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VonHagen Döhl

LG Chemnitz: Lebenslange Haft für 89-Jährigen

Ein 89-Jähriger aus Sachsen muss lebenslang hinter Gitter. Das Landgericht Chemnitz verurteilte den Rentner am 18.01.2017 wegen Mordes an seiner ehemaligen Lebensgefährtin. Die Verteidigung kündigte an, die Einlegung einer Revision zu prüfen.

Das Landgericht Chemnitz sah es als erwiesen an, dass der Rentner seine ehemalige Lebensgefährtin im März 2016 heimtückisch tötete. Dafür habe der aus Bayern stammende Mann ein stillgelegtes Auto präpariert, seinem Opfer nach der Chorprobe aufgelauert und mit dem Auto das auf einem Moped fahrende Opfer von hinten gerammt. Nach dem Sturz sei die Frau mit ihrem Zweirad 40 Meter über den Asphalt geschlittert und am Tag darauf im Krankenhaus an ihren schweren Verletzungen verstorben.

"Das ist eine sehr außergewöhnliche Tat", sagte die Vorsitzende Richterin. Der Angeklagte habe keine Zeichen von Unrechtsbewusstsein gezeigt. Er muss mehr als 16.000 Euro Schmerzensgeld an eine der drei Töchter des Opfers zahlen und alle Kosten des Verfahrens tragen. Darüber hinaus können weitere Schadenersatz- und Schmerzensgeldforderungen gestellt werden.

In seinem rund 45-minütigen Plädoyer ging der Staatsanwalt auch auf den Charakter des Angeklagten ein, der laut einem Gutachten "die Bereitschaft zur Grenzüberschreitung" habe. Nach seiner Ansicht ist der 89-Jährige nicht zur Empathie fähig, besserwisserisch und ichbezogen. Das sei ein Wesenszug und keine Alterserscheinung, so das Gericht.

(Redaktion beck-aktuell, Verlag C.H.BECK, 19. Januar 2017)

VonHagen Döhl

Verjährung des Ausgleichsanspruchs der Gesamtschuldner

BGB § 199 Abs. 1 , § 426 Abs. 1 Satz 1

a) Der Ausgleichsanspruch aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB entsteht bereits in dem Augenblick, in dem die mehreren Ersatzpflichtigen dem Geschädigten ersatzpflichtig werden, d.h. mit der Entstehung der Gesamtschuld im Außenverhältnis.

b) Für den Beginn der Verjährung ist es nicht erforderlich, dass der Ausgleichsanspruch beziffert werden bzw. Gegenstand einer Leistungsklage sein kann.

c) Für die Beurteilung der Frage, wann der Ausgleichsanspruch eines zum Schadensersatz verpflichteten Gesamtschuldners gegen den anderen im Sinne des § 199 Abs. 1 BGB in Hinblick auf Schäden entstanden ist, die erst nach der Verwirklichung des haftungsbegründenden Tatbestands eingetreten sind, ist der Grundsatz der Schadenseinheit heranzuziehen.
(BGH Urteil vom 08.11.2016, Az: VI ZR 200/15)

VonHagen Döhl

Bundesbank zum Ersatz zerstörter Banknoten verpflichtet

Der VGH Kassel hat entschieden, dass die Deutsche Bundesbank zum Ersatz zerstörter Banknoten im Wert von 18.500 Euro verpflichtet ist, die ein alte Dame aus Angst vor Einbrechern zerrissen hatte.
(Hessischer Verwaltungsgerichtshof  6 A 682/15)

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Dresdener Büro der Rechtsanwälte Döhl & Kollegen umgezogen – neue Anschrift: Altreick 15a 01237 Dresden (Reick)

Unser Büro in Dresden ist umgezogen.
Sie finden uns in Dresden jetzt unter der Anschrift Altreick 15a in 01237 Dresden (Reick).
Telefonisch sind wir dort unverändert unter 0351 30707360 zu erreichen.
Auch ansonsten bleibt es dabei, dass wir Ihre Interessen kompetent, qualifiziert und zuverlässig vertreten.

Alles, was Recht ist…

 

VonHagen Döhl

BGH stärkt Rechte von Kunden beim Verbrauchsgüterkauf

Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Kunden beim Verbrauchsgüterkauf gestärkt. Tritt nun innerhalb von sechs Monaten ein mangelhafter Zustand an der Kaufsache auf, wird danach zugunsten des Käufers stets vermutet, dass es sich um einen Sachmangel handelt, der bereits bei Übergabe der Sache vorlag.
Dem Verkäufer obliegt es, das Gegenteil zu beweisen.

In dem verhandelten Fall ging es um einen Getriebeschaden an einem gebrauchten Pkw. Nach fünf Monaten funktionierte die Automatikschaltung nicht mehr richtig, weshalb der Käufer sein Geld zurückhaben wollte. Der angerufene Sachverständige konnte nicht klären, ob es sich um einen Bedienfehler des Käufers oder um einen Mangel handelte, der bereits beim Verkauf vorgelegen hatte.

Gestritten wurde darüber, ob der Käufer beweisen muss, dass er die Schaltung nicht selbst durch einen Bedienfehler kaputt gemacht hatte.
Die Richter haben nun zugunsten des Käufers entschieden. Der Verkäufer hätte im konkreten Fall nachweisen müssen, dass der Käufer die Schaltung falsch bedient hat.
In einem Rechtsstreit kommt es nicht selten gerade darauf an, welche Partei für eine umstrittene Frag die Beweislast hat, denn wer nicht beweisen kann, was umstritten ist, verliert – wenn er beweisbelastet ist in der Regel den Prozess.
Der BGH musste laut ARAG Experten seine Rechtsprechung aufgrund einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2015 ändern (BGH, Az.: VIII ZR 103/15).
 

VonHagen Döhl

Haftung der Kommunen für Verdienstausfall von Eltern wegen fehlender Kita-Plätze

Der BGH hat entschieden, dass Eltern, die ab Vollendung des ersten Lebensjahres ihres Kleinkindes keinen Betreuungsplatz für ihr Kind bekommen und deshalb erst später arbeiten gehen können, grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz haben können.
(BGH 20.10.2016   III ZR 278/15)
 

VonHagen Döhl

BGH erweitert Anwendungsbereich der Beweislastumkehr nach § 476 BGB zugunsten des Verbrauchers

Der Käufer muss bei einem Sachmangel innerhalb der ersten sechs Monate ab Gefahrübergang weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2016 hervor, mit dem das Gericht die Reichweite der Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB beim Verbrauchsgüterkauf erweitert hat (Az.: VIII ZR 103/15). Der BGH stützt seine neue Rechtsprechung insbesondere auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom Juni 2015 (NJW 2015, 2237).

Der Kläger kaufte von der Beklagten, einer Kraftfahrzeughändlerin, einen gebrauchten BMW 525d Touring zum Preis von 16.200 Euro. Nach knapp fünf Monaten und einer vom Kläger absolvierten Laufleistung von rund 13.000 Kilometern schaltete die im Fahrzeug eingebaute Automatikschaltung in der Einstellung "D" nicht mehr selbstständig in den Leerlauf; stattdessen starb der Motor ab. Ein Anfahren oder Rückwärtsfahren bei Steigungen war nicht mehr möglich. Nach erfolgloser Fristsetzung zur Mangelbeseitigung trat der Kläger vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz geltend gemachter Schäden.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat im Einklang mit dem Landgericht die Auffassung vertreten, der Kläger habe nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht, dass das Fahrzeug bereits bei seiner Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen habe. Zwar seien die aufgetretenen Symptome nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen auf eine zwischenzeitlich eingetretene Schädigung des Freilaufs des hydrodynamischen Drehmomentwandlers zurückzuführen. Auch sei es grundsätzlich möglich, dass der Freilauf schon bei der Übergabe des Fahrzeugs mechanische Veränderungen aufgewiesen habe, die im weiteren Verlauf zu dem eingetretenen Schaden geführt haben könnten. Nachgewiesen sei dies jedoch nicht. Vielmehr komme als Ursache auch eine Überlastung des Freilaufs, mithin ein Bedienungsfehler des Klägers nach Übergabe in Betracht.

Bei einer solchen Fallgestaltung könne sich der Kläger nicht auf die zugunsten eines Verbrauchers eingreifende Beweislastumkehrregelung des § 476 BGB berufen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH begründe diese Vorschrift lediglich eine in zeitlicher Hinsicht wirkende Vermutung dahin, dass ein innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang aufgetretener Sachmangel bereits im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen habe. Sie gelte dagegen nicht für die Frage, ob überhaupt ein Mangel vorliege. Wenn daher – wie hier – bereits nicht aufklärbar sei, dass der eingetretene Schaden auf eine vertragswidrige Beschaffenheit des Kaufgegenstands zurückzuführen sei, gehe dies zulasten des Käufers. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Der BGH hat jetzt seine bislang zu § 476 BGB entwickelten Grundsätze zugunsten des Käufers angepasst, um sie mit den Erwägungen in dem zwischenzeitlich ergangenen Urteils des EuGH (NJW 2015, 2237) in Einklang zu bringen. Die mit diesem Urteil durch den Gerichtshof erfolgte Auslegung des Art. 5 Abs. 3 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der durch § 476 BGB in nationales Recht umgesetzt wurde, gebiete es, im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB den Anwendungsbereich dieser Beweislastumkehrregelung zugunsten des Verbrauchers in zweifacher Hinsicht zu erweitern.

Dies betreffe zunächst die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Käufers hinsichtlich des – die Voraussetzung für das Einsetzen der Vermutungswirkung des § 476 BGB bildenden – Auftretens eines Sachmangels innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang. Anders als dies der bisherigen Senatsrechtsprechung zu § 476 BGB entspricht, müsse der Käufer nach Auffassung des Gerichtshofs im Rahmen von Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchgüterkaufrichtlinie weder den Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist. Vielmehr habe er lediglich darzulegen und nachzuweisen, dass die erworbene Sache nicht den Qualitäts-, Leistungs- und Eignungsstandards einer Sache entspricht, die er zu erhalten nach dem Vertrag vernünftigerweise erwarten konnte. In richtlinienkonformer Auslegung des § 476 BGB lässt der Senat nunmehr die dort vorgesehene Vermutungswirkung bereits dann eingreifen, wenn dem Käufer der Nachweis gelingt, dass sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (eine "Mangelerscheinung") gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründen würde. Dagegen müsse der Käufer fortan weder darlegen und nachweisen, auf welche Ursache dieser Zustand zurückzuführen ist, noch dass diese in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt.

Außerdem sei im Wege der richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB die Reichweite der dort geregelten Vermutung um eine sachliche Komponente zu erweitern. Danach komme dem Verbraucher die Vermutungswirkung des § 476 BGB fortan auch dahin zugute, dass der binnen sechs Monate nach Gefahrübergang zu Tage getretene mangelhafte Zustand zumindest im Ansatz schon bei Gefahrübergang vorgelegen hat. Damit werde der Käufer – anders als bisher von der Senatsrechtsprechung gefordert – des Nachweises enthoben, dass ein erwiesenermaßen erst nach Gefahrübergang eingetretener akuter Mangel seine Ursache in einem latenten Mangel hat.

Folge dieser geänderten Auslegung des § 476 BGB sei eine im größeren Maß als bisher angenommene Verschiebung der Beweislast vom Käufer auf den Verkäufer beim Verbrauchsgüterkauf. Der Verkäufer habe den Nachweis zu erbringen, dass die aufgrund eines binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang eingetretenen mangelhaften Zustands eingreifende gesetzliche Vermutung, bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs habe – zumindest ein in der Entstehung begriffener – Sachmangel vorgelegen, nicht zutrifft. Er habe also darzulegen und nachzuweisen, dass ein Sachmangel zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs noch nicht vorhanden war, weil dieser seinen Ursprung in einem Handeln oder Unterlassen nach diesem Zeitpunkt habe und ihm damit nicht zuzurechnen sei. Gelinge ihm diese Beweisführung – also der volle Beweis des Gegenteils der vermuteten Tatsachen – nicht hinreichend, greife zugunsten des Käufers die Vermutung des § 476 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder der Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist, also letztlich ungeklärt geblieben ist, ob überhaupt ein vom Verkäufer zu verantwortender Sachmangel vorlag. Daneben verbleibe dem Verkäufer die Möglichkeit, sich darauf zu berufen und nachzuweisen, dass das Eingreifen der Beweislastumkehr des § 476 BGB ausnahmsweise bereits deswegen ausgeschlossen sei, weil die Vermutung, dass bereits bei Gefahrübergang im Ansatz ein Mangel vorlag, mit der Art der Sache oder eines derartigen Mangels unvereinbar sei (§ 476 BGB am Ende). Auch könne der Käufer im Einzelfall gehalten sein, Vortrag zu seinem Umgang mit der Sache nach Gefahrübergang zu halten.

Der BGH hat nach alledem das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Insbesondere werde dieses unter Anwendung der sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 476 BGB ergebenden neuen Grundsätze zur Beweislastverteilung zu prüfen haben, ob der Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass der akut aufgetretene Schaden am Freilauf des Drehmomentwandlers zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs auch nicht im Ansatz vorlag, sondern auf eine nachträgliche Ursache (Bedienungsfehler) zurückzuführen ist, betonte der BGH.

 

VonHagen Döhl

Unfallversicherungsschutz für Fußballer

Das SG Trier hatte in seiner Sitzung am 06.07.2016 den unfallversicherungsrechtlichen Status eines Vertragsspielers aus der Region zu prüfen.

Der Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrages entsprechend der Spielordnung des DFB als Vertragsspieler bei dem beigeladenen Fußballverein beschäftigt. Bei einem Punktespiel erlitt er eine (erneute) Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Der beklagte Träger der gesetzlichen Unfallversicherung lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab, weil es an einer dem Versicherungsschutz unterfallenden Tätigkeit fehle. Der Kläger habe nicht in einem erforderlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden, denn die bezogene monatliche Vergütung von 250 Euro stehe nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum zeitlichen Aufwand von ca. 35 Stunden im Monat. Angemessen sei für die Beklagte nur eine Vergütung von mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Insofern beruhe auch der Mindestlohn auf vergleichbaren Erwägungen. Nach diesen Maßstäben handele es sich nur um einen Unfall im unversicherten Freizeitsport.

Das SG Trier hat die auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete Klage für begründet gehalten. Die beklagte Berufsgenossenschaft hat den Klageanspruch auf Anregung des Vorsitzenden anerkannt, so dass der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden konnte.

Nach der Rechtsprechung des BSG komme es auf die Entgelthöhe nicht entscheidend an, so das Sozialgericht. Es bedürfe auch keiner Entscheidung zu der in Bezug auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) vertretenen Auffassung der Bundesregierung und der Sportverbände, wonach Vertragsamateure als "ehrenamtlich Tätige" vom Anwendungsbereich des MiLoG ausgenommen seien, denn in Kenntnis dieser Auffassung hätten der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und auch die Bundesagentur für Arbeit in einem erneuten Besprechungsergebnis vom 18.11.2015 ihre schon bisher vertretene Auffassung bekräftigt, dass bei Überschreiten der Steuerfreigrenze von 200 Euro monatlich (§ 3 Nr. 26 Satz 1 EStG) von der Ausübung einer sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigung auszugehen sei. Mithin habe auch der Kläger im Unfallzeitpunkt eine dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr 1 SGB VII unterfallende Tätigkeit ausgeübt.

Im konkreten Fall sei ein Klageerfolg zudem noch unter dem Gesichtspunkt der Formalversicherung gegeben, nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21.10.2014 ausdrücklich in den Versicherungsschutz einbezogen habe und diese verbindliche Feststellung erst nach Eintritt des Unfalls (rückwirkend) wieder habe ändern wollen.

Quelle: Pressemitteilung des SG Trier Nr. 02/2016 v. 07.07.2016

VonHagen Döhl

Kein Schadenersatz für Eltern bei Verdienstausfall wegen fehlendem Kita-Platz

Die Kläger sind erwerbstätige sorgeberechtigte Eltern und hatten ihre Kommune auf Schadensersatz verklagt, da die Kommune ihnen keinen Krippenplatz zur Verfügung stellen konnte und den Eltern somit ein Schaden durch Verdienstausfall entstanden ist, der gegenüber der Kommune als Schadenersatz geltend gemacht wurde.

Das OLG Dresden sah eine Verpflichtung der Kommune zur Zahlung von Schadenersatz nicht. Der Kommune obliegt zwar nach § 24 Abs. 2 SGB VIII die Amtspflicht, den sorgeberechtigten Eltern für ihr Kind ab Vollendung seines 1. Lebensjahres einen Platz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen.

Die Eltern sind jedoch nicht geschützte Dritte im Sinne dieser Amtspflicht, zudem wäre auch der Verdienstausfallschaden nicht vom Schutzzweck dieser Norm auf Verschaffung eines Platzes in einer Kindertagesstätte erfasst.

(OLG Dresden, Urteil vom 26.08.2015, 1 U 319/15)

VonHagen Döhl

Interessenkollisionen bei Vertragsanwälten von Rechtsschutzversicherer?

Nahezu alle Rechtsschutzversicherer werben mit sogenannten Vertrauensanwälten, die den Versicherungsnehmern empfohlen werden. Nach welchen Kriterien diese Vertrauensanwälte ausgewählt werden, ist nicht erkennbar, auch wird die Liste dieser Vertrauensanwälte von den meisten Rechtsschutzversicherern geheim gehalten.

Die einzige nachprüfbare "Qualifikation" dieser Rechtsanwälte besteht darin, dass sie bereit sind, Gebührenabschläge hinzunehmen. Kompetente Rechtsanwälte sind im Regelfall auch wirtschaftlich erfolgreich, so dass sie kaum daran interessiert sind, Gebührenabschläge zu vereinbaren.

„Vertrauensanwälte“ sind also Vertragsanwälte von Rechtsschutzversicherern, die versprechen, diese Vertragsanwälte den Versicherungsnehmern zu empfehlen, während auf der anderen Seite diese Vertragsanwälte sich verpflichten, geringere Gebühren zu berechnen. Den Versicherungsnehmern werden Vorteile dafür versprochen, dass sie von ihrem Recht der freien Anwaltswahl keinen Gebrauch machen, sondern einen Vertragsanwalt des Rechtsschutzversicherers einschalten.

Einige Rechtsschutzversicherer verzichten in derartigen Fällen auf die Selbstbeteiligung, andere Rechtsschutzversicherer verzichten auf eine Höherstufung im Schadensfreiheitsrabatt, wenn ein Vertragsanwalt eingeschaltet wird. Aber auch und vor allem bei der Einschaltung von Vertragsanwälten legen die Rechtsschutzversicherer Wert auf die Klausel in § 17 Abs. 4 Satz 2 ARB 2010: "Für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist der Versicherer nicht verantwortlich."!

Wer also nicht will, dass der von der Rechtsschutzversicherung empfohlene Vertragsanwalt in einen Interessenkonflikt zwischen seinen Verpflichtungen gegenüber dem Mandanten einerseits und gegenüber der Versicherung andererseits gerät, wer also eine unabhängige Beratung und Vertretung wünscht, der sollte auf keinen Fall auf sein Recht zur freien Anwaltsauswahl verzichten. Der vermeintliche Vorteil, den man bei Inanspruchnahme des von der Versicherung empfohlenen Anwaltes wähnt, kann sich ansonsten schnell als erheblich größerer Nachteil erweisen.

Unabhängig davon sollte die Rechtsschutzversicherung für jeden Haushalt zu den Standardversicherungen gehören.