Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Zur Inanspruchnahme von Bauunternehmer und Architekt wegen Fehlern bei der Bauausführung und Bauüberwachung

Objektüberwachender Architekt und Bauunternehmer haften für Ausführungsfehler, die der Architekt bei gehöriger Überwachung hätte entdecken und verhindern können, als Gesamtschuldner. Das bedeutet, dass der Auftraggeber nach seinem Belieben den Architekten oder den Bauunternehmer zu 100% für die Mängelbeseitigungskosten in Anspruch nehmen kann. Oft bietet es sich an, dass der Auftraggeber sich beim Architekten schadlos hält, obwohl der „eigentliche“ Verursacher für die Ausführungsmängel der Bauunternehmer ist. Denn die Ansprüche gegen den Architekten verjähren meist wesentlich später als die gegen den Bauunternehmer. Außerdem ist der Architekt für solche Überwachungsschäden haftpflichtversichert, der Bauunternehmer nicht. Musste der Architekt bzw. die Haftpflichtversicherung den Schaden ausgleichen, so werden sie versuchen, nunmehr beim Bauunternehmer im Innenverhältnis Regress zu nehmen. In der Regel erhalten sie dort auch 100%. Denn das überwiegende Verschulden für den Schadensfall liegt meist beim Bauunternehmer. Dieser muss auch dann mängelfrei arbeiten, wenn nicht überwacht wird. Dass diese Verteilung im Innenverhältnis aber nicht immer so ausfallen muss, zeigt eine Entscheidung des OLG Stuttgart, welche den bauüberwachenden Architekten bei besonders schwerwiegenden Aufsichtsfehlern oder bei besonders fehlerträchtigen Bauabschnitten in die Mithaftung nimmt – hier zu 33%.
(OLG Stuttgart Urteil vom 13.02.2006 – 5 U 136/05)

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Fristsetzung zur Mängelbeseitigung

Um Mängelrechte (z. B. Vorschuss, Kostenerstattung) geltend machen zu können, muss der Auftraggeber dem Auftragnehmer zunächst eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen. Innerhalb dieser Frist muss der Auftragnehmer die Mängelbeseitigung abschließen. Eine Frist, mit der Mängelbeseitigung zu beginnen oder eine Erklärung abzugeben, dass man die Mängelbeseitigung durchführt, sieht weder das Gesetz noch die VOB/B vor. Genau das kann aber für den Auftraggeber schwierig werden, vor allem wenn es sich um komplizierte Mängelbeseitigungsmaßnahmen handelt, für die der erforderliche Zeitrahmen nur schwer abzuschätzen ist. Außerdem müsste der vertragstreue Auftraggeber den Ablauf einer langwierigen Frist abwarten, ehe er eine Entscheidung darüber treffen kann, ob er die Mängelbeseitigung durch ein Drittunternehmen ausführen lässt. Das verträgt sich nicht mit seinem Interesse an einer schnellen Mängelbeseitigung. Vor diesem Hintergrund wird immer wieder diskutiert, ob es nicht zulässig sei, eine Frist zur Aufnahme der Mängelbeseitigungsarbeiten zu setzen, nach deren Verstreichen der Auftraggeber sogleich in die Selbstvornahme übergehen könne. Mit dieser wichtigen Frage hat sich der BGH in einem Bauträgerfall befasst und den Grundsatz herausgearbeitet, dass das Gesetz – hier in § 634 BGB a.F. – eine Vornahmefrist, und gerade keine Beginnfrist vorsieht. Der BGH hat somit den alten Grundsatz bestätigt, dass sich die Frist auf die Mängelbeseitigung insgesamt beziehen muss und nicht nur auf den Beginn der Arbeiten. Allerdings hat er unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass in Einzelfällen sehr wohl auch eine Beginnfrist ausreichend sein kann, wenn der erforderliche Zeitbedarf für die Mängelbeseitigung nur schwer abschätzbar ist und dem Auftraggeber ein Zuwarten bis zum Ablauf einer noch zu setzenden Vornahmefrist nicht zuzumuten ist.
( BGH Urteil vom 23.02.2006 – VII ZR 84/05)

VonHagen Döhl

Architekt haftet für fehlerhafte Statik

Der mit der Leistungsphase 8 des § 15 HOAI beauftragte Architekt muss im Rahmen seiner Objektüberwachungspflicht Widersprüche zwischen Statik und Bewehrungsplänen erkennen und diese durch Nachfrage beim Statiker aufklären.
Der vom Bauherrn beauftragte Statiker ist regelmäßig nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn in dessen Vertragsverhältnis mit dem Architekten.
(OLG Schleswig Urteil vom 11.04.2006 – 3 U 78/03)

VonHagen Döhl

Zahlungsfristen von 90 Tagen sind zu lang

Eine Fälligkeitsbestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Auftraggebers, wonach alle Zahlungen innerhalb von 90 Tagen zu erfolgen haben, hält einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, 2 BGB n.F. nicht stand und ist unwirksam.
(OLG Köln 01.02.2006 – 11 W 5/06)

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Was darf/ muss der gerichtlich bestellte Sachverständige tun?

In Bauprozessen müssen zur Klärung von Mängelursachen häufig Konstruktionsöffnungen vorgenommen werden. Ob der gerichtliche Sachverständige diese Öffnungen vornehmen darf, darüber besteht keine Einigkeit. Die einen verlangen eine richterliche Anordnung an den Sachverständigen, die anderen wiederum nicht. Das OLG Hamm entschied, dass die gerichtliche Anweisung an den Sachverständigen, er solle Prüföffnungen schaffen und verschließen, unzulässig sei. Grundsätzlich habe die beweispflichtige Partei für die zur Begutachtung nötige Baufreiheit zu sorgen – also dafür Sorge zu tragen, dass die Untersuchung eines unzugänglichen Bauteils möglich ist. Der gerichtliche Sachverständige dürfe als Helfer des Gerichts nicht mehr als der Richter. Ein von vornherein vollständig fach- und sachkundiger Richter hätte aber wegen des den Zivilprozess bestimmenden Beibringungsgrundsatzes nicht die Befugnis, Konstruktionsöffnungen durchzuführen, und erst recht nicht die Pflicht, sie anschließend zu beseitigen – ganz unabhängig davon, dass solche Maßnahmen ihm auch nicht zumutbar seien.
(OLG Hamm Beschluss vom 18.10.2005 – 26 U 16/04)

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Sachmängelhaftung des Verkäufers, Nacherfüllung

Die Pflicht des Verkäufers zur Nachlieferung nach § 439 BGB umfasst die Lieferung einer mangelfreien und die Rücknahme der mangelhaften Sache. Hatte der Käufer die mangelhafte Sache eingebaut (hier: Fliesen), so ist der Einbau einer mangelfreien Sache nicht Gegenstand der Nacherfüllung. Die vergeblichen Aufwendungen des Käufers für den Einbau der mangelhaften Sache hat der Verkäufer nur unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (§§ 437 Nr. 3, 280 BGB) oder des Aufwendungsersatzes (§§ 437 Nr. 3, 284 BGB) zu erstatten; das setzt allerdings voraus, dass der Verkäufer den Mangel zu vertreten hat.

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Selbständiges Beweisverfahren

Ziel des selbständigen Beweisverfahrens ist neben der Beweissicherung die gütliche und schnelle Einigung. Die Praxis sieht jedoch ganz anders aus. Selbständige Beweisverfahren ziehen sich mitunter über Monate und Jahre hin. Es entstehen Kosten, mit denen der Antragsteller bei Beginn nicht gerechnet hat. Eine wichtige Frage ist dabei, welche Partei eine Kostenvorschusspflicht bei Ergänzungsfragen hat. Die übliche Praxis sieht so aus, dass derjenige, der Fragen beantwortet haben will, dafür auch einen Vorschuss zu zahlen hat. Dieses Praxis stellt das Landgericht Hamburg (Beschluss vom 24.01.2006 – 414 OH 2/04) infrage. Danach trifft den Antragsgegner keine Vorschusspflicht, wenn er zu dem im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens vorgelegten Sachverständigengutachten lediglich Ergänzungsfragen stellt, die keine eigenständigen Beweisanträge darstellen.

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Rücktritt vom Bauvertrag

Ein Bauvertrag ist dadurch gekennzeichnet, dass Baumaterialien mit Grund und Boden dauerhaft verbunden werden. Bei Baumängeln kommt daher eine Rückabwicklung nur äußerst selten in Betracht. Das heißt aber nicht, dass der Rücktritt vom Bauvertrag aufgrund von Mängeln ausgeschlossen ist. Einen solchen Fall hat jetzt das OLG Bremen entschieden. Nachdem es dem Unternehmer trotz dreifacher Fristsetzung nicht gelungen war, die Feuchtigkeitsmängel in dem von ihm errichteten Wintergarten zu beseitigen, erklärte der Bauherr den Rücktritt. Er verlangte nicht nur die Rückzahlung bisheriger Abschlagszahlungen, sondern auch den Rückbau und Abtransport des Wintergartens sowie Wiederherstellung des alten Zustands. Das OLG gab dem Bauherrn in vollem Umfang Recht.
(OLG Bremen, Urteil vom 07.09.2005 – 1 U 32/05)

VonHagen Döhl

Gültigkeit von VOB- Klauseln

Der Bundesverband Verbraucherzentrale hatte den DVA – Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss -, der die VOB, Teil A, Teil B und Teil C erstellt, darauf verklagt, künftig die Empfehlung von 24 Klauseln der VOB/B zu unterlassen. Die Klage wurde vom Landgericht Berlin vollumfänglich abgewiesen. Das Gericht geht davon aus, dass die VOB auch nach der Schuldrechtsreform weiterhin als Ganzes privilegiert sei, weil sie die Interessen von Auftraggebern und Auftragnehmern gleichermaßen verfolge. Das gelte auch in Verbraucherverträgen und stehe im Einklang mit der Klauselrichtlinie 93/13 EWG. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig, wahrscheinlich werden sich die höheren Instanzen mit dieser Frage weiter auseinandersetzen müssen.

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Anpassung der Vertragspreise wegen Stahlpreisexplosion?

Der Auftragnehmer kann sich aufgrund der Stahlpreiserhöhung auf dem Weltmarkt weder auf eine Änderung des Leistungssolls oder andere Anordnungen des Auftraggebers (§ 2 Nr. 5 VOB/B) noch darauf berufen, mit einer nach dem Vertrag nicht vorgesehenen Leistung (§ 2 Nr. 6 VOB/B) beauftragt worden zu sein.
Da auch die Voraussetzungen des § 2 Nr. 7 Abs. 1 Satz 2 VOB/B nicht vorliegen, steht dem Auftragnehmer auch kein Anspruch gegen den Auftraggeber auf Anpassung des Vertragspreises wegen veränderter Verhältnisse zu.
Der Auftragnehmer kann einen Anspruch auf Anpassung der Preise aufgrund der Stahlpreiserhöhung auf dem Weltmarkt nicht auf § 313 Abs. 1 BGB stützen.
(OLG Hamburg Entscheidung vom 28.12.2005 – 14 U 124/05)