Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

BRAK und DAV für einheitliches Arbeitsvertragsrecht

Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) und der Deutsche Anwaltverein (DAV) haben am 06.02.2007 grundsätzlich das von der Bertelsmann-Stiftung initiierte Vorhaben einer Kodifikation des Arbeitsvertragsrechts gemäß dem Diskussionsentwurf eines Arbeitsvertragsgesetzes begrüßt. Das bisherige Fehlen einer derartigen Kodifikation stelle einen schwerwiegenden Mangel des deutschen Rechtssystems dar, der aus Sicht der Anwaltschaft gemäß Art. 30 des Einigungsvertrags vom 31.08.1990 «längst hätte behoben werden müssen».
Der jetzt von der Stiftung vorgelegte Entwurf könnte nach Ansicht der BRAK und des DAV angesichts seiner «Qualität und Ausgewogenheit binnen kurzer Zeit» in geltendes Recht umgesetzt werden. Voraussetzung sei lediglich ein entsprechender Wille der gesetzgebenden Organe. An die Adresse der Verbände der Arbeitnehmer und Arbeitgeber richteten BRAK und DAV den Appell, das Vorhaben weder als Angriff auf vorhandene «Besitzstände» noch als politisches Instrument zu deren Erweiterung zu verstehen. Es sei wichtig, dass Politik und Verbände gemeinsam an einem Strang zögen und sich kompromissbereit zeigten. Nur so könne den Arbeitnehmern und der Wirtschaft «endlich ein modernes, transparentes und verständliches Arbeitsrecht an die Hand gegeben werden».
Die unmittelbar Betroffenen dürften nicht länger auf ein zersplittertes, in viele Einzelgesetze verstreutes und nicht systematisch aufeinander abgestimmtes Normengeflecht verwiesen werden, so die Verbände. Dies sei eines führenden Wirtschafts- und Industriestandortes wie der Bundesrepublik unwürdig. Die Überwindung dieses Zustands bezeichneten BRAK und DAV als einen «sozial- und rechtspolitischen Fortschritt an sich, dem sich niemand, der auf diesem Gebiet Verantwortung trägt, verweigern sollte». Auch die Anwaltschaft werde das Vorhaben unterstützen und konstruktiv begleiten.

VonHagen Döhl

Anrechnung einer tarifvertraglichen Abfindung auf Sozialplanabfindung

Die Betriebsparteien können in einem Sozialplan regeln, dass Abfindungen, die der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrags wegen einer Betriebsänderung zahlt, zur Erfüllung von Sozialplanansprüchen führen.
BAG – 14.11.2006 1 AZR 40/06

VonHagen Döhl

Ungerechtfertigte Bereicherung, Aufrechnung

Nach § 814 BGB kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. Erforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im Zeitpunkt der Leistung. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muss wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet. Er hat aus den ihm bekannten Tatsachen eine im Ergebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung zu ziehen, wobei allerdings eine entsprechende Parallelwertung in der Laiensphäre genügt.
(BAG – 08.11.2006 5 AZR 712/05)

VonHagen Döhl

Dienstreise, Arbeitszeit

Die Wegezeiten (Dauer der Hin- und Rückfahrt) einer Dienstreise gelten nicht als Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG, wenn der Arbeitgeber lediglich die Benutzung eines öffentlichen Verkehrsmittels vorgibt und dem Arbeitnehmer überlassen bleibt, wie er die Zeit nutzt.
(BAG 11.07.2006 9 AZR 519/05)

VonHagen Döhl

Turboprämie“, Klageverzicht als Bedingung für Abfindung

Kollektive Regelungen außerhalb von Sozialplänen, in denen den Arbeitnehmern für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung versprochen wird, die aber dann entfallen soll, wenn der Begünstigte Kündigungsschutzklage erhebt, sind nach Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage führt nur dann zum Erlöschen des Abfindungsanspruchs, wenn für den Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt erkennbar ist, dass er die Wahl zwischen Abfindung und Klageerhebung hat.
(BAG – 03.05.2006 4 AZR 189/05)

VonHagen Döhl

AGB-Kontrolle, Änderungsklausel

Eine vorformulierte Klausel, nach welcher ein Arbeitgeber eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit einem Arbeitnehmer falls erforderlich und nach Abstimmung der beiderseitigen Interessen einseitig zuweisen kann, ist jedenfalls dann als unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 BGB anzusehen, wenn nicht gewährleistet ist, dass die Zuweisung eine mindestens gleichwertige Tätigkeit zum Gegenstand haben muss.
(BAG – 09.05.2006 9 AZR 424/05)

VonHagen Döhl

Unterzeichnung einer Kündigung mit dem Zusatz i.A

Eine mit dem Zusatz i.A. unterschriebene Kündigung ist formunwirksam, weil sie nicht vom Aussteller unterschrieben wurde.Eine Unterschrift mit dem Zusatz i.A. wahrt nicht das Schriftformerfordernis.
(ArbG Hamburg 8.12.2006 27 Ca 21/06)

VonHagen Döhl

BAG: Kein Laufen der Widerspruchsfrist bei mangelhafter Unterrichtung des Arbeitnehmers über Betriebsübergang

Nach § 613a Abs. 5 BGB ist ein Arbeitnehmer vom bisherigen Arbeitgeber oder vom neuen Betriebsinhaber über einen Betriebsübergang zu unterrichten. Dadurch soll ihm eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung des Widerspruchsrechts gegeben werden. Eine Unterrichtung, die den Arbeitnehmer fehlerhaft über die Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Betriebsinhabers über Verpflichtungen gemäß § 613a Abs. 2 BGB informiert, ist laut Bundesarbeitsgericht nicht ordnungsgemäß. Sie löse die einmonatige Frist des Arbeitnehmers, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses gemäß § 613a Abs. 6 BGB zu widersprechen, nicht aus (Urteil vom 14.12.2006, Az.: 8 AZR 763/05).

VonHagen Döhl

Sonderkündigungsschutz nach der Novelle des SGB IX

Die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ist auch dann erforderlich, wenn die Feststellung der Schwerbehinderung nach zunächst erfolglosem Antrag erst im Widerspruchsverfahren oder auf Klage hin rückwirkend auf den
Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt. § 90 Abs. 9 a SGB IX hat auch ab 01.05.2004 nichts an der einschlägigen Rechtsprechung des BAG geändert.
LAG Köln – 16.06.2006 12 Sa 168/06

VonHagen Döhl

BAG: Sozialplan-Tarifvertrag darf Abfindung bei Kündigungsschutzklage ausschließen

Tarifvertragsparteien sind frei, im Rahmen ihrer Tarifzuständigkeit einen Tarifvertrag zu vereinbaren, der die sozialen und wirtschaftlichen Folgen einer Betriebsteilschließung für die davon betroffenen Arbeitnehmer ausgleicht oder mildert. In einem solchen Tarifvertrag ist eine Regelung zulässig, welche die Zahlung einer Abfindung an betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer davon abhängig macht, dass diese gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage erheben, wenn die schriftliche Kündigung einen entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers enthält. Eine solche Regelung verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Maßregelungsverbot aus § 612a BGB, urteilte das Bundesarbeitsgericht am 06.12.2006 (Az.: 4 AZR 798/05).

Bei der beklagten Krankenkasse war ein Geschäftsfeld aufgegeben worden. Dies hatte zu einem Minderbedarf von 256 Arbeitnehmern geführt. Der Personalrat und die Beklagte einigten sich daraufhin in einer Dienstvereinbarung auf einen Sozialplan, der eine Abfindungszahlung für Arbeitnehmer nur dann vorsah, wenn gegen die Kündigung keine Klage erhoben wurde. Wegen Bedenken der Partner der Dienstvereinbarung gegen die Zulässigkeit eines solchen Sozialplans nach dem Landespersonalvertretungsgesetz schloss die Gewerkschaft ver.di mit der Beklagten einen nahezu gleichlautenden Tarifvertrag. Die von der Kündigungswelle betroffene Klägerin erhob zunächst trotz eines Hinweises in der Kündigung auf die tarifvertragliche Bedingung des Abfindungsanspruchs eine Kündigungsschutzklage und erweiterte sie später durch einen Hilfsantrag auf Zahlung einer Abfindung nach dem Tarifvertrag.

In der Berufungsverhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wurde ein Teilvergleich geschlossen, nach dem das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Zeitpunkt geendet hat und die Beklagte sich zur Zahlung einer Abfindung in Höhe der Hälfte der tarifvertraglichen Abfindung verpflichtet hat. Der restliche Abfindungsanspruch blieb offen. Die Klägerin, die nun noch die zweite Hälfte der Abfindung verlangt, unterlag beim Landesarbeitsgericht. Ihre hiergegen gerichtete Revision blieb erfolglos.