Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

Neue „Düsseldorfer Tabelle“ ab Januar 2016

Trennungskinder haben in Zukunft Anspruch auf mehr Unterhalt. Wie das Oberlandesgericht Düsseldorf am 10.12.2015 mitteilte, wird die "Düsseldorfer Tabelle" entsprechend geändert. Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder beträgt danach ab dem 01.01.2016 bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres (1. Altersstufe) 335 Euro statt bisher 328 Euro, für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahres (2. Altersstufe) 384 Euro statt bisher 376 Euro und für die Zeit vom 13. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit (3. Altersstufe) 450 Euro statt bisher 440 Euro monatlich.

Die Erhöhung der Bedarfssätze unterhaltsberechtigter Kinder, die zuletzt zum 01.08.2015 geändert worden sind, beruht auf der Verordnung zur Festlegung des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder nach § 1612a BGB (Mindestunterhaltsverordnung). Der Unterhalt nach der ersten Einkommensgruppe der "Düsseldorfer Tabelle" entspricht dem in der Mindestunterhaltsverordnung festgesetzten Mindestunterhalt. Die Unterhaltssätze der höheren Einkommensgruppen bauen hierauf auf. Ab dem 01.01.2017 steigt der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder gemäß § 1 der Mindestunterhaltsverordnung in der ersten Altersstufe auf 342 Euro, in der zweiten Altersstufe auf 393 Euro und in der dritten Altersstufe auf 460 Euro. Dies werde zu einer erneuten Änderung der "Düsseldorfer Tabelle" führen, heißt es in der Mitteilung des OLG.

Zum 01.01.2016 wird auch der Bedarfssatz eines studierenden volljährigen Kindes, das nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, angehoben. Er beträgt künftig 735 Euro, darin enthalten ist ein Wohnkostenanteil von 300 Euro. Der bisherige Bedarfssatz von 670 Euro war seit dem 01.01.2011 unverändert geblieben. Der Betrag von 735 Euro orientiert sich an dem Höchstsatz nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, der im Herbst 2016 gleichfalls auf 735 Euro steigen soll.

Der Mindestunterhalt wurde durch die Unterhaltsreform vom 01.01.2008 als zentrale Bezugsgröße für den Unterhalt minderjähriger Kinder geschaffen. Er richtet sich bis zum 31.12.2015 nach dem steuerlichen Kinderfreibetrag, der seinerseits an dem steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder ausgerichtet ist. Diese Anknüpfung an den steuerlichen Kinderfreibetrag ist mit Wirkung ab dem 01.01. 2016 durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts sowie zur Änderung der Zivilprozessordnung und kostenrechtlicher Vorschriften vom 20.11.2015 aufgehoben worden. Nunmehr richtet sich der Mindestunterhalt unmittelbar nach dem Existenzminimum des minderjährigen Kindes. Der konkrete Betrag des Mindestunterhalts wird erstmals zum 01.01.2016 und dann alle zwei Jahre durch Rechtsverordnung festgelegt.

VonHagen Döhl

Wichtige Neuerungen hinsichtlich des Kindergeldbezuges ab 01.01.2016

Für den Bezug von staatlichem Kindergeld muss ab dem 01.01.2016 die Steuer-Identifikationsnummer der Familienkasse bekannt gegeben werden. Dies ist eine zusätzliche gesetzliche Voraussetzung für den Bezug des Kindergeldes. Das bedeutet, dass der Familienkasse sowohl die eigene als auch die Steuernummer des Kindes schriftlich gemeldet werden muss, unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes.

VonHagen Döhl

Bezugsberechtigter Ehegatte nach der Ehescheidung hinsichtlich einer Lebensversicherung des Verstorbenen/ Erblassers

Der Erblasser und Versicherungsnehmer gab in seiner Lebensversicherung als Bezugsberechtigten nach seinem Ableben den verwitweten Ehegatten an. Nach der aktuellen Entscheidung des BGH gilt als Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung nach dem Ableben des Erblassers derjenige Ehegatte, der mit dem Versicherungsnehmer zum Zeitpunkt der Angabe des Bezugsrechts in der Versicherungsurkunde verheiratet war. Dies gilt auch dann, wenn diese Ehe zu einer späteren Zeit geschieden wurde und der Versicherungsnehmer inzwischen erneut geheiratet hat.

(vgl. BGH, Urteil vom 22.07.2015, IV ZR 437/14)

 

VonHagen Döhl

Folgen der einseitige Aufkündigung des Wechselmodells hinsichtlich der elterlichen Sorge

Die getrennt lebenden Eltern des minderjährigen Kindes vereinbarten zunächst das Wechselmodell. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde dieses Wechselmodell von der Kindesmutter aufgekündigt und sie ließ danach nur gezwungenermaßen den Umgang des Kindes mit dem Kindesvater zu.

Beide Elternteile beantragten jeweils das Aufenthaltsbestimmungsrecht durch einstweilige Anordnung auf sich  zu übertragen.

Dem Antrag des Kindesvaters wurde hier stattgegeben, da es für das Gericht entscheidend war, dass der Kindesvater dem Kind eher beide Elternteile erhält.

(vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 24.06.2015, 13 UF 319/15)

VonHagen Döhl

Änderungen im Unterhalts- und Unterhaltsverfahrensrecht

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts und des Unterhaltsverfahrensrechts vorgelegt.
Ausweislich der Gesetzesbegründung bündelt der Entwurf im Wesentlichen drei Vorhaben zur Änderung von Gesetzen und Rechtsverordnungen auf dem Gebiet des Unterhalts- und des Unterhaltsverfahrensrechts. Dazu zählen zum einen die Regelungen zur Bestimmung des Mindestunterhalts. Mit der Unterhaltsrechtsreform vom 1. Januar 2008 wurde der Mindestunterhalt als zentrale Bezugsgröße für den Unterhalt minderjähriger Kinder eingeführt. Die Höhe des Mindestunterhalts bestimmt sich nach dem einkommensteuerrechtlichen Existenzminimum. Konkret knüpft der Mindestunterhalt gemäß § 1612a Absatz 1 Satz 2 BGB allerdings an den steuerlichen Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) an, der seinerseits an den steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimum minderjähriger Kinder ausgerichtet ist. Nach Angaben der Bundesregierung hat die rechtstechnische Anknüpfung an den Kinderfreibetrag jedoch in der Zwischenzeit zu Divergenzen geführt. Der Gesetzentwurf sieht daher vor, den Mindestunterhalt nicht länger vom steuerrechtlich geprägten Kinderfreibetrag abhängig zu machen, sondern als Bezugsgröße unmittelbar auf das steuerfrei zu stellende sächliche Existenzminimum minderjähriger Kinder abzustellen. Hierdurch sollen in der Zukunft weitere Abweichungen vermieden werden. Die Bundesregierung schlägt daher vor, § 1612a Abs. 1 BGB dahingehend zu ändern, dass für die Bemessung der Höhe des Mindestunterhalts das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zuständig ist, das eine entsprechende Rechtsverordnung hierzu erlässt, ausgehend vom jeweils letzten Existenzminimumbericht der Bundesregierung.

Nach Angaben der Bundesregierung hat sich die Einführung des vereinfachten Unterhaltsverfahrens bewährt. Allerdings besteht „struktureller und praktischer Änderungsbedarf“. In der Praxis werde das vereinfachte Unterhaltsverfahren vor allem von den örtlichen Jugend- bzw. Sozialbehörden im Rahmen der Beistandschaft für das Kind oder im Wege des Unterhaltsregresses beantragt. Ursprünglich war vorgesehen, dass dieses Verfahren vor allem von den gesetzlichen Vertretern minderjähriger Kinder wahrgenommen wird. Durch die überwiegende Beantragung durch Behörden sind die verfahrensrechtlichen Positionen der Beteiligten, so die Bundesregierung (Behörde als Antragsteller und Naturalbeteiligter als Antragsgegner) nicht mehr ausgewogen. Die behördlichen Antragsteller unterliegen nicht dem Formularzwang. Antragsgegner müssten gegen das durch Rechtsverordnung vorgegebene Einwendungsformular verwenden, mit der Folge, dass nicht formularmäßig erhobene Einwendungen unzulässig sind. Dieses Formular könne jedoch schlechterdings ohne entsprechende Rechtskenntnisse nicht ausgefüllt werden. Außerdem sei das Formular sehr kleinteilig und schwer verständlich. Insgesamt soll daher das vereinfachte Unterhaltsverfahren den Bedürfnissen der Praxis besser entsprechen und grundsätzlich reformiert werden, um es auf die typischen Fälle seiner Anwendung auszurichten.

VonHagen Döhl

Auskunft über Schenkungen im Erbfall

Der Pflichtteilsberechtigte hat gegenüber dem Erben sowohl einen Anspruch auf Auskunft über den Bestand des Nachlasses als auch über Schenkungen, die der Erblasser zu seinen Lebzeiten tätigte.

Voraussetzung für den letztgenannten Auskunftsanspruch hinsichtlich der Schenkungen ist jedoch nicht, dass das Vorliegen einer Schenkung feststeht. Es genügt, wenn ausreichende Anhaltspunkte für möglicherweise pflichtteilsrelevante Vorgänge vorliegen, d.h. Anhaltspunkte für unentgeltliche Zuwendungen durch den Erblasser.

(vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.12.2014, 8 O 187/13)

VonHagen Döhl

Anspruch auf notarielles Nachlassverzeichnis

Der Pflichtteilsberechtigte hat gegenüber dem Erben einen Anspruch auf Auskunftserteilung gemäß § 2314 BGB.
Nach dieser Vorschrift kann der Pflichtteilsberechtigte auch verlangen, dass das Nachlassverzeichnis durch einen Notar aufgenommen wird. Sofern der Notar jedoch von den Erben nicht mit der eigenen Ermittlung des Nachlasses beauftragt wird, sondern lediglich die Eigenerklärungen der Erben beurkundet, stellt dies nicht das nach § 2314 BGB geschuldete notarielle Nachlassverzeichnis dar und dieser Auskunftsanspruch des pflichtteilsberechtigten wäre damit nicht erfüllt.

(Landgericht Kleve, Teilurteil vom 09.01.2015, 3 O 280/14)

VonHagen Döhl

Regelung des Umgangs zwischen Vater und Kind unter Berücksichtigung einer erheblichen Entfernung zwischen den Wohnorten der Eltern

Ein Wechselmodell dahingehend, dass sich das Kind abwechselnd zu gleich langen Zeiten beim Vater und bei der Mutter aufhält, darf im Rahmen eines Umgangsverfahrens grundsätzlich nicht gegen den Willen eines Elternteils angeordnet werden. Der Umgangsberechtigte hat üblicherweise alle vierzehn Tage am Wochenende Umgang mit dem Kind. Bei kleineren Kindern kommt oft noch ein Umgang an einem einzelnen Tag unter der Woche hinzu, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass bei ihnen das Zeitempfinden ein anderes ist. Abweichend von dem gewöhnlichen Wochenendumgang ist dem Vater das Recht einzuräumen, 14-täglich von donnerstags bis dienstags mit dem Kind zusammen zu sein, wenn eine erhebliche Entfernung zwischen den Wohnorten von Mutter und Vater liegt. Der Umgang der Großeltern mit dem Kind ist nicht anzuordnen, wenn dies zu einer Verkürzung der Umgangszeit des Vaters führen würde, der durch die weite An- und Abreise schon stark belastet ist.

Beschluss des OLG Brandenburg vom 03.07.2015, Az.: 10 UF 173/14

VonHagen Döhl

Widerruf einer Vorsorgevollmacht durch den Betreuer

Der Betreuer kann eine Vorsorgevollmacht nur widerrufen, wenn ihm diese Befugnis als eigenständiger Aufgabenkreis ausdrücklich zugewiesen ist (Abgrenzung zu den Senatsbeschlüssen vom 13. November 2013 – XII ZB 339/13 -FamRZ 2014, 192und vom 1. August 2012 – XII ZB 438/11 -FamRZ 2012, 1631).
Dieser Aufgabenkreis darf einem Betreuer nur dann übertragen werden, wenn das Festhalten an der erteilten Vorsorgevollmacht eine künftige Verletzung des Wohls des Betroffenen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit und in erheblicher Schwere befürchten lässt und mildere Maßnahmen nicht zur Abwehr eines Schadens für den Betroffenen geeignet erscheinen.
Auch nach einem wirksamen Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Betreuer kann der Bevollmächtigte noch im Namen des Betroffenen Beschwerde gegen die Betreuerbestellung einlegen (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 15. April 2015 – XII ZB 330/14 -FamRZ 2015, 1015und vom 5. November 2014 – XII ZB 117/14 -FamRZ 2015, 249).

(BGH Beschluss vom 28.07.2015, Az: XII ZB 674/14)

VonHagen Döhl

Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft getreten

Für alle Erbfälle in den Unionsmitgliedstaaten gilt seit dem 17. August 2015 die europäische Erbrechtsverordnung.

Sie legt nunmehr einheitlich fest, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist. Ein internationaler Erbfall liegt stets dann vor, wenn der Staatsbürger eines Landes seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Land hat und dort verstirbt. Es wird dann das Erbrecht des Landes angewendet, in dem der Verstorbene seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

 

Wer diese Folge nicht eintreten lassen möchte, muss durch eine letztwillige Verfügung (Testament oder Erbvertrag) das Recht des Staates wählen, dem er angehört. Lebt beispielsweise ein Deutscher in Italien und möchte nicht, dass bei seinem Tod das italienische Erbrecht zum Tragen kommt, muss er im Testament regeln, dass deutsches Erbrecht für seinen Erbfall gelten soll.

 

Neu ist mit dem Europäischen Erbrecht auch, dass zum Nachweis der Erbschaft ein europäisches Nachlasszeugnis ausgestellt wird. Dies ist eine Urkunde, die europaweit gültig ist.

Das Europäische Nachlasszeugnis ist vergleichbar mit dem bislang in Deutschland verwendeten Erbschein.