Keine Annahme für geschäftliche Nutzung eines Autos durch selbständigen Ehepartner

VonHagen Döhl

Keine Annahme für geschäftliche Nutzung eines Autos durch selbständigen Ehepartner

Eine Rundfunkanstalt darf sich zur Begründung der Gebührenpflicht für ein im privaten Kraftfahrzeug des Ehemanns eingebautes weiteres Radio (Zweitgerät) nicht ausschließlich auf die Annahme stützen, es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass dieses Fahrzeug regelmäßig auch für den Betrieb der selbständig tätigen Ehefrau «geschäftlich» benutzt werde. Mit dieser Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einen Gebührenbescheid des Südwestrundfunks aufgehoben.

Sachverhalt

Der Kläger war vom Beklagten zu Rundfunkgebühren für sein im privaten Kraftfahrzeug eingebautes Radio herangezogen worden. Bei dem Radio handelte es sich um ein Zweitgerät. Der Beklagte ging davon aus, dass das Fahrzeug auch im Rahmen des Friseurbetriebs der Ehefrau, die selbst kein Kraftfahrzeug besitzt, eingesetzt werde und mithin auch der gewerblichen Nutzung diene. Der Kläger bestritt dies. Wer bereits ein Radio bei der Gebührenzentrale angemeldet hat, muss grundsätzlich für ein Zweitgerät in seinem Auto keine zusätzlichen Gebühren zahlen. Die Gebührenfreiheit entfällt, wenn das Kraftfahrzeug zu gewerblichen Zwecken oder zu einer anderen selbständigen Tätigkeit des Rundfunkteilnehmers oder eines Dritten genutzt wird.
Der VGH sah für diese Annahme keine ausreichenden Anhaltspunkte. Für ein Entfallen der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte in Kraftfahrzeugen komme es auf eine tatsächliche geschäftliche Nutzung des Radios an. Bei der Sachverhaltsermittlung könne sich die Behörde zwar grundsätzlich auch von typischen Lebenssachverhalten und allgemeinen Erfahrungssätzen leiten lassen. Werde jedoch zur Begründung eines Erfahrungssatzes auf die enge Beziehung zwischen den betroffenen Eheleuten abgestellt und mithin die Ehe als «anspruchsbegründender» Umstand herangezogen, so widerspreche dies Art. 6 Abs. 1 GG. Dieses Grundrecht verbiete es, Verheiratete allein wegen ihrer Ehe zu benachteiligen. Zudem schließe auch nicht jede «Gefälligkeitsfahrt» eines Dritten für einen Gewerbetreibenden die Gebührenfreiheit für ein dabei mitgeführtes Zweitgerät aus. Ob der Kläger sein Fahrzeug tatsächlich «geschäftlich» für den Betrieb seiner Ehefrau eingesetzt habe, müsse vom Beklagten nachgewiesen werden.
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az.: 2 S 257/04)

Über den Autor

Hagen Döhl administrator

Schreibe eine Antwort