Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Teilnahme an Personalgesprächen während der Arbeitsunfähigkeit

Während der Dauer einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nur dann anweisen, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen, wenn hierfür ein dringender betrieblicher Anlass besteht, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet, und die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erforderlich ist und ihm zugemutet werden kann.

Hinweis: Wer krank ist, ist nicht zur Arbeitsleistung und damit auch nicht zum Erscheinen im Betrieb verpflichtet. Eine Ausnahme hiervon kann nur gelten, wenn es aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage ist. Die Beweislast für eine solche Ausnahmesituation trägt der Arbeitgeber.

(BAG, Urteil vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15)

VonHagen Döhl

„Ich stech dich ab“: Fristlose Kündigung wegen Morddrohung bestätigt

Das LArbG Düsseldorf hat eine fristlose Kündigung eines Sachbearbeiters im Landeskriminalamt wegen Morddrohung bestätigt.
(Landesarbeitsgericht Düsseldorf  08.06.2017   11 Sa 823/16)

VonHagen Döhl

Bundesarbeitsgericht: Auch Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV Bau Tarifverträge SoKa-Bau 2012 und 2013 unwirksam!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 25.01.2017 entschieden, dass auch die Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) des VTV Bau aus den Jahren 2012 und 2013 unwirksam sind.

In zwei Entscheidungen stellten die Richter des BAG fest, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sich zwar mit den Allgemeinverbindlicherklärungen befasst habe, die nach damaligem Rechtsstand erforderliche 50-Prozent-Quote aber nicht erreicht worden sei.
Das Ministerium hat somit fehlerhaft geprüft – wie auch bei den AVE 2008, 2010 und 2014. Zudem fand bei den beiden AVE aus dem Jahr 2013 keine ausreichende Ministerialbefassung statt, d.h. weder die Ministerin noch der zuständige Staatssekretär haben sich hinreichend mit den AVE befasst.

Folge der Entscheidungen ist, dass Unternehmen, die weder Mitglied in dem Verband HDB, noch im ZDB waren, nicht durch die Tairfverträge gebunden wurden und diese somit keine SOKA-Pflicht begründen konnten.

Nach derzeitiger Rechtslage bestehen daher Ansprüche der Bauunternehmer auf eine Rückgewähr der SOKA-Beiträge.
Da i.d.R. lediglich 50 – 80 Prozent der an die SOKA Bau für ihre Arbeitnehmer gezahlten Beiträge an die Unternehmen rückerstattet wurden, besteht hinsichtlich der Differenz ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch.

Gerne können Sie uns ansprechen, damit wir Ihnen im Bedarfsfall helfen können, Ihre Ansprüche durchzusetzen.
 

VonHagen Döhl

Anwendbarkeit der 40- Euro-Verzugspauschale auf Arbeitsentgeltansprüche

Die Neuregelung des § 288 Abs. 5 BGB findet auch auf arbeitsrechtliche Entgeltansprüche Anwendung.
Eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht ist nicht aufgrund der Wertung des § 12a ArbGG geboten. Es fehlt an einer für eine Analogie zu § 12a ArbGG erforderlichen planwidrigen Regelungslücke.
Die systematische Einordnung des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB im Zusammenhang mit den – unzweifelhaft auch auf Arbeitsentgeltansprüche anwendbaren – gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins sowie dem weitergehenden Verzugsschaden gebietet eine Anwendung auch auf Arbeitsentgeltansprüche.
Gleiches gilt für den Zweck der Vorschrift des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB, den Druck auf potenziell säumige Schuldner zu erhöhen, ihren Zahlungsverpflichtungen pünktlich und vollständig nachzukommen. Diese Zweckrichtung besteht gerade auch bei Arbeitsentgeltansprüchen.
Die Ausnahmevorschrift des § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB betrifft nur den – bei Arbeitsentgeltforderungen nicht bestehenden – außergerichtlichen Kostenerstattungsanspruch für Rechtsverfolgungskosten, nicht aber einen – nach dem Arbeitsgerichtsgesetz im zweitinstanzlichen Berufungsverfahren bestehenden – prozessualen Kostenerstattungsanspruch.
(LAG Köln, Urteil vom 22.11.2016 – 12 Sa 524/16)
 

VonHagen Döhl

Wann ist die Anhörung des Betriebsrates abgeschlossen?

Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes liegt eine abschließende, das Anhörungsverfahren nach Paragraf 102 Betriebsverfassungsgesetz vorzeitig beendende  Stellungnahme des Betriebsrates nur dann vor, wenn der Arbeitgeber sich aufgrund besonderer Anhaltspunkte darauf verlassen darf, der Betriebsrat werde sich bis zum Ablauf der Frist des Paragraf 102 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz nicht mehr äußern. (BAG Urteil vom 25.5.2016.  2 AZR 345/15)

 

VonHagen Döhl

Massenentlassungsschutz: Benachteiligung von Personen in Elternzeit

Das BAG hat entschieden, dass Massenentlassungen innerhalb von 30 Kalendertagen nach Maßgabe von § 17 KSchG zu ihrer Wirksamkeit einer vorherigen ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats und einer vorherigen ordnungsgemäßen Anzeige an die Agentur für Arbeit bedürfen.

Dieser durch § 17 KSchG gewährleistete Schutz ist europarechtlich durch die RL 98/59/EG (Massenentlassungsrichtlinie) determiniert. Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 27.01.2005 – C-188/03 "Junk") ist unter "Entlassung" die Kündigungserklärung zu verstehen. Hiervon ausgehend hielt das BAG die Kündigung gegenüber einer Arbeitnehmerin vom 10.03.2010 für wirksam, die sich zur Zeit der wegen einer Betriebsstilllegung durchgeführten Massenentlassungen in Elternzeit befand und deren Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf des Zeitraums von 30 Kalendertagen gekündigt wurde, obwohl sich die Kündigungen der übrigen Arbeitsverhältnisse mangels einer ordnungsgemäßen Konsultation des Betriebsrats gemäß § 17 KSchG als unwirksam erwiesen hatten (BAG, Urt. v. 25.04.2013 – 6 AZR 49/12).

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 08.06.2016 (1 BvR 3634/13) dieses Urteil aufgehoben, weil es die Klägerin in ihren Grundrechten aus Art. 3 i.V.m. Art. 6 GG verletze. Die Klägerin werde unzulässig wegen der von ihr in Anspruch genommenen Elternzeit und wegen ihres Geschlechts benachteiligt, wenn ihr der Schutz vor Massenentlassungen versagt werde, weil das Abwarten der wegen der Elternzeit notwendigen behördlichen Zustimmung zur Kündigung dazu geführt habe, dass die Kündigung erst nach Ablauf des 30-Tage-Zeitraums erklärt wurde. In diesen Fällen gelte der 30-Tage-Zeitraum auch dann als gewahrt, wenn die Antragstellung auf Zustimmung der zuständigen Behörde zu der Kündigung innerhalb dieses Zeitraums erfolgt sei.

An diese nationalrechtliche Erweiterung des Entlassungsbegriffs bei Massenentlassungen durch das BVerfG sei das BAG ungeachtet der Probleme gebunden, die u.a. dann entstehen, wenn die behördliche Zustimmung erst außerhalb der 90-tägigen Freifrist des § 18 Abs. 4 KSchG erteilt wird oder wenn bei einer Arbeitnehmerin in Elternzeit die Kündigung als solche zugleich Teil einer zweiten, § 17 KSchG unterfallenden Welle von Kündigungen ist.

Das BAG hat deshalb auf die Revision der Klägerin festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 10.03.2010 nicht aufgelöst worden ist.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 4/2017 v. 26.01.2017)

VonHagen Döhl

BAG erlaubt Schichtverkürzung zur Einhaltung der Erholungszeit vor Betriebsratssitzung

Ein Betriebsratsmitglied, das nach einer Nachtschicht außerhalb seiner Arbeitszeit tagsüber an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, ist berechtigt, die Arbeit in dieser vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist. Das hat das Bundesarbeitsgericht jetzt entschieden (Urteil vom 18.01.2017, Az.: 7 AZR 224/15).

VonHagen Döhl

Bundesarbeitsgericht veröffentlicht die Entscheidung zur Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärungen der SOKA- Bau – Tarifverträge

Das Bundesarbeitsgericht (BAG)  hatte am 21.9.2016 in zwei Verfahren entschieden, dass die Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Soka-Bau) von 2008, 2010, und 2014 mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen unwirksam sind.
Wir hatten unsere Mandanten darüber informiert, dass sich daraus nach unserer Auffassung umfangreiche Rückzahlungsansprüche für alle nicht tarifgebundene Unternehmen ergeben.
Die SOKA-Bau hat auf unsere Forderungsschreiben mitgeteilt, man wolle dort erst auf die Urteilsgründe warten und diese auswerten.

In der von uns genutzten Urteilsdatenbank JURIS ist nunmehr die Entscheidung im Verfahren 10 ABR 33/15 veröffentlicht worden.
Die Urteilsgründe bestätigen nicht nur unsere Auffassung bezüglich der Rückforderung der in den maßgeblichen Zeiträumen gezahlten Beiträge (Das sind für die von uns betreuten Unternehmen 5 – 6- stellige Beträge.) – das BAG hat vielmehr sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich der diesbezüglichen Rückzahlungspflichten der SOKA- Bau bewusst ist.

Nicht tarifgebundene Bauunternehmen haben jetzt keinen Grund mehr zu zögern!
Sprechen Sie uns an! Wir beraten Sie gern.
 

VonHagen Döhl

Arbeitgeber muss bei verspäteter Lohnzahlung pauschal 40 Euro zahlen

Das LArbG Köln hat entschieden, dass ein Arbeitgeber, der Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahlt, dem Arbeitnehmer gemäß § 288 Abs. 5 BGB einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 Euro zu zahlen hat.

Nach dem 2014 neu eingefügten § 288 Abs. 5 BGB hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens Anspruch auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Diese Pauschale ist auf den Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Da es im Arbeitsrecht – anders als im allgemeinen Zivilrecht – keinen Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten gibt, ist umstritten, ob die gesetzliche Neuregelung gerade deswegen im Arbeitsrecht relevant wird oder ob im Hinblick auf das Fehlen eines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten auch die 40-Euro-Pauschale wegfällt.

Das LArbG Köln hat diese Rechtsfrage nunmehr erstmals obergerichtlich entschieden und – anders als die Vorinstanz – die Anwendbarkeit der 40-Euro-Pauschale auf Arbeitsentgeltforderungen bejaht.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist eine Bereichsausnahme für das Arbeitsrecht zu verneinen. Bei der 40-Euro-Pauschale handele es sich um eine Erweiterung der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche zu zahlen sei. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung, die Erhöhung des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen, spreche für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern, die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.

Die Revision zum BAG wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.

Quelle: Presseservice des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen v. 25.11.2016

VonHagen Döhl

Geld zurück von der Soka-Bau: Alte Tarifverträge nicht allgemeinverbindlich!

Nicht tarifgebundene Baubetriebe mussten für die Zeit von Oktober 2007 bis Dezember 2011 und für 2014  keine Beiträge zur Soka-Bau leisten.

Die  Allgemeinverbindlicherklärungen dieser  Tarifverträge sind unwirksam.
Die Allgemeinverbindlicherklärungen (AVE) der Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (Soka-Bau) von 2008, 2010, und 2014 sind mangels Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen unwirksam. Die nach damaligem Recht erforderliche 50-Prozent-Quote wurde nicht erreicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht überraschend entschieden und die anderslautenden Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg aufgehoben.

Auf Antrag der Tarifvertragsparteien hatte das Bundesarbeitsministerium (BMAS)  die jeweiligen Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) für allgemeinverbindlich erklärt. Mehrere Baubetriebe, die nicht Mitglied einer Arbeitgebervereinigung sind und auf Grundlage der AVE an die Soka-Bau zahlen mussten, waren dagegen vorgegangen.

Die Entscheidungen: Die Allgemeinverbindlicherklärungen vom 15. Mai 2008, 25. Juni 2010 und 17. März 2014 sind unwirksam. Das BMAS habe zu Unrecht angenommen, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen AVE in der Baubranche mindestens 50 Prozent der Arbeitnehmer bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt waren (sogenanntes 50-Prozent-Quorum).

Außerdem müssten AVE immer vom zuständigen Bundesminister gebilligt werden, stellten die Richter klar. Das Demokratieprinzip verlange eine hinreichende Legitimation. Es reiche nicht aus, wenn nur ein Referatsleiter die AVE verfüge. So war es aber bei den AVE von 2008 und 2010 geschehen – ein weiterer Grund für deren Unwirksamkeit. 2014 hatte die Bundesarbeitsministerin sich hingegen selbst eingeschaltet.

Die unwirksame AVE haben zur Folge, dass in diesen Jahren nur für tarifgebundene Arbeitgeber eine Beitragspflicht zu den Sozialkassen des Baugewerbes bestand. Alle anderen Baubetriebe waren nicht verpflichtet, für diese Zeiträume Beiträge an die Soka-Bau zu leisten. Sämtliche noch offenen Nachforderungen der Soka-Bau für die Jahre 2008, 2010, 2011 und 2014 dürften damit wegfallen.

Die betroffenen Unternehmen können nun die gezahlten Beiträge zurück verlangen.

Beim Bundesarbeitsgericht sind noch Verfahren anhängig über die AVE der Jahre 2012 und 2013. Angekündigt wurde auch ein Verfahren gegen die AVE von 2015. Die Rechtslage ist seit 2015 aber eine andere, denn das Tarifvertragsgesetz wurde damals geändert und die 50-Prozent-Quote als Voraussetzung für eine AVE abgeschafft.

(Bundesarbeitsgericht, Beschlüsse vom 21. September 2016, Az. 10 ABR 48/15 und 10 ABR 33/15)

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