Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

LArbG Düsseldorf: Wal-Mart-Ethikrichtlinie ist verfassungswidrig

Mit einer Richtlinie zum Liebesleben seiner Mitarbeiter ist der Handelskonzern Wal-Mart am 14.11.2005 auch vor dem Düsseldorfer Landesarbeitsgericht gescheitert (Az.: 10 TaBV 46/05). Der entsprechende Passus in einer Ethik-Richtlinie des Unternehmens verstoße gegen das Grundgesetz, erklärte der Vorsitzende Richter Lothar Beseler. Weitere Klauseln, die die Annahme von Geschenken, «unangemessenes Verhalten» und die Einrichtung einer Hotline zur Meldung von Verstößen betreffen, müssen nach der Entscheidung der Richter mit dem Gesamtbetriebsrat abgestimmt werden.

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Knüpfung einer Abfindung an Kündigungsverzicht

Zahlt der Arbeitgeber nach einem einseitig aufgestellten Leistungsplan freiwillig Abfindungen an Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis er betriebsbedingt gekündigt hat, so ist er einem Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden. Dieser Grundsatz ist nicht verletzt, wenn er solche Arbeitnehmer von der Abfindung ausnimmt, die gegen die Kündigung gerichtliche Schritte einleiten. Das Interesse des Arbeitgebers an Planungssicherheit und Vermeidung des mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung verbundenen Aufwands ist ein sachlicher Grund zur unterschiedlichen Behandlung. Diese unterschiedliche Behandlung verstößt auch nicht gegen das Maßregelungsverbots des § 612a BGB.
(BAG, Urteil v. 15.2.2005 – 9 AZR 116/04)

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Bundesrat befürwortet Überarbeitung der Reform des Beamtenrechts

Der Bundesrat begrüßte in seiner Sitzung vom 14.10.2005 die von der Bundesregierung vorgesehene Stärkung des Leistungsgedankens im Beamtenrecht. In seiner Stellungnahme zu dem das Beamtenrecht reformierenden Strukturreformgesetz wies er jedoch gleichzeitig darauf hin, dass dieser Entwurf der Überarbeitung bedürfe und Ergebnisse der Föderalismusdiskussion berücksichtigen solle.

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Arbeitszeugnisse müssen durch ranghöhere Vorgesetzte unterzeichnet werden

Das Bundesarbeitsgericht hat der Klage eines wissenschaftlichen Mitarbeiters auf Unterzeichnung seines Arbeitszeugnisses durch einen ranghöheren Vorgesetzten stattgegeben. Das Zeugnis des Klägers, der auf Grund mehrerer befristeter Arbeitsverträge insgesamt sechseinhalb Jahre für eine Forschungsanstalt wissenschaftlich tätig war, trug ausschließlich die Unterschrift der Leiterin des Verwaltungsreferats. Fachliche Beurteilungen müssen aber mindestens von ranghöheren Vorgesetzten unterzeichnet werden, so das BAG (urteil vom 04.10.2005, Az.: 9 AZR 507/04).

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BAG spricht Schwerbehindertem Schadensersatz statt Annahmeverzugslohn zu

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber Annahmeverzugslohn zu zahlen, wenn er die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung nicht annimmt. Das gilt auch dann, wenn den Arbeitgeber an der Nichtbeschäftigung kein Verschulden trifft. Kein Annahmeverzug wird jedoch begründet, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die an dem zugewiesenen Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten auszuführen. Gegenüber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer kann sich dann aber ein Schadensersatzanspruch auf die entgangene Vergütung ergeben, wenn der Arbeitgeber es entgegen seiner sich aus dem Schwerbehindertenrecht ergebenden Verpflichtung unterlassen hat, den Arbeitsplatz behinderungsgerecht auszugestalten. Dies geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 04.10.2005 hervor (Az.: 9 AZR 632/04).

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Kurze Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag verstößt gegen Treu und Glauben

Ein Fleischermeister hat erfolgreich in letzter Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) die Vergütung für Überstunden erstritten. Insgesamt hatte er Arbeitsstunden im Juli und August 2003 über die gesetzliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich hinaus erbracht. Die Überstunden sollten nach dem zugrunde liegenden Formulararbeitsvertrag durch das gezahlte Bruttogehalt von 2.100 Euro abgegolten sein. Der Vertrag bestimmte außerdem, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf von zwei Monaten ab Fälligkeit verfallen, sofern sie nicht innerhalb dieser Frist schriftlich geltend gemacht worden sind.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mangels einer rechtzeitigen schriftlichen Geltendmachung der Ansprüche abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 754,31 Euro brutto verurteilt. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Die Abgeltungsvereinbarung betrifft nach ihrem Sinn und Zweck nur die gesetzlich zulässigen Überstunden, urteilten die Richter. Darüber hinausgehende Arbeit hatten die Parteien überhaupt nicht berücksichtigt. Hierfür kann der Kläger trotz des gesetzlichen Verbots der Arbeit eine anteilige Vergütung verlangen.

Der Arbeitsvertrag der Parteien unterliegt der gesetzlichen Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach den §§ 305 ff. BGB. Die einzelvertragliche Ausschlussfrist von zwei Monaten benachteiligt den Kläger unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 BGB). Sie ist mit wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Verjährungsrechts nicht vereinbar und schränkt wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Arbeitsverhältnisses ergeben, so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird. Nach Auffassung des Senats ist eine Frist von weniger als drei Monaten für die erstmalige Geltendmachung auch unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten unangemessen kurz. Sie ist unwirksam mit der Folge ihres ersatzlosen Wegfalls bei Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrags im Übrigen. Weitergehende Ansprüche hatte der Fleischermeister nicht geltend gemacht. Deshalb musste das Gericht nicht entscheiden, ob Überstunden bis zur Grenze der gesetzlich zulässigen Arbeitszeit durch die Zahlung eines Monatsgehalts wirksam abgegolten werden können.
(Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 52/05)

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BAG: Gespräche des Insolvenzverwalters über Betriebsübernahme vor Kündigung widerlegen Betriebsstilllegungsabsicht

Eine betriebsbedingte Kündigung durch den Insolvenzverwalter wegen einer beabsichtigten Betriebsstilllegung ist unwirksam, wenn kurz vor der Kündigungserklärung ein Übernahmeangebot eines Interessenten vorliegt, das wenige Tage später zu konkreten Verhandlungen mit einer teilweisen Betriebsübernahme führt. In diesem Fall sei die Absicht zur Betriebsstilllegung widerlegt, entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.
(Urteil vom 29.09.2005, Az.: 8 AZR 647/04)

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Arbeitslos: Meldepflicht versäumt – Kein Schadensersatz vom Arbeitgeber

Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, müssen sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts arbeitssuchend melden. Wer diese Pflicht verletzt, erhält weniger Arbeitslosengeld (§ 140 SGB III). Arbeitgeber sollen deshalb die Arbeitnehmer vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses frühzeitig über diese Verpflichtung zu unverzüglicher Meldung informieren. Verletzt der Arbeitgeber seine Hinweispflicht führt dies nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Diese Informationspflicht bezweckt eine Verbesserung des Zusammenwirkens von Arbeitgeber, Arbeitnehmer und den Agenturen für Arbeit und dient nicht dem Schutz des Vermögens des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber wird zur Mitwirkung veranlasst, um im Sinne der Solidargemeinschaft den Eintritt der Arbeitslosigkeit möglichst zu vermeiden und die Dauer eingetretener Arbeitslosigkeit einzugrenzen.

Der Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage mehrerer befristeter Arbeitsverträge als Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beklagte erteilte dem Kläger keinen Hinweis darauf, dass er sich im Hinblick auf das Ende der Beschäftigung bei der Agentur für Arbeit unverzüglich arbeitssuchend zu melden habe. Der Kläger, der nach Ablauf des letzten befristeten Arbeitsvertrags mit der Beklagten mehrere Monate arbeitslos war, meldete sich verspätet als arbeitssuchend. Die Agentur für Arbeit kürzte daraufhin seinen Arbeitslosengeldanspruch. Der Kläger verlangt mit der Klage von seinem Arbeitgeber Schadensersatz in Höhe des Differenzbetrages. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb ohne Erfolg.

Bundesarbeitsgericht, 8 AZR 571/04

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Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage

Der Arbeitnehmer muss sich im Rahmen des § 5 Abs. 1 KSchG nicht in entsprechender Anwendung von § 85 Abs. 2 ZPO das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen. Dies gilt auch für Verschulden einer Einzelgewerkschaft bei Prozessvollmacht für die DGB-Rechtsschutz GmbH oder Verschulden der DGB-Rechtsschutz GmbH selbst.

Auch für die Frage der Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 5 Abs. 3 S. 1 KSchG findet keine Zurechnung von Vertreterverschulden statt.
(LAG Hamburg – ArbG Hamburg 18.5.2005 4 Ta 27/04)

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Unkündbarkeitsklausel in Betriebsvereinbarung wird bei Insolvenz des Unternehmens verdrängt

§ 113 Insolvenzordnung, wonach der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht auf einen vereinbarten Ausschluss des Rechts auf ordentliche Kündigung mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen kann, verdrängt Unkündbarkeitsklauseln in Betriebsvereinbarungen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht entschieden und aufgrund dessen eine Kündigungsschutzklage einer entlassenen Arbeitnehmerin abgewiesen.
(BAG Urteil vom 22.09.2005, Az.: 6 AZR 526/04)