Autor-Archiv Hagen Döhl

VonHagen Döhl

Unfallversicherungsschutz für Fußballer

Das SG Trier hatte in seiner Sitzung am 06.07.2016 den unfallversicherungsrechtlichen Status eines Vertragsspielers aus der Region zu prüfen.

Der Kläger war aufgrund eines Arbeitsvertrages entsprechend der Spielordnung des DFB als Vertragsspieler bei dem beigeladenen Fußballverein beschäftigt. Bei einem Punktespiel erlitt er eine (erneute) Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Der beklagte Träger der gesetzlichen Unfallversicherung lehnte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab, weil es an einer dem Versicherungsschutz unterfallenden Tätigkeit fehle. Der Kläger habe nicht in einem erforderlichen Beschäftigungsverhältnis gestanden, denn die bezogene monatliche Vergütung von 250 Euro stehe nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum zeitlichen Aufwand von ca. 35 Stunden im Monat. Angemessen sei für die Beklagte nur eine Vergütung von mindestens 8,50 Euro pro Stunde. Insofern beruhe auch der Mindestlohn auf vergleichbaren Erwägungen. Nach diesen Maßstäben handele es sich nur um einen Unfall im unversicherten Freizeitsport.

Das SG Trier hat die auf Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtete Klage für begründet gehalten. Die beklagte Berufsgenossenschaft hat den Klageanspruch auf Anregung des Vorsitzenden anerkannt, so dass der Rechtsstreit für erledigt erklärt werden konnte.

Nach der Rechtsprechung des BSG komme es auf die Entgelthöhe nicht entscheidend an, so das Sozialgericht. Es bedürfe auch keiner Entscheidung zu der in Bezug auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) vertretenen Auffassung der Bundesregierung und der Sportverbände, wonach Vertragsamateure als "ehrenamtlich Tätige" vom Anwendungsbereich des MiLoG ausgenommen seien, denn in Kenntnis dieser Auffassung hätten der GKV-Spitzenverband, die Deutsche Rentenversicherung Bund und auch die Bundesagentur für Arbeit in einem erneuten Besprechungsergebnis vom 18.11.2015 ihre schon bisher vertretene Auffassung bekräftigt, dass bei Überschreiten der Steuerfreigrenze von 200 Euro monatlich (§ 3 Nr. 26 Satz 1 EStG) von der Ausübung einer sozialversicherungsrechtlich relevanten Beschäftigung auszugehen sei. Mithin habe auch der Kläger im Unfallzeitpunkt eine dem Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr 1 SGB VII unterfallende Tätigkeit ausgeübt.

Im konkreten Fall sei ein Klageerfolg zudem noch unter dem Gesichtspunkt der Formalversicherung gegeben, nachdem die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 21.10.2014 ausdrücklich in den Versicherungsschutz einbezogen habe und diese verbindliche Feststellung erst nach Eintritt des Unfalls (rückwirkend) wieder habe ändern wollen.

Quelle: Pressemitteilung des SG Trier Nr. 02/2016 v. 07.07.2016

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Schadenersatzanspruch bei Zünden eines Knallkörpers während eines Fußballspiels

Ein Fußballzuschauer verletzt seine ihm aus dem Zuschauervertrag gegenüber dem Verein erwachsenen Verhaltenspflichten, wenn er einen Knallkörper zündet und diesen auf die Tribüne wirft. Es ergeben sich Verstöße gegen die Stadienordnung, die über den Hinweis auf der Dauerkarte und den Aushang an den Stadieneingängen auch in den Zuschauervertrag einbezogen worden ist. Allerdings umfasst der Schadenersatzanspruch eines Fußballlizenzspielervereins gegen den Zuschauer nicht eine vom DFB verhängte Geldstrafe, da die einem Fußballzuschauer treffende vertragsähnliche Pflicht, Spielstörungen wie das Zünden von Knallkörpern zu unterlassen, nicht dem Zweck dient, den Verein vor Verhängung einer Verbandsstrafe zu schützen

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Gebrauchtwagenkauf: Standzeit von über zwölf Monaten vor Erstzulassung als Sachmangel?

Der BGH hatte zu entscheiden, ob ein zwei Jahre und vier Monate nach seiner Erstzulassung verkaufter Gebrauchtwagen mangelhaft ist, wenn das Fahrzeug zwischen Herstellung und Erstzulassung eine Standzeit von mehr als zwölf Monaten aufweist.

Der Kläger kaufte im Juni 2012 von der Beklagten, einer Kraftfahrzeughändlerin, einen Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 38.616 km zu einem Preis von 33.430 Euro. Im Kaufvertragsformular war unter der Rubrik "Datum der Erstzulassung lt. Fzg.-Brief" der 18.02.2010 eingetragen. Ein Baujahr wurde nicht genannt. Später erfuhr der Kläger, dass das Fahrzeug bereits am 01.07.2008 hergestellt worden war. Nach Ansicht des Klägers begründet die sich hieraus ergebende Dauer der Standzeit vor Erstzulassung (19 ½ Monate) schon für sich genommen einen Sachmangel des Kraftfahrzeugs. Er ist deshalb vom Kaufvertrag zurückgetreten und verlangt die Rückzahlung des Kaufpreises.
Das Landgericht hat seiner Zahlungsklage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete, vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.

Nach Auffassung des BGH begründet eine Standzeit von über zwölf Monaten vor Erstzulassung bei einem Gebrauchtwagenkauf nicht ohne Weiteres einen Sachmangel.

Die Parteien hätten weder ausdrücklich noch stillschweigend eine Beschaffenheitsvereinbarung über ein bestimmtes Herstellungsdatum oder Baujahr getroffen (§ 433 Abs. 1 Satz 2, § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der bloßen Angabe des Datums der Erstzulassung im Kaufvertrag könne – anders als der Kläger meint – eine solche (stillschweigende) Beschaffenheitsvereinbarung schon deshalb nicht entnommen werden, weil die Beklagte durch den einschränkenden Zusatz "lt. Fzg.-Brief" keine verbindliche Willenserklärung abgegeben, sondern lediglich mitgeteilt habe, aus welcher Quelle sie die entsprechenden Angaben entnommen habe (Wissensmitteilung). Die Beklagte habe damit deutlich gemacht, dass sie weder für die Richtigkeit des Erstzulassungsdatums noch – darüber hinausgehend – für ein bestimmtes Baujahr des Fahrzeugs einstehen wolle.

Die Standzeit von 19 ½ Monaten zwischen Herstellung und Erstzulassung führe auch nicht dazu, dass sich der erworbene Gebrauchtwagen zum Zeitpunkt der Übergabe nicht für die gewöhnliche Verwendung eignete und nicht die übliche, vom Käufer berechtigterweise zu erwartende Beschaffenheit aufwies (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB). Zwar hat der BGH für den Kauf von Neu- oder Jahreswagen bereits entschieden, dass ein Autokäufer in diesen Fällen eine zwölf Monate nicht überschreitende Standzeit vor der Erstzulassung erwarten dürfe. Denn dem durch die Standzeit voranschreitenden Alterungsprozess komme bei neuen Fahrzeugen oder zumindest "jungen Gebrauchtwagen" besonderes wirtschaftliches Gewicht zu. Vergleichbare allgemein gültige Aussagen ließen sich bei sonstigen Gebrauchtwagen jedoch nicht treffen. Welche Standzeiten bei solchen Fahrzeugen üblich seien und ein Käufer – ohne zusätzliche Verkäuferangaben – erwarten dürfe, hänge vielmehr von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, wie etwa der Dauer der Zulassung zum Verkehr und der Laufleistung des Fahrzeugs, der Anzahl der Vorbesitzer und der Art der Vorbenutzung. Wenn das erworbene Gebrauchtfahrzeug – wie hier – zum Zeitpunkt des Verkaufs bereits längere Zeit zum Straßenverkehr zugelassen war und durch eine relativ hohe Laufleistung eine nicht unerhebliche Abnutzung des Fahrzeugs eingetreten sei, verlören – wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen habe – eine vor der Erstzulassung eingetretene Standzeit und der hierauf entfallende Alterungsprozess zunehmend an Bedeutung. Dass konkrete standzeitbedingte Mängel aufgetreten seien, habe der Kläger nicht geltend gemacht. Der Kaufvertrag sei daher nicht rückabzuwickeln.

(BGH 29.06.2016  VIII ZR 191/15)

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Nachweispflicht bei Auszahlung eines Arbeitszeitguthabens

Ein Arbeitszeitkonto hält fest, in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer seine Hauptleistungspflicht nach § 611 Abs. 1 BGB erbracht hat oder aufgrund eines Entgeltfortzahlungstatbestandes nicht erbringen musste und deshalb Vergütung beanspruchen kann, bzw. in welchem Umfang er noch Arbeitsleistung für die vereinbarte Vergütung erbringen muss. Begehrt der Arbeitnehmer die Abgeltung eines Zeitguthabens, macht er den Vergütungsanspruch für vorgeleistete Arbeit geltend. Da dieses Zeitguthaben nur in anderer Form den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers ausdrückt, genügt für die Schlüssigkeit einer Klage, die auf Ausgleich des Guthabens auf einem Arbeitszeitkonto gerichtet ist, dass der Kläger die Vereinbarung eines Arbeitszeitkontos und das Bestehen eines Guthabens auf diesem zum vereinbarten Auszahlungszeitpunkt darlegt.

(BAG, Urteil vom 23.09.2015 – 5 AZR 767/13)

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Alleinhaftung eines Radfahrers bei verkehrswidrigem Verlassen des Radwegs

Bei Verlassen des durch eine durchgehend weiße Linie von der Fahrbahn abgeteilten Radwegs in Richtung Fahrbahn sind die erhöhten Sorgfaltspflichten des Ein- und Ausfahren (§ 10 Satz 1 StVO) zu beachten. Das für Fahrradfahrer verkehrswidrige Überqueren dieser Linie unter Missachtung der übrigen Sorgfaltspflichten, um unmittelbar anschließend unter Missachtung der Abbiegepflichten zwecks Linksabbiegens zur Straßenmitte zu lenken, rechtfertigt die Alleinhaftung des Radfahrers im Falle der Kollision mit dem nachfolgenden Verkehr.

Hervorzuheben ist, dass allein die Tatsache, dass ein Verkehrsteilnehmer weiße Haare hat, nicht die erhöhte Sorgfaltspflicht nach § 3 Abs. 2a StVO auslöst. Es muss also nicht ausdrücklich gebremst werden, wenn ein älterer Verkehrsteilnehmer erblickt wird, soweit nicht die Gefahr für verkehrswidriges Verhalten voraussehbar ist. Auf einem breiten und abgetrennten Radweg, der parallel zu einer Straße verläuft, muss mit schräg querenden Radfahrern – gleich welchen Alters – nicht gerechnet werden.

(OLG Hamm, Beschluss vom 09.02.2016 – 9 U 125/15)

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Gesetzlicher Mindestlohn für Bereitschaftszeiten

Das BAG hat entschieden, dass die Erbringung von Bereitschaftszeiten grundsätzlich eine mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeitsleistung ist.

(BAG 29.06.2016  5 AZR 716/15)

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Schadenersatzanspruch wegen unterlassener Zielvereinbarung (Bonuszahlung)

Ist der Arbeitgeber arbeitsvertraglich verpflichtet, einen Bonusplan mit Zielvorgaben zu erstellen, so vereitelt er schuldhaft zusätzliche Verdienstmöglichkeiten des Arbeitnehmers, wenn er dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Der Arbeitgeber kann bei einer nicht abgeschlossenen Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode aufgrund der Verletzung der vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet sein, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Bonuszahlung Schadenersatz zu leisten. Hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus bei der abstrakten Schadensberechnung Grundlage für die Mitteilung des dem Arbeitnehmer zu ersetzenden Schadens.

(LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.12.2015 – 8 Sa 201/15).

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Vermieter darf Wohnung alle fünf Jahre besichtigen

Das AG München hat entschieden, dass der Vermieter das Recht hat, die vermietete Wohnung zu besichtigen, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein drohender Schaden eintreten kann, spätestens jedoch alle fünf Jahre.

(AG München 10.06.2016  461 C 19626/15)

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Verjährung von Mängelansprüchen bei Auf-Dach-Photovoltaikanlagen

Der BGH hat entschieden, dass bei einer auf dem Dach einer Tennishalle nachträglich errichteten Photovoltaikanlage, die mit der Halle fest verbunden ist, die lange Verjährungsfrist für Nacherfüllungsansprüche von fünf Jahren Anwendung findet.
(BGH 2.06.2016  VII ZR 348/13)

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Auftrag von einem Ehegatten erteilt: Wird der andere Ehegatte auch Vertragspartner?

Die Frage, ob in den Fällen, in denen bei einem Bauvorhaben nur einer der Ehegatten den Auftrag erteilt, der andere Ehegatte mitverpflichtet ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Für eine Auftragserteilung auch im Namen und in Vollmacht des anderen Ehegatten spricht es, wenn der den Auftrag erteilende Ehegatte den Wunsch äußert, der Schriftverkehr und die Rechnungslegung solle an die Eheleute erfolgen. Das hat das OLG Celle entschieden. Der BGH hat eine eingelegt Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.
OLG Celle, Urteil vom 23.09.2013 – 13 U 94/11; BGH, Beschluss vom 28.01.2016 – VII ZR 287/13