Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Sachgrundlose Befristungen von Arbeitnehmern ab 52 Jahren unwirksam

Durch Gesetz vom 23.12.2002 ist die Altersgrenze für die sachgrundlose Befristung von älteren Arbeitnehmern bis zum 31.12.2006 auf 52 Jahre abgesenkt worden. Allerdings dürfen deutsche Gerichte diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht anwenden, der in der Befristungsmöglichkeit eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Diskriminierung wegen des Alters sieht. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht anders als die Vorinstanzen (LAG Schleswig-Holstein, NZA-RR 2005, 40) entschieden, dass in Folge dieser Rechtsprechung allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützte sachgrundlose Befristungen unwirksam sind (Urteil vom 26.04.2006, Az.: 7 AZR 500/04).

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Änderungskündigung

Für eine Änderungskündigung nach § 2 KSchG müssen hinsichtlich ihrer sozialen Rechtfertigung die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen. Dabei ist auch bei einer Ablehnung des Änderungsangebotes durch den Arbeitnehmer – wie vorliegend – nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern auf das Änderungsangebot und seine soziale Rechtfertigung abzustellen. Bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gem. § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen.
Soweit neben einer Änderung der Tätigkeit auch eine Änderung der Vergütung angestrebt wird, muss die Vergütungsänderung für sich gerechtfertigt sein, es sei denn, die Höhe der Vergütung ergibt sich ohne weiteres aus einem Vergütungssystem. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Gehaltsreduzierung nur ausnahmsweise in Betracht kommen kann.
Sollen für eine solche wirtschaftliche Gründe geltend gemacht werden, so sind die Finanzlage des Betriebes und die Auswirkungen der beabsichtigten Kostensenkung detailliert darzustellen und insbesondere darzulegen, warum andere Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Besteht ein anerkennenswerter Anlass zur Änderungskündigung so ist zu prüfen, ob sich der Arbeitgeber darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.
(LAG Baden-Württemberg – 7.10.2004 19 Sa 25/04)

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Mutterschutzzeiten sind bei Anwartschaftszeit in gesetzlicher Arbeitslosenversicherung zu berücksichtigen

Nach dem vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2002 geltenden Recht wurden Zeiten, in denen Frauen wegen mutterschutzrechtlicher Beschäftigungsverbote ihre versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrachen, bei der Berechnung der Anwartschaftszeit in der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung nicht berücksichtigt. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschied nun anlässlich einer Vorlage durch das Bundessozialgericht, dass dies nicht mit dem sich aus Art. 6 Abs. 4 GG ergebenden Schutz- und Fürsorgeanspruch der Mutter vereinbar ist. Dem Gesetzgeber gab Karlsruhe auf, bis zum 31.03.2007 für den betroffenen Zeitraum eine verfassungsgemäße Regelung zu treffen (Beschluss vom 28.03.2006, Az.: 1 BvL 10/01).

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Vielflieger dürfen beruflich veranlasste Bonuspunkte nicht privat nutzen

Wer dienstlich viel fliegen muss, darf die auf den Geschäftsflügen gesammelten Bonuspunkte nicht privat nutzen. Das Bundesarbeitsgericht stellte mit Urteil vom 11.04.2006 klar, dass Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern untersagen dürfen, Bonuspunkte zu privaten Zwecken zu sammeln. Denn den Arbeitgebern gebührten als «Auftraggebern» die gesamten Vorteile aus dem Geschäft (Az.: 9 AZR 500/05).

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ArbG Berlin: Gekündigter Arbeitnehmer darf nicht von elektronischer Kommunikation ausgeschlossen werden

Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer auch dann, wenn er diesem bereits gekündigt hat, vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht vom firmeneigenen Intranet und Internetzugang abschneiden. Das Berliner Arbeitsgericht hat entschieden, dass eine entsprechende «Abkoppelung» den gekündigten Arbeitnehmer diskriminiere.
Als Grund für den Ausschluss des Arbeitnehmers von der elektronischen Kommunikation hatte der Arbeitgeber die Befürchtung angeführt, der Arbeitnehmer könne Geschäftsgeheimnisse an Konkurrenten ausplaudern. Dieser sei ohnehin dabei, sich eine neue Position bei Unternehmen zu suchen, die möglicherweise Mitbewerber seien.
Das ArbG entschied, der gekündigte Mitarbeiter sei wieder in die Kommunikation des Unternehmens einzubinden. Die Mail-Accounts seien ebenfalls wieder einzurichten. Die Abkoppelung von Intranet und Internet werteten die Richter als Diskriminierung. Der Zugang zum Intranet des Arbeitgebers und der freie Zugang zum Internet seien Bestandteil grundlegender Arbeitsbedingungen an einem «zeitgemäßen» Arbeitsplatz. Die Nutzung von Intranet und Internet sei mit dem Telefon zu vergleichen, bei dem «ja auch niemand ernsthaft auf die Idee käme, selbst gekündigten Arbeitnehmern die Leitung zu sperren».
An die Adresse des beklagten Arbeitgebers formulierte das Gericht den Hinweis, er habe es sich selbst zuzuschreiben, wenn durch die Präsenz des Arbeitnehmers ein Risiko entstünde. Schließlich habe er die Möglichkeit, den Arbeitnehmer für die Restdauer der Beschäftigung freizustellen.

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Vorsorgliche Kündigungen sind problematisch

Wenn Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern kündigen, weil noch nicht feststeht, ob ein bisheriger Großauftrag dem Unternehmen auch in der Zukunft erteilt oder verlängert wird, sind solche Kündigungen in der Regel unwirksam.
Voraussetzung für die Wirksamkeit einer arbeitsrechtlichen Beendigungskündigung ist nämlich, dass eine solche Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Betriebsbedingte Gründe können zwar die Kündigung von Arbeitsverhältnissen rechtfertigen – dies aber nur dann, wenn der vom Arbeitgeber nachzuweisende Kündigungsgrund zum dauerhaften Wegfall des/der Arbeitsplätze führt.

Zu prüfen ist dies bezogen auf den Zeitpunkt, zu dem der Arbeitnehmer die Kündigung erhält. Steht zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht fest, ob ein bestimmter Großauftrag verlängert oder auch in der Zukunft erteilt wird, sondern ist dies noch von Vergabeentscheidungen Dritter abhängig, über die erst später entschieden wird, kann der Arbeitgeber also nicht nachweisen, dass zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein auf Dauer angelegter Wegfall des Arbeitsplatzes der Arbeitnehmer bereits feststand.

Die Kündigung ist dann zum Zeitpunkt ihres Zugangs beim Arbeitnehmer sozial nicht gerechtfertigt.

Um dies wirksam feststellen zu lassen, muss der Arbeitnehmer innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben haben.

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Aufhebungsvertrag bei einem geplanten Betriebsübergang

Die Arbeitsvertragsparteien können das Arbeitsverhältnis im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang wirksam durch Aufhebungsvertrag auflösen, wenn die Vereinbarung auf das endgültige Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb gerichtet ist. Dies gilt auch dann, wenn eine Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft zwischengeschaltet
ist.
Ein Aufhebungsvertrag ist jedoch wegen gesetzwidriger Umgehung der Rechtsfolgen des § 613a BGB unwirksam, wenn zugleich ein neues Arbeitsverhältnis zum Betriebsübernehmer vereinbart oder zumindest verbindlich in Aussicht gestellt wird.
Wird ein Arbeitnehmer von einer Auffanggesellschaft nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags zu verschlechterten Arbeitsbedingungen eingestellt, liegt hierin noch keine Umgehung des § 613a BGB, wenn die Änderung der Arbeitsbedingungen sachlich gerechtfertigt ist.
(BAG – 18.08.2005 8 AZR 523/04)

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BAG: Pauschale Lohnsteuer bei geringfügiger Beschäftigung ist vom Arbeitslohn einzubehalten

Der Arbeitnehmer hat die anfallende Lohnsteuer im Verhältnis zum Arbeitgeber zu tragen, wenn im Arbeitsvertrag eine Bruttovergütung vereinbart worden ist. Der Arbeitgeber kann die abzuführende Lohnsteuer von dem vereinbarten Lohn abziehen. Dies gilt auch bei einer geringfügigen Beschäftigung hinsichtlich der pauschalierten Lohnsteuer, entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht. Nur bei einer Nettolohnabrede, die hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen müsse, habe der Arbeitgeber die Lohnsteuer selbst zu tragen (Urteil vom 01.02.2006, Az.: 5 AZR 628/04).

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Annahmeverzug, Arbeitswille

Annahmeverzug des Arbeitgebers ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist.
Bietet der Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung eine sog. Prozessbeschäftigung an, steht der Leistungsbereitschaft entgegen, wenn der Arbeitnehmer die Forderung nach einem Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme macht.
(BAG – 13.07.2005 5 AZR 578/04)

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Betriebsübergang: Unterrichtung des Arbeitnehmers

Wird der Arbeitnehmer über einen Betriebsübergang nicht ordnungsgemäß nach § 613 a Abs. 5 BGB unterrichtet, läuft die einmonatige Widerspruchsfrist gem. § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht. Die Verletzung der Unterrichtungspflicht nach § 613 a Abs. 5 BGB führt aber auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung.
(BAG, Urteil v. 24.5.2005 – 8 AZR 398/04)