Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

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Ärztlicher Bereitschaftsdienst ist im vollen Umfang Arbeitszeit

Bei einem Bereitschaftsdienst, der an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort geleistet wird, handelt es sich in vollem Umfang um Arbeitszeit, auch wenn der Arzt sich in der Zeit, in der er nicht in Anspruch genommen wird, an der Arbeitsstelle ausruhen darf.

Eine Gemeinschaftsrichtlinie steht einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein solcher Bereitschaftsdienst ) mit Ausnahme der Zeiten tatsächlicher Tätigkeit) als Ruhezeit eingestuft wird.

(EUGH Urteil vom 9.9.2003 – C-151/02)

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Ausschlussklausel darf nicht „versteckt“ werden

Vereinbaren die Parteien im Arbeitsvertrag eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis, ist diese in dem vom Arbeitgeber verwendeten Vertrag unter eindeutiger Überschrift, mit besonderen Hinweisen oder unter drucktechnischer Hervorhebung kenntlich zu machen. Sie darf jedenfalls nicht unter falscher bzw. missverständlicher Überschrift (z.B. „Sonstiges/Verschiedenes) eingeordnet werden.
(BHG 29.11.1995 – 5 AZR 44/94, NZA 1996, 702)

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Anhörung des Betriebsrates und Absendung der Kündigung

Hat der Betriebsrat zu der Kündigungsabsicht innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG keine Stellung genommen, so führt es nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn der Arbeitgeber bereits am letzten Tag der Äußerungsfrist bei Dienstschluss das Kündigungsschreiben einem Kurierdienst übergeben und gleichzeitig dafür gesorgt hat, das eine Zustellung erst so spät erfolgt, dass er sie noch verhindern kann, wenn der Betriebsrat wider Erwarten doch zu der Kündigungsabsicht Stellung nimmt.
BetrVG § 102 BGB § 130 Abs. 1
(BAG, Urteil vom 8.4.2003 – 2AZR515/02)

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Betriebsbedingte Kündigungen im öffentlichen Dienst – Stellenwegfall durch Stadtratsbeschluss / Gemeinderatsbeschluss

1. Im öffentlichen Dienst kann die eine betriebsbedingte Kündigung sozial rechtfertigende Organisationsentscheidung darin liegen, dass das zuständige Gremium den Personalbedarf für einen Tätigkeitsbereich so reduziert, dass die Bestimmung der zu kündigenden Arbeitnehmer nur noch eine Frage der sozialen Auswahl ist.2. Diese Entscheidung kann durch Stellenstreichungen in einem Haushaltsplan, durch kw-Vermerke oder auch durch einen Stadtratsbeschluss getroffen werden, in dem die Verwaltung beauftragt wird, in einem bestimmten Bereich den Personalstand zu reduzieren.3. Erschöpft sich die Entscheidung des Arbeitgebers im wesentlichen darin, Personal einzusparen, muss der Arbeitgeber seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit („Dauer“) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist.4. Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, soll einen Missbrauch des Kündigungsrechts ausschließen. Eine rechtswidrige Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals soll vermieden werden. Ausgeschlossen werden soll auch, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen.5. Der Ratsbeschluss einer kleinen Stadtgemeinde, den Personalbedarf für Kindertageseinrichtungen nach dem Bedarfsschlüssel des SäKitaG zu berechnen und dem sich danach ergebenden (reduzierten) Bedarf anzupassen, ist nach diesem Maßstab nicht zu beanstanden, wenn keine Anhaltspunkte für fortbestehenden Beschäftigungsbedarf oder Überforderung des verbliebenen Personals vorliegen.(BAG, Urteil vom 22.5.2003 –2 AZR 326/02)

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Kündigung während der Zeit des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Bescheid, mit dem die gemäß § 9 Abs. 3 MuSchG zuständige Behörde die Kündigung gegenüber einer Frau während der Zeit des mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots für zulässig erklärt, haben keine aufschiebende Wirkung. Der Arbeitgeber ist deshalb nicht gehalten, vor Ausspruch der Kündigung die sofortige Vollziehbarkeit des angegriffenen Verwaltungsakts zu erwirken.
(LAG Hamm, Urteil vom 27.11.2002 – 9 Sa 476/02)

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Fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers ohne vorherige Abmahnung

Die fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers – Taxifahrers – ist auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer über den Taxinotruf die Polizei ruft mit der unzutreffenden Behauptung, er werde von seinem Arbeitgeber, der gerade in das Auto des Arbeitnehmers gestiegen ist, bedroht, nach Eintreffen der Polizei diese Behauptung wiederholt, so dass sein Arbeitgeber vorläufig festgenommen wird und im Anschluss daran über den Taxifunk unter Namensnennung seines Arbeitgebers sich brüstet, er habe „den Chef verhaften“ lassen.
(LAG Bremen, Entscheidung vom 17.7.2003 – 3 Sa 275/02)

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Neuer Mindestlohn am Bau ab 1. September 2003

Ab dem 1.9.2003 gilt gemäß dem TV Mindestlohn vom 4.7.2002 ein neuer Mindestlohn. Bis dahin gelten noch die Mindestlöhne Ost 8,75 EUR und West 10,12 EUR.
Die 3. Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen im Baugewerbe vom 21.8.2002 ist im Bundesgesetzblatt Teil I bekannt gemacht worden und am 1.9.2002 in Kraft getreten. Ihre Geltungsdauer ist bis zum 31.8.2004 befristet, danach betragen die Mindestlöhne im Baugewerbe ab dem 1.9.2002 10,12 € je Stunde in den alten und 8,75 € je Stunde in den neuen Bundesländern. Die Mindestlöhne erhöhen sich ab dem 1.9.2003 auf 10,36 € in den alten und 8,95 € in den neuen Bundesländern. Zusätzlich zu dem bisherigen Mindestlohn wird ab dem 1.9.2003 ein zweiter Mindestlohn für qualifizierte Arbeiter (Fachwerker) eingeführt. Dieser beträgt 12,47 € je Stunde in den alten und 10,01 € je Stunde in den neuen Bundesländern.

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Kündigung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter wegen Betriebsstilllegung ohne Zustimmung des Insolvenzgerichts

Kündigt ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter) die Arbeitsverhältnisse der bei der Gemeinschuldnerin beschäftigten Arbeitnehmer wegen geplanter Betriebsstilllegung, ist die Kündigung unwirksam, wenn die Zustimmung des Insolvenzgerichts zur Betriebsstilllegung (§ 22 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. InsO) nicht im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorliegt
(LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.05.2003 – 10(11)Sa 246/03 – im Anschluss an BAG Urteil vom 29.06.2000 – 8 ABR 44/99 – BAGE 95, 197-210).

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Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Der Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist erschüttert, wenn ein Arbeitnehmer eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse durch sein Nichterscheinen verhindert.
(LAG Hamm 29 01.2003 – 18 Sa 1137/02)

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Außerordentliche Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung

Auch ein nach gewisser Fahrzeit festgestellter Blut-Alkohol-Wert von „nur“ 0,46 Promille kann bei einem Busfahrer, der mit diesem Promille-Wert Personen im öffentlichen Nahverkehr transportiert, die außerordentliche Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung rechtfertigen.
(LAG Nürnberg, Urteil vom 17.12.2002 – 6 Sa 480/01)