Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

Erwerbsverpflichtung bereits vor Ablauf des Trennungsjahres möglich

Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann zwar der nicht erwerbstätige Ehegatte nur dann darauf verwiesen werden, seinen Unterhalt durch eine Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit und unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe und nach den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Ehegatten erwartet werden kann. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich während des ersten Trennungsjahres eine Erwerbstätigkeit nicht aufgenommen werden muss. Das ist zwar in der Regel der Fall, aber nicht immer. War der Trennungsunterhalt begehrende Ehegatte während des ehelichen Zusammenlebens (weitgehend) erwerbstätig, so dass keine klassische sog. Haushaltsführungsehe vorlag, kann er auch bei zum Zeitpunkt der Trennung bestehender Erwerbslosigkeit bereits mit der Trennung zur Aufnahme bzw. Fortsetzung seiner Erwerbsbemühungen verpflichtet sein. Das gilt insbesondere bei einem recht kurzen Zeitraum zwischen Eheschließung und Trennung.

(Beschluss des OLG Koblenz vom 10.02.2016, Az.: 7 WF 120/16)

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Nicht sicher feststellbare Datierung hat Ungültigkeit eines Testaments zur Folge

Enthält ein Testament eine unklare Datierung, weil sich jedenfalls eine Jahresangabe nicht sicher feststellen lässt, findet § 2247 Abs. 5 BGB entsprechende Anwendung mit der Folge, dass das Testament nicht als gültig anzusehen ist, wenn möglich bleibt, dass es zeitlich vor einem weiteren Testament mit vollständigen Datumsangaben errichtet worden ist.

OLG Schleswig, 16.07.2015, 3 Wx 53/15

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Hauptwohnung des Kindes beim Wechselmodell

Praktizieren die getrenntlebenden Kindeseltern das sogenannte Wechselmodell, so dass das Kind keine der Wohnung der Eltern vorwiegend bewohnt und auch kein Schwerpunkt der Lebensbeziehungen an einem bestimmten Ort festzustellen ist, haben die Kindeseltern gegenüber den Meldebehörde eine Wohnung davon als Hauptwohnung und die andere als Nebenwohnung für ihr Kind zu benennen.

Wenn sich jedoch die getrenntlebenden gemeinsam sorgeberechtigten Eltern nicht darüber verständigen können, welche Wohnung die Hauptwohnung für ihr Kind ist, ist die frühere Familienwohnung, in der ein Elternteil nach der Trennung weiterhin wohnt, die Hauptwohnung und ist als solche für das Kind einzutragen.

(BVerwG, Urteil vom 30.09.2015, 6 C 38/14)

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Keine Haftung für Verbindlichkeiten des getrenntlebenden Ehepartners

Die Eheleute haben sich getrennt und die Kindesmutter hat für das bei ihr lebende Kind einen Behandlungsvertrag mit einem Arzt geschlossen und als Rechnungsempfänger den getrenntlebenden Ehemann angegeben.

Dieser weigerte sich zur Zahlung des Rechnungsbetrages und verwies auf das Getrenntleben der Eheleute und dass es sich auch um keine Notoperation des Kindes gehandelt habe.

Dennoch verurteilte ihn das Amtsgericht zur Zahlung dieses Rechnungsbetrages.

Der Kindesvater erhob darauf Verfassungsbeschwerde, der stattgegeben wurde. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass aufgrund des Getrenntlebens der Eltern keine Verpflichtung des Kindesvaters besteht, die von der Kindesmutter eingegangenen Kosten zu übernehmen. Die Kindesmutter hatte keine Ermächtigung zur Mitverpflichtung des Kindesvaters an diesen Kosten.

Vor diesem Hintergrund ist das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und die Sache wurde an das Amtsgericht zurückverwiesen.

(BVerfG, Beschluss vom 08.10.2015, 1 BvR 455/14)

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Ist die Tochter des Betreuten berechtigt, Beschwerde gegen die Bestellung einer anderen Person als Betreuer einzulegen?

Eine Beschwerdeberechtigung gegen die Bestellung eines Betreuers steht nach § 59 FamFG nur demjenigen zu, der durch diesen Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Das ist bei der Tochter des Betroffenen nicht der Fall, da sie durch die betreuungsrechtliche Entscheidung grundsätzlich nicht in ihren eigenen Rechten beeinträchtigt wurde.

Anders wäre es nur, wenn sie bisher schon zur Betreuerin für den Betroffenen bestellt worden wäre und mit der aktuellen Entscheidung aus ihrem Amt entlassen worden wäre.

(Landgericht Bielefeld, Beschluss vom 31.03.2015, 23 T 162/15)

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Neue Unterhaltsleitline des OLG Dresden

Das Oberlandesgericht Dresden hat  – einheitlich wie alle anderen Bundesländer – eine neue Kindesunterhaltstabelle herausgegeben und auch die Unterhaltsleitlinien entsprechend angepasst. Diese sind ab dem 01.01.2016 gültig.

Die Unterhaltstabelle ist über den nachstehenden Link einsehbar.

Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das staatliche Kindergeld für das erste und zweite Kind in Höhe von monatlich 190,00 € und für das dritte Kind 196,00 € und ab dem vierten Kind in Höhe von 221,00 € hälftig auf die in der angefügten Tabelle ausgewiesene Kindesunterhaltspflicht angerechnet wird.

Auch der Bedarf des unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand hat sich von vormals 670,00 € auf 735,00 € erhöht.

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Umschreibung eines Titels auf Kindesunterhalt

Wurde vormals ein Unterhaltstitel von einem Bundesland erstritten, weil das Bundesland Unterhaltsvorschussleistungen für das Kind erbrachte, kann das unterhaltsberechtigte Kind nach Einstellung der Unterhaltsvorschussleistungen durch das Land den Unterhaltstitel auf sich umschreiben lassen. Dies erfolgt unter analoger Anwendung des § 727 ZPO.

(BGH, Beschluss vom 23.09.2015, XII ZB 62/14)

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Wohlverhaltenspflichten des Umgangsberechtigten

Eine gerichtliche Umgangsregelung umfasst gleichzeitig auch das konkludente Gebot an den Umgangsberechtigten, sich außerhalb der festgelegten Umgangszeiten eines Kontaktes zu seinem Kind zu enthalten. Diese Verpflichtung des Umgangsberechtigten ist auch mit Ordnungsmitteln (Ordnungsgeld/Ordnungshaft) durchsetzbar.

(Kammergericht, Beschluss vom 13.02.2015, 13 WF 203/14)

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Zuständigkeit des Familiengerichts

Mit der Reform des Familienrechts und der Einführung des "großen Familiengerichts" im Jahre 2008 ist das Familiengericht auch für Ansprüche der Ehegatten im Zusammenhang mit der Auflösung einer zwischen ihnen bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts zuständig.

(vgl. Landgericht Paderborn, Beschluss vom 10.06.2015, 3 O 146/15)

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Unwirksame „Zettel-Testamente“

Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein ernsthafter Testierwillen nicht feststellbar sein kann, wenn das vermeintliche Testament nicht auf einer üblichen Schreibunterlage, sondern auf einem Stück Papier oder einem zusammengefalteten Pergamentpapier errichtet worden ist. (OLG Hamm 5.01.2016    10 W 153/15)