

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Kündigungsschutzprozess und Ausschlussfrist

In der Erhebung der Kündigungsschutzklage liegt regelmäßig die schriftliche Geltendmachung der vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreites abhängigen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Verzugslohn.
Lehnt der Arbeitgeber die Erfüllung der vom Arbeitnehmer form- und fristgerecht geltend gemachten Ansprüche schriftlich ab, so beginnt bei einer zweistufigen tariflichen Verfallklausel (hier gem. Manteltarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Baden-Württemberg) der Lauf der einzuhaltenden Klagefrist nicht bereits mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzrechtsstreit. Der Lauf der vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Klagefrist setzt voraus, dass der Arbeitgeber nicht nur den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses leugnet, sondern auch in einer schriftlichen Erklärung, für den Arbeitnehmer erkennbar, die Ablehnung der vom Arbeitnehmer geltend gemachten Ansprüche auf Verzugslohn zum Ausdruck gebracht hat.
(Bundesarbeitsgericht Urteil vom 11.12.2001 – 9 AZR 510/00 = NZA 2002, 816)

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Mobbing

Für Schäden, die dadurch entstehen, daß ein Polizeibeamter im Rahmen der gemeinsamen Dienstausübung durch seinen Vorgesetzten (Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BayBG) systematisch und fortgesetzt schikaniert und beleidigt wird (Mobbing), haftet der Dienstherr des Schädigers nach Amtshaftungsgrundsätzen.
(BGH Urteil vom 1.8.2002 – IIIZR277/01)

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Zum Lohnfortzahlungsanspruch bei Zeugenaussagen vor Gericht

Wenn in einem Tarifvertrag (z.B. § 33 Abs. 2 MTArb) geregelt ist, dass ein

Arbeiter Lohnfortzahlung wegen persönlicher Arbeitsverhinderung bei

Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht

erhält, hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Muss ein Arbeiter vor Gericht als Zeuge erscheinen, handelt es sich um die

Erfüllung einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht nach deutschem Recht

iSd. Tarifbestimmung.

(BAG Urteil vom 13.12.2001 – 6 AZR 30/01)

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Abgeltungsklausel im Aufhebungsvertrag

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes Hamm ist die Klausel in einem Aufhebungsvertrag, nach der alle gegenseitigen Ansprüche ausgeglichen sind (Abgeltungsklausel) logisch auszulegen. Sie erfasse demnach nicht solche Beträge, die nur noch nicht abgerechnet wurden, über die aber kein Streit besteht, weil nicht anzunehmen ist, dass jemand auf unstrittige, noch fällige Forderungen verzichtet.
(LAG Hamm, 16 Sa 1152/00)

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Arbeitszeitkonto und Insolvenzgeld

Hat ein Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über seinen Arbeitgeber noch rund 50 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben, so kann er nicht verlangen, dass der Lohnanspruch bei der Berechnung des Insolvenzgeldes berücksichtigt wird. Entscheidend ist nämlich wann der Lohnanspruch erarbeitet wurde, nicht wann er fällig geworden ist.
(Landesozialgericht Rheinland-Pfalz, L 1 AL 156/00)

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Arbeitsverbot für schwangere Arbeitnehmerinnen

Wenn eine schwangere Arbeitnehmerin nicht mehr beschäftigt werden kann und ein ärztliches Attes vorlegt, hat der Arbeitgeber einen Anspruch darauf vom Arzt zu erfahren, aus welchen Gründen dieses Arbeitsverbot ausgesprochen worden ist. Der Arbeitgeber muss nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes erfahren können, von welchen Arbeitsbedingungen der Arzt ausgegangen ist.
(BAG, 5 AZR 753/00)

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Private Internetnutzung am Arbeitsplatz

Ein Arbeitnehmer soll davon ausgehen können, dass er zur privaten Nutzung betrieblicher elektronischer Kommunikationsanlagen berechtigt ist, solange diese nicht größere Teile der Arbeitszeit in Anspruch nimmt und keine spürbare Kostenbelastung für Arbeitgeber auslöst. Einer auf die Privatnutzung derartiger Anlagen gestützte verhaltensbedingte Kündigung soll erst in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber vorher den Arbeitnehmer einschlägig oder zumindest ein ausdrückliches ausgesprochen hat. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgeber sei ein Arbeitnehmer jedoch nicht befugt, über einen betrieblichen Internetzugang im Internet zu surfen und dabei Webseiten mit pornographischen Inhalten aufzusuchen und herunterzuladen. Sofern es sich dabei nicht nur Einzelfall, sondern um ein Ausschweifen des systematischen Vorgehen über einen längeren Zeitraum handelt, soll dies auch ohne einschlägige Abmahnung eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (Arbeitsgericht Frankfurt/M Urteil vom 02.01.2002-2 Ca 5340/01).

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Außerordentliche Kündigung: außerdienstliches Verhalten

Eine Steuerhinterziehung in erheblicher Höhe ist bei einem Angestellten einer Finanzbehörde als wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung an sich auch dann geeignet, wenn der Angestellte die Hinterziehung gem. § 371 AO selbst angezeigt hat.
Die Rechtfertigung einer Kündigung durch außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers setzt generell eine konkrete Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses voraus (BAG 20.9.1984 – 2 AZR 233/83 – BAG 24.9.1987 – 2 AZR 26/87). Bei Angestellten des öffentlichen Dienstes kann die dienstliche Verwendbarkeit durch außerdienstliche Vorgänge beeinflusst werden, da die Öffentlichkeit das Verhalten eines öffentlichen Bediensteten an einem strengeren Maßstab misst als dasjenige privat Beschäftigter. Deshalb erfast § 8 Abs. 1 BAT, wonach sich der Angestellte so zu verhalten hat, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird, auch das außerdienstliche Verhalten des Angestellten (BAG 14.2.1996 – 2 AZR 274/95 – BAG 20.11.1997 – 2 AZR 643/96 – BAG 8.6.2000 – 2 AZR 638/99). Er muss sich auch außerdienstlich so verhalten, dass das Ansehen des öffentlichen Arbeitgebers nicht beeinträchtigt wird. Der Angestellte des öffentlichen Dienstes hat zwar das Recht, sein Privatleben so zu gestalten, wie es ihm beliebt. Er hat jedoch außerhalb des Dienstes die Rechtsordnung zu wahren. Außerdienstlich begangene Straftaten sind jedenfalls dann zur Rechtfertigung einer Kündigung heranzuziehen, wenn sie ein gewisses Gewicht haben (BAG 8.6.2000 – 2 AZR 638/99). Die Reaktionsbefugnis des öffentlichen Arbeitgebers auf außerdienstliche Straftaten ist dabei nicht auf solche Verhaltensweisen des Angestellten beschränkt, die ihrer Art nach geeignet sind, das Vertrauen des Arbeitgebers in die korrekte Arbeitsleistung zu erschüttern. Die Tauglichkeit von Angestellten im öffentlichen Dienst zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung kann nicht nur durch Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien selbst beeinträchtigt werden. Vielmehr kommt es, da sie als Repräsentaten des Staates gegenüber der Öffentlichkeit auftreten – abhängig von der konkreten Dienstfunktion – auch auf ihr Ansehen in der Öffentlichkeit an (BAG 20.11.1997 – 2 AZR 643/96 – BAG 8.6.2000 – 2 AZR 638/99).
(BAG 21.6.2001 – 2 AZR 325/00)

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Heimliche Filmaufnahmen unzulässig

Heimlich aufgezeichnete Videos von Mitarbeitern dürfen nicht für eine Kündigung genutzt werden; dies gilt selbst dann, wenn darauf ein Diebstahl festgestellt worden ist. Das LAG Hamm hat aus diesem Grund der Kündigungsschutzklage einer Kassiererin stattgegeben. Diese war entlassen worden, weil das in Absprache mit dem Betriebsrat heimlich aufgenommene Video zeigte, wie sie Geld aus der Kasse nahm. Gegen die Verwertung hatte sie sich im Rahmen der Kündigungsschutzklage gewandt. Heimliche Filmaufzeichnungen während der Arbeitszeit verletzen nach Ansicht des LAG Hamm das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Arbeitnehmers. Derartige Eingriffe könnten auch nicht etwa mit Zustimmung des Betriebsrates legitimiert werden, vielmehr müssten die Betroffenen damit einverstanden sein.

(LAG Hamm – 11 Sa 1524/00)