Autor-Archiv Hagen Döhl

VonHagen Döhl

Künstlerische Gestaltungsfreiheit vs. Vorgaben des Auftraggebers bei Erstellung eines Videoclips

Das LG Köln hat entschieden, dass ein Parodist, der für einen Auftraggeber einen Videoclip gestalten soll, die vereinbarte Vergütung nicht verlangen kann, wenn er sich nicht an die gewünschten Vorgaben seines Auftraggebers hält, sondern den Clip künstlerisch frei gestaltet.Der Kläger ist Inhaber einer Firma, die Künstler aus den Bereichen Musik, Kabarett, Comedy und Entertainment betreut. Die Beklagte beauftragte ihn im Jahr 2016 anlässlich ihres 50-jährigen Firmenjubiläums mit der Erstellung eines ca. vier bis sechsminütigen "VIP-Clips", in dem ein vom Kläger betreuter bekannter Parodist in verschiedenen Rollen auftreten sollte. Hierfür war sie bereit, einen Betrag von 5.350 Euro aufzuwenden. Ausweislich der Auftragsbestätigung sollte im Vorfeld ein telefonisches Briefing über den Inhalt es Clips erfolgen. Die Beklagte hatte dabei eine sehr genaue Vorstellung von dem Clip: der Parodist sollte entsprechend einer Video-Vorlage eines Radio-Senders sechs bis zehn ausgewählten Prominente in einer bestimmten Reihenfolge darstellen. Dabei sollten auf keinen Fall tote Prominente im Video auftreten. Als die Beklagte das fertige Video dann sah, entsprach dies allerdings überhaupt nicht ihren Vorstellungen. Die Reihenfolge der ersten drei Prominenten war nicht eingehalten, nicht auf ihrer Wunschliste stehende Prominente und sogar eine bereits seit 12 Jahren tote Schauspielerin traten auf. Sie beschwerte sich beim Kläger, der wiederum die Aufregung nicht verstand. Denn nach seiner Ansicht entsprach das Video den Bedingungen aus der Auftragsbestätigung. Weitere – insbesondere telefonisch abgesprochene – Vorgaben habe es nicht gegeben. Nachdem die Beklagte sich weigerte, die vereinbarte Vergütung für den Clip zu zahlen, machte der Kläger diese vor dem LG Köln geltend.Das LG Köln hat die Klage abgewiesen.Zur Klärung der Frage, was zwischen der Beklagten und dem Künstler abgesprochen war, hat das Landgericht den Künstler und eine Mitarbeiterin der Beklagten vernommen. Nach der Vernehmung sah es die Vorgaben der Beklagten als bestätigt an. Während die Mitarbeiterin der Beklagten genau schilderte, welche Rahmenbedingungen sie gegenüber dem Parodisten vorgegeben hatte, konnte der Künstler überhaupt keine Angaben mehr zum Inhalt des telefonischen Briefings machen. Er habe vielmehr nach seiner Routine gehandelt, was auch ein gewisses Vertrauen der Kunden erfordere. Er zeigte sich persönlich betroffen, dass sein Werk der Beklagten nicht gefallen habe.Trotz Betroffenheit und künstlerischer Gestaltungsfreiheit musste das Landgericht nach diesem Ergebnis die Klage abweisen, da das Werk des Klägers bzw. seines Künstlers nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte. Nachdem die Beklagte eine Abnahme verweigerte, kann der Kläger keine Vergütung für den Clip verlangen.Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des LG Köln Nr. 3/2018 v. 29.03.2018  (LG Köln  27 O 291/16)

 

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Schiedsrichtervertrag kein Arbeitsvertrag

Das LArbG Frankfurt hat entschieden, dass die Vereinbarung zwischen einem Schiedsrichter und dem DFB e.V. über Einsätze für eine Spielzeit kein Arbeitsvertrag ist.
(Hessisches Landesarbeitsgericht 9 Sa 1399/16)

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Rufbereitschaft zu Hause als Arbeitszeit

Der EuGH hat entschieden, dass die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringt und während deren er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb kurzer Zeit Folge zu leisten, als Arbeitszeit anzusehen ist.
Die Verpflichtung, persönlich an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort anwesend zu sein, sowie die Vorgabe, sich innerhalb kurzer Zeit am Arbeitsplatz einzufinden, schränkten die Möglichkeiten eines Arbeitnehmers erheblich ein, sich anderen Tätigkeiten zu widmen, so der EuGH.
(EuGH 21.02.2018  C-518/15)

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Vorbeschäftigungsverbot bei Befristung des Arbeitsverhältnisses ohne zeitliche Grenze?

§ 14 Abs. 2 Satz 2 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) bestimmt, dass die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund unzulässig ist, wenn mit dem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis befristet wird, bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Der Gesetzestext macht keinen Unterschied dabei, ob ein solches Arbeitsverhältnis nur in der jüngeren Vergangenheit nicht bestanden haben darf oder, ob auch lange zurückliegende Arbeitsverhältnisse schädlich für die Wirksamkeit der Befristung sind.

Das führte gerade in größeren Unternehmen bei Befristungen zu Wirksamkeitsproblemen, wenn nicht mehr nachprüfbar war, ob eventuell vor vielen Jahren bereits einmal ein Arbeitsverhältnis mit dem betreffenden Mitarbeiter bestand.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mit Urteil vom 21.09.2011 (7 AZR 375/10) entschieden, dass nur solche Arbeitsverhältnisse für die neue Befristung schädlich seien, die innerhalb der letzten 3 Jahre vor der neuen Befristung bestanden haben. Das Urteil  war unter Juristen deshalb umstritten, weil die gesetzliche Regelung eine solche Grenze nicht vorsieht.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern hat sich nun mit einem Urteil vom 17.10.2017 (5 Sa 256/16) gegen die Entscheidung des BAG gestellt und entschieden, dass das Vorbeschäftigungsverbot für sachgrundlose Befristungen ohne zeitliche Grenze gelte.

Die Folge war im entschiedenen Fall, dass die strittige Befristung des Arbeitsverhältnisses unwirksam war und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.

Es ist durchaus eher selten, dass ein Landesarbeitsgericht eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes nicht akzeptiert. Tatsächlich sind die unterinstanzlichen Fachgerichte nicht an die Entscheidungen der Obergerichte gebunden.

Der Fall zeigt zudem, dass man sich auch mit einer Entscheidung eines obersten Gerichtes des Rechtsweges nie ganz sicher sein kann, dass ein anderes Gericht nicht abweichend entscheidet.

Ach das LAG gab dem Arbeitgeber keinen Vertrauensschutz, weil es sich bei der diesbezüglichen Entscheidung des BAG noch nicht um eine langjährige, gefestigte Rechtsprechung gehandelt habe.

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Angabe einer nicht existierenden Person im Anhörungsbogen: Freispruch des Verkehrsteilnehmers

Das OLG Stuttgart hat den Freispruch eines Verkehrsteilnehmers bestätigt, der im Bußgeldverfahren eine nicht existierende Person in den Anhörungsbogen eintragen ließ, um so insbesondere dem Fahrverbot zu entgehen.

Das OLG Stuttgart hatte über eine Revision der Staatsanwaltschaft Tübingen zu entscheiden, die sich gegen einen Freispruch eines Angeklagten durch das LG Tübingen richtete. Der Angeklagte hatte nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen in einem gegen ihn gerichteten Bußgeldverfahren wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit einen Dritten veranlasst, eine nicht existierende Person als vermeintlichen Fahrzeuglenker anzugeben. Dadurch erreichte er, dass die Bußgeldbehörde innerhalb der Verjährungsfrist gegen ihn kein Bußgeld verhängte und kein Fahrverbot anordnete.
Nachdem das AG Reutlingen den Angeklagten in erster Instanz wegen falscher Verdächtigung verurteilt hatte, hat das LG Tübingen den Angeklagten in der Berufungsinstanz aus rechtlichen Gründen freigesprochen. Es hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Der Angeklagte war im Juni 2015 mit einem PKW auf der B 27 in Richtung Tübingen gefahren. Es wurde ihm vorgeworfen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 58 km/h überschritten. Für diese Verkehrsordnungswidrigkeit ist eine Regelgeldbuße von 480 Euro und ein Regelfahrverbot von einem Monat vorgesehen. Das für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit zuständige Landratsamt sandte dem Angeklagten einen Anhörungsbogen zu. Der Angeklagte wollte verhindern, wegen der Ordnungswidrigkeit belangt zu werden. Er wandte sich deshalb an eine unbekannt gebliebene Person, die auf einer Internetseite damit warb: "Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie". Gemäß der mit dieser Person getroffenen Absprache ließ der Angeklagte ihr per E-Mail das Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde zukommen und überwies ihr im Gegenzug 1.000 Euro auf ein Schweizer Bankkonto. Im weiteren Verlauf füllte eine andere Person als der Angeklagte den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gab den Verstoß zu und erklärte, sie sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrer, wobei sie den Namen einer tatsächlich nicht existenten Person unter einer Karlsruher Adresse angab. Daraufhin erließ das Landratsamt gegen die in Wirklichkeit nicht existierende Person einen Bußgeldbescheid und stellte zugleich das Verfahren gegen den Angeklagten ein. Bis das Landratsamt von der Polizei in Karlsruhe erfuhr, dass es eine Person mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gibt, war bereits Verfolgungsverjährung hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit eingetreten, so dass er deshalb endgültig nicht mehr belangt werden konnte.

Die gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft Tübingen hatte keinen Erfolg. Das OLG Stuttgart hat den Freispruch bestätigt, weil das festgestellte Verhalten des Angeklagten keinen Straftatbestand erfüllt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat sich der Angeklagte nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen nicht wegen falscher Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 2 StGB strafbar gemacht. Er habe diesen Tatbestand deshalb nicht verwirklicht, weil er die falsche Behauptung nicht in Bezug auf eine andere tatsächlich existierende Person aufgestellt hat. "Ein anderer", wie ihn § 164 Abs. 2 StGB voraussetzt – so das Oberlandesgericht bei einer Auslegung nach Wortsinn, Systematik, Zweck des Gesetzes und Historie – müsse eine tatsächlich existierende Person sein. § 164 StGB schütze neben der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege im weiteren Sinne vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme auch den Einzelnen vor ungerechtfertigten Verfahren und anderen Maßnahmen irregeführter Behörden. Grenze richterlicher Auslegung zu Ungunsten des Täters sei allerdings wegen des grundgesetzlich verankerten Analogieverbots der mögliche Wortsinn der Norm. Auch die historische Auslegung der Norm ergebe, dass der Gesetzgeber in § 164 StGB nur die falsche Verdächtigung einer bestimmten existierenden Person unter Strafe stellen wollte; gerade deswegen wurde § 145d StGB (Vortäuschen einer Straftat) als eine bewusste Reaktion des Normgebers auf die "Strafbarkeitslücke" des § 164 StGB ausdrücklich auch in Bezug auf das Verdächtigen einer nicht existenten oder nicht bestimmbaren Person geschaffen, aber eben nur hinsichtlich einer Straftat und nicht wie hier bezüglich einer Ordnungswidrigkeit.

Das Oberlandesgericht hat schließlich noch überprüft, ob der Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen andere Straftatbestände verwirklicht hat, dies im Ergebnis allerdings verneint. Es kamen weder eine Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB noch eine Beteiligung an einem Vortäuschen einer Straftat (§ 145d Abs. 2 StGB) oder an einer Strafvereitelung (§ 258 Abs. 1 StGB) in Betracht. Der Angeklagte habe sich auch nicht wegen versuchter mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1, 4, §§ 22, 23 StGB strafbar gemacht, indem er eine falsche Eintragung der Ordnungswidrigkeit im Fahreignungsregister herbeiführen wollte, denn das vom Kraftfahrt-Bundesamt geführte Fahreignungsregister sei kein öffentliches Register im Sinne der Norm. Der Angeklagte sei schließlich auch nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit der Beteiligung an einer vorsätzlichen falschen Namensangabe nach § 111 Abs. 1, § 14 OWiG zu belangen gewesen. Insoweit sei jedenfalls das von Amts wegen auch im Revisionsverfahren zu berücksichtigende Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 OWiG eingetreten gewesen.

Dass solche Manipulationen im Bußgeldverfahren oftmals nicht geahndet werden könnten und dadurch letztlich die Verkehrssicherheit leide, könne nur der Gesetzgeber ändern, indem er eine entsprechende Straf- oder Bußgeldvorschrift schaffe, so das Oberlandesgericht.

Vorinstanz
LG Tübingen, Urt. v. 10.07.2017 – 24 Ns 24 Js 23198/16

Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 20.02.2018

 

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Kündigung des Arbeitsverhältnisses bei Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren gerechtfertigt

Das LArbG Frankfurt hat entschieden, dass ein Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis mit einem Arbeitnehmer kündigen kann, der eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen hat und dessen vorzeitige Entlassung nicht sicher erwartet werden kann.
Hessisches Landesarbeitsgericht 08.02.2018  –  8 Sa 146/17

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Keine Bindung des Arbeitnehmers an eine unbillige Weisung des Arbeitsgebers

An der Auffassung nach der sich ein Arbeitnehmer über eine unbillige Ausübung des Weisungsrechtes – sofern sie nicht aus anderen Gründen unwirksam ist – nicht hinwegsetzen darf, sondern entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB die Gerichte für Arbeitssachen anrufen muss, wird nicht mehr festgehalten (Insofern weicht das Gericht  vom BAG-Urteil vom 22.02.2012 – 5 AZR 249/11 ab). Der Arbeitnehmer muss im Anwendungsbereich des § 106 Gewerbeordnung eine unbillige Ausübung des Weisungsrechtes durch den Arbeitgeber nicht befolgen, auch wenn keine dementsprechende rechtskräftige Entscheidung der Gerichte für Arbeitssachen vorliegt.

(BAG-Beschluss vom 14.09.2017 – 5 AS 7/17)

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Eigenmächtige Räumung einer Mietwohnung durch Vermieter unzulässig

Das AG München hat entschieden, dass ein Mieter, dem seine Wohnung durch verbotene Eigenmacht des Vermieters entzogen worden ist, sich sofort nach der Entziehung wieder den Besitz an der Wohnung verschaffen darf.
(AG München    461 C 9942/17)

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Unvollständige oder unklare Baubeschreibung

Soweit die Baubeschreibung unvollständig und unklar ist, ist der Bauwerksvertrag nach § 650k Abs. 2 Satz 1 BGB unter Berücksichtigung sämtlicher Vertragsbeginn leitender Umstände – insbesondere des Komfort- und Qualitätsstandards nach der übrigen Leistungsbeschreibung – auszulegen (ergänzende Vertragsauslegung). Zweifel bei der Auslegung des Vertrags bezüglich der vom Unternehmer geschuldeten Leistung gehen zu dessen Lasten (§ 650k Abs. 2 Satz 2 BGB – Unklarheitsregelung).
(ZAP 2/2018, Fach 5 Seite 258 – Bauvertragsrecht)
 

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Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten

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