Autor-Archiv Hagen Döhl

VonHagen Döhl

Wertsteigerung von DDR-Grundstücken: Keine Anpassung des Kaufpreises

Im Juni 1989 wurde ein fast 20 Hektar großes landwirtschaftliches Grundstück samt Wohnhaus verkauft. Der Käufer zahlte den vereinbarten Preis von 25 385 DDR-Mark und wurde noch vor der Wende neuer Eigentümer des Grundstücks. Nach den gesellschaftlichen Umwälzungen in der DDR errechneten die ursprünglichen Eigentümer einen Wert von nunmehr 200 000 DM. Sie verlangten das Grundstück zurück oder wenigstens die Zahlung der Differenz zum DDR-Kaufpreis. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß in einem solchen Fall Ansprüche der ehemaligen Eigentümer nicht gegeben sind (V ZR 164/94). Der Grundstückskaufvertrag sei zu DDR-Zeiten geschlossen, der Käufer habe ordnungsgemäß gezahlt und sei Eigentümer geworden. Es gäbe keinerlei Anlaß, den Vertrag „anzupassen“.

(Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. November 1995 – V ZR 164/94)

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Baurecht: DIN-Normen nicht blind vertrauen

Ein Bauwerk muß zum Zeitpunkt der Fertigstellung dem neuesten Stand der Technik entsprechen. Das ist eine Selbstverständlichkeit und bedarf nach einer neuen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofes keiner besonderen Vereinbarung oder Zusicherung.
Der Unternehmer ist nicht schon dann aus dem Schneider, wenn er sein Werk unter Einhaltung der DIN-Normen erstellt. Diese sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Rechtsnormen sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie entsprechen nicht immer dem neuesten Stand der anerkannten Regeln der Technik.
Mehrere Käufer von Eigentumswohnungen vernahmen Gespräche aus den umliegenden Wohnungen als störendes Gemurmel. Der Hersteller und Verkäufer der Wohnungen, die in den Jahren 1988 und 1989 geplant und errichtet worden waren, lehnte eine Verbesserung des Schallschutzes ab. Für Wohnungswände und Decken sei die „DIN 4109 von 1984“ eingehalten worden. Diese war bis zum 15.Mai 1991 Voraussetzung für die Erteilung von Baugenehmigungen in Bayernr.
Als erste Instanz wies das Oberlandesgericht München die Klagen der „hörgeschädigten“ Eigentümer auf dieser Grundlage ab. Der Bundesgerichtshof hob das vorinstanzliche Urteil jedoch auf. Öffentlich-rechtliche Verweise auf DIN-Normen seien für die Güte eines Bauwerks nicht maßgebend. Die „DIN 4109 von 1984“, welche die Werte aus der „DIN 4109 von 1962“ übernahm, entsprach bei der Fertigstellung des Baues im Februar 1990 nicht mehr den aktuellen Stand der anerkannten Regeln der Technik.
(Bundesgerichtshof, VII ZR 184/97)

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Rückforderung von Betriebskosten

Den Betrag der dem Mieter ohne vertragliche Vereinbarung berechneten Betriebskosten, die mit Vorauszahlungen saldiert wurde, kann der Mieter zurückfordern.
Die Beklagte hatte der Klägerin durch Nebenkostenabrechnungen der Jahre 1995 und 1996 die Nebenkostenpositionen Grundsteuer, Straßenreinigung u.a. in Rechnung gestellt. Die Klägerin hat diese Beträge – durch ihre Nebenkostenvorauszahlungen sowie Verrechnungen mit Guthaben aus Heizkostenabrechnungen – gezahlt. Nach dem schriftlichen Mietvertrag hat die Klägerin lediglich die Verpflichtung zur anteiligen Zahlung des Wassergeldes und der Heizkosten übernommen. Die weiteren Nebenkostenpositionen sind im Mietvertrag nicht erwähnt. Dies hat zur Folge, dass insoweit ein Anspruch der Beklagten auf anteilige Erstattung der Nebenkosten nicht begründet worden ist; sie sind vielmehr Bestandteil des (Teilinklusiv-) Mietzinses.
Im übrigen ist in einer widerspruchlosen Entgegennahme der Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1993 bis 1995 nicht auf einen Willen der Klägerin auf eine für sie nachteilige Abänderung des Mietvertrages bezogen auf die Übernahme weiterer Betriebskosten zu schließen. Die Klägerin kann daher die zuviel gezahlten Betriebskosten zurückfordern.
(LG Kleve, U. v. 21. Januar 1999, Az.: 6 S 241/98, WM 2000, 29)

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Keine Geschäftsführer-Haftung für unternehmerische Fehlentscheidungen

Der Geschäftsführer einer GmbH kann auf wirtschaftliche Herausforderungen grundsätzlich flexibel reagieren, da es nicht nur eine richtige Maßnahme gibt. Der Vorwurf, es hätte Kurzarbeit angemeldet werden müssen, bedarf einer präzisen Darlegung, dass es sich trotz des weiten Ermessensspielraums um eine falsche unternehmerische Entscheidung gehandelt hat. So entschieden vom OLG Oldenburg mit rechtskräftigem, jetzt veröffentlichtem Urteil vom 13.7.2000. Anmerkung: Die Gesellschafter wollten den Geschäftsführer in die Haftung nehmen, weil er es versäumt habe, rechtzeitig Kurzarbeit anzumelden. Unabhängig davon, dass in einem solchen Fall eine Schadensbemessung kaum möglich ist, ist die Inanspruchnahme aus unternehmerischen Entscheidungen so gut wie ausgeschlossen. Richtiges Instrument zur Vermeidung solcher Fehlentscheidungen ist, einen Katalog zustimmungspflichtiger Entscheidungen festzulegen. Entscheidet der Geschäftsführer ohne Rücksprache in diesen Angelegenheiten, macht er sich schadensersatzpflichtig.
(OLG Oldenburg 1 U 35/00 Urteil vom 13.7.2000)

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Prozesskostenhilfe in Ehescheidungsfolgesachen

Wird eine Scheidungsfolgesache nach Abschluss des Ehescheidungsverfahrens als isolierte Familiensache bei Gericht anhängig gemacht, so kann hierfür Prozesskostenhilfe wegen Mutwilligkeit nicht bewilligt werden, sofern es für die isolierte Geltendmachung keinen sachlichen Grund gibt.

(OLG Dresden, 20. ZS-FamS-, Beschluss v. 6.7.2000, Az: 20 WF 318/00)

Anmerkung:
Der Senat gibt mit dieser Entscheidung seine vormalige Rechtsprechung auf, wonach Prozesskostenhilfe in einem solchen Fall nur hinsichtlich der konkreten Mehrkosten zu versagen ist.

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Bundesverfassungsgericht bestätigt Bodenreformregelungen

Das Bundesverfassungsgericht hat bestätigt, dass die aus der Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone stammenden Grundstücke unter bestimmten Voraussetzungen von den Erben herausgegeben werden müssen. Nach einem Beschluss können die Erben solcher Grundstücke ihr Land nur dann behalten, wenn sie am 15. März 1990 bereits im Grundbuch eingetragen oder in der DDR landwirtschaftlich tätig waren und danach keiner anderen Erwerbstätigkeit nachgingen. Die Verfassungsbeschwerden mehrerer Erben gegen die aus dem Jahr 1992 stammende Vorschrift wies eine Kammer des Ersten Senats ab. Sie müssen ihre Grundstücke nun an die jeweiligen Bundesländer übertragen. Zu DDR-Zeiten waren die Bodenreformgrundstücke unter anderem an Bauern und Flüchtlinge verteilt worden. Sie waren grundsätzlich vererbbar, mussten aber nach DDR-Recht landwirtschaftlich genutzt werden. Andernfalls – so wenigstens hieß es im Gesetz – sollten sie wieder verstaatlicht werden. Weil die DDR-Verwaltung die eigenen Gesetze zur landwirtschaftlichen Nutzung aber in vielen Fällen nicht durchgesetzt hatte, blieb der Landbesitz nicht nur den Bauern erhalten, sondern auch anderen Eigentümern. Der bundesdeutsche Gesetzgeber knüpfte indes 1992 an die Landwirtschaftsklausel an und verfügte damit die Rückgabe landwirtschaftlich nicht genutzter Grundstücke. Dies bestätigte nun eine Kammer des Ersten Senats. Nach den Worten der Verfassungsrichter können sich die Erben dieser Ländereien nicht auf Vertrauensschutz für das Land ihrer Eltern oder Großeltern berufen. Das Vertrauen auf den Fortbestand des DDR-Eigentums sei nur dann geschützt, wenn es damals dem Einzelnen bewusst und gewollt eingeräumt worden sei.
(BVerfG Aktenzeichen: 1637/99 u. 2062/99 Beschlüsse vom 6. und 25. Oktober 2000)

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Klageschrift per Computer ist rechtskräftig

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat in einem Urteil die Online-Übermittlung einer Klageschrift per Computerfax anerkannt. Und das, obwohl die Klage nicht die eigentlich vorgeschriebene eigenhändige Unterschrift trug. Zwar müsse auch ein durch Telefax übermitteltes Schreiben normalerweise unterzeichnet werden, erklärten die Richter. Das gelte aber nur für „normale“, also als Kopie eines Schriftstücks vom Sende- zum Empfangsgerät übermittelte Fernkopien. Im vorliegenden Fall sei dagegen das Schreiben mit einem Computer produziert und dann direkt – ohne Ausdruck – per Modem verschickt worden. Hier müsse die Unterschrift dann nicht eigens eingescannt werden, befanden die Karlsruher Juristen.
(Verwaltungsgericht Karlsruhe, 4 K 4105/96)

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Heiteres: Unharmonischer Intimverkehr als Reisemangel

Die Urlaubsreise des Klägers nach Menorca verlief nicht wie geplant. Vertraglich geschuldet war die Unterbringung in einem Zimmer mit Doppelbett. Statt dessen fand der Kläger zwei Einzelbetten vor. In seiner gerichtlichen Klage verlangte er Schadensersatz wegen nutzlos aufgewandten Urlaubs. Ein harmonischer Intimverkehr mit seiner Partnerin sei nicht möglich gewesen, weil sich die Einzelbetten auf den rutschigen Fliesen bei der kleinsten Regung bewegt hätten. Deshalb sei es in den 14 Tagen zu keinem einzigen befriedigenden Intimerlebnis gekommen.

Das AG Mönchengladbach wies die Klage ab (Urteil vom 25.4.1991 – 5a C 106/91). Die Urteilsbegründung ist zugleich ein anschaulicher Beweis dafür, dass sich die Justiz in ihrer Entscheidungsfindung nicht nur durch „nüchternen und trockenen Ernst“ auszeichnet, wie von manchen behauptet wird. Hier ein Auszug aus der
Begründung:
„[…] Der Kläger (Kl.) hat nicht näher dargelegt, welche besonderen Beischlafgewohnheiten er hat, die festverbundene Doppelbetten voraussetzen. Dieser Punkt brauchte allerdings nicht aufgeklärt zu werden, denn es kommt hier nicht auf spezielle Gewohnheiten des Klägers an, sondern darauf, ob die Betten für einen durchschnittlichen Reisenden ungeeignet sind. Dies ist nicht der Fall.
Dem Gericht sind mehrere allgemein bekannte und übliche Variationen der Ausführung des Beischlafs bekannt, die auf einem einzelnen Bett ausgeübt werden können, und zwar durchaus zur Zufriedenheit aller
Beteiligten. Es ist also ganz und gar nicht so, dass der Kl. seinen Urlaub ganz ohne das von ihm besonders angestrebte Intimleben hätte verbringen müssen. Aber selbst wenn man dem Kl. seine bestimmten Beischlafpraktiken zugesteht, die ein festverbundenes Doppelbett voraussetzen, liegt kein Reisemangel vor, denn der Mangel wäre mit wenigen Handgriffen selbst zu beseitigen gewesen. Wenn ein Mangel nämlich leicht
abgestellt werden kann, dann ist dies auch dem Reisenden selbst zuzumuten mit der Folge, dass sich der Reisepreis nicht mindert und dass auch Schadensersatzansprüche nicht bestehen. Der Kl. hat ein Foto der Betten vorgelegt. Auf diesem Foto ist zu erkennen, dass die Matratzen auf einem stabilen Rahmen liegen, der offensichtlich aus Metall ist. Es hätte nur weniger Handgriffe bedurft und wäre in wenigen Minuten zu erledigen gewesen, die beiden Metallrahmen durch eine feste Schnur miteinander zu verbinden. Es mag nun sein, dass der Kl. etwas derartiges nicht dabei hatte. Eine Schnur ist aber für wenig Geld schnell zu besorgen. Bis zur Beschaffung dieser Schnur hätte sich der Kl. beispielsweise seines Hosengürtels bedienen können, denn dieser wurde in seiner ursprünglichen Funktion in dem Augenblick sicher nicht benötigt. […]“

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Erbschaft vom Ehepartner trotz laufender Scheidung möglich

Stirbt ein Ehepartner während eines laufenden Scheidungsverfahrens, so ist der überlebende Partner nicht zwangsläufig von der Erbschaft ausgeschlossen. Dies geht aus einem Grundsatzbeschluss des OLG Zweibrücken hervor. Von der Vermutung, dass eine Ehe zerrüttet war und daher ohne weiteres auch geschieden worden wäre, könne nicht zwangsläufig ausgegangen werden. Das Gericht hob mit seinem in der Zeitschrift «Neue Juristische Wochenschrift» veröffentlichten Beschluss die Entscheidung eines Landgerichts auf, das einem Ehemann die Ausstellung eines Erbscheins verweigert hatte. Der Betroffene hatte mit seiner Frau vereinbart, dass man sich gegenseitig zu Erben einsetze. Erst wenn der überlebende Ehegatte gestorben sei, sollten die Kinder erben. Im Dezember 1997 beantragten die Eheleute zwar die Scheidung, die Ehefrau starb jedoch vor Abschluss des Scheidungsverfahrens. Anders als das Landgericht war das OLG der Auffassung, von der Vermutung des Scheiterns der Ehe dürfe nicht ohne weiteres deshalb ausgegangen werden, weil beide Eheleute die Scheidung beantragt hätten. Vielmehr müsse das Gericht zu klären versuchen, wie die Eheleute die weiteren Scheidungsfolgen geregelt hätten. Daher wurde die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverwiesen.
(Quelle: dpa vom 19.1.2001 OLG Zweibrücken – Az.: 3 W 103/00, Beschl. v. 17.8.2000)

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Kein Unterhalt für Zweitausbildung eines Kindes

Eltern müssen einem Kind grundsätzlich keinen Unterhalt für eine Zweitausbildung zahlen. Die Begründung der Richter: Eltern hätten ihren Kindern eine Ausbildung zu ermöglichen, die deren Begabungen und Fähigkeiten am besten entspräche und sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern halte. Habe das Kind eine solche Ausbildung erhalten, bestehe regelmäßig kein Anspruch auf die Finanzierung einer zweiten Ausbildung oder einer nicht notwendigen Weiterbildung. Das Gericht lehnte mit seinen Beschlüssen die Anträge zweier Kinder auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Beide Kläger wollten nach Abschluss eines Ausbildungsgangs einen zweiten Bildungsgang anschließen und verlangten dafür von ihren Eltern jeweils Unterhalt. Das OLG befand jedoch, eine Unterhaltsverpflichtung bestehe bei einer Zweitausbildung allenfalls dann, «wenn die erste Ausbildung auf einer deutlichen Fehleinschätzung der Begabung des Kindes beruhe oder die Eltern das Kind gegen seinen Willen in einen unbefriedigenden, seiner Begabung und Neigung nicht hinreichend Rechnung tragenden Beruf gedrängt hätten». Dies sei hier nicht der Fall. Daher bleibe es bei dem Grundsatz, dass nach dem Abschluss etwa der Hauptschule und einer anschließenden Lehre die Unterhaltspflicht der Eltern ende.
(Qülle: dpa vom 29.1.2001 OLG Koblenz – Az.: 13 WF 650/00; 664/00)