Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Haftung des Geschäftsführers einer insolventen GmbH

Der Arbeitnehmer einer GmbH kann vom Geschäftsführer, der seine Pflicht zur Anmeldung der Insolvenz verletzt hat, nicht die Erfüllung des Entgeltanspruchs verlangen. Auch bei Einordnung des Arbeitnehmers als Neugläubiger (im Sinne der Rspr. Des BGH) kann er im Rahmen des Schadenersatzes nur das negative Interesse ersetzt verlangen. Dieses kann sich nach der Höhe nur dann mit dem Erfüllungsinteresse decken, wenn der Arbeitnehmer darlegen und beweisen kann, dass er im Fall der Kenntnis der Insolvenzreife das Arbeitsverhältnis nicht eingegangen bzw. fristlos beendet hätte und sofort einen anderen Arbeitsplatz gefunden hätte mit mind. Gleich hohem Entgelt. Eine dahingehende Vermutung besteht nicht.
(LAG Brandenburg – 18.03.2005 5 Sa 723/04)

VonHagen Döhl

Anspruch auf Beschäftigung zu ganz bestimmten Arbeitsbedingungen

Will der Arbeitnehmer die Unwirksamkeit einer Versetzung geltend machen, so muss er entweder auf Feststellung klagen, er sei zur Befolgung der Weisung nicht verpflichtet, oder auf Beschäftigung mit bestimmten Tätigkeiten (so auch LAG Nürnberg, Urteil vom 10.09.2002 – 6 (4) Sa 66/01, LAGE § 611 BGB Direktionsrecht Nr. 29).
Ein Anspruch auf Beschäftigung mit ganz bestimmten Tätigkeiten steht dem Arbeitnehmer nur dann zu, wenn die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages auf diese Tätigkeiten beschränkt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Direktionsrechts auch andere Tätigkeiten zuweisen kann ( so auch LAG Nürnberg a.a.O.).
Für eine Konkretisierung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auf einen ganz bestimmten Arbeitsplatz sind wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen strenge Anforderungen zu stellen. Neben der Ausübung einer bestimmten Tätigkeiten über einen längeren Zeitraum (sog. Zeitmoment) müssen besondere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen,
dass der Arbeitnehmer nach dem übereinstimmenden Parteiwillen künftig nur noch eine ganz bestimmte Tätigkeit schulden sollte (sog. Umstandsmoment)
(LAG Hamm – 08.03.2005 19 Sa 2128/04)

VonHagen Döhl

Einstweilige Verfügung auf tatsächliche Beschäftigung

Vorliegend steht dem Verfügungsanspruch bereits die in der mündlichen Verhandlung getroffene Feststellung entgegen, dass die Klägerin zwar Kündigungsschutzklage erhoben, aber keine gerichtliche Geltendmachung der Weiterbeschäftigung im Kündigungsschutzverfahren vortragen konnte. In der Literatur wird aus dem Nichtfordern der tatsächlichen Beschäftigung im Hauptsacheverfahren zu Recht ein Fall von Selbstwiderlegung angenommen, weil der Eindruck vermittelt wird, als sei der individuelle Beschäftigungsanspruch für den Arbeitnehmer nicht von besonderem Interesse. Dies schließt bereits einen Verfügungsanspruch aus.
(LAG Rheinland-Pfalz – 29.04.2005 8 Sa 227/05)

VonHagen Döhl

Diskriminierung wegen Schwerbehinderung

Gegen die Regelung in § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 SGB IX, nach der ein wegen seiner Schwerbehinderung diskriminierter Bewerber, der auch bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle nicht erhalten hätte, Anspruch auf Entschädigung von bis zu drei Monatsentgelten hat, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Die Einhaltung der Ausschlussfrist nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX zur Geltendmachung einer Entschädigung wegen Diskriminierung setzt nicht die Angabe einer bestimmten Forderungshöhe voraus.

Der schwerbehinderte Bewerber kann eine Beweislastverschiebung herbeiführen. Voraussetzung ist, dass er Hilfstatsachen darlegt und ggf. unter Beweis stellt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen.

Steht fest, dass der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nicht über die eingegangene Bewerbung eines bestimmten schwerbehinderten Menschen unterrichtet hat, so ist dessen Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft zu vermuten.
(BAG – LAG 15.02.2005 9 AZR 635/03)

VonHagen Döhl

Ordentliche personenbedingte Kündigung, Ersatzruhetag

Kann der Arbeitgeber, der eine Arbeitnehmerin ausschließlich sonntags beschäftigt, dieser den nach § 11 Abs. 3 ArbZG vorgesehenen Ersatzruhetag deshalb nicht gewähren, weil die Arbeitnehmerin an allen übrigen Tagen der Woche in einem anderen Arbeitsverhältnis arbeitet, so ist regelmäßig eine ordentliche Kündigung aus Gründen in der Person der Arbeitnehmerin gerechtfertigt.
(BAG – 24.02.2005 2 AZR 211/04)

VonHagen Döhl

Kündigungsfrist bei einer Kündigung durch den „starken“ vorläufigen Insolvenzverwalter

Für eine vom vorläufigen Insolvenzverwalter mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 22 Abs. 1 InsO) ausgesprochene Kündigung eines Arbeitsverhältnisses gilt nicht die verkürzte Kündigungsfrist des § 113 Satz 2 InsO.
(BAG – 20.01.2005 2 AZR 134/04)

VonHagen Döhl

Formnichtige Befristungsabrede kann nicht geheilt werden

Eine „Heilung“ der formnichtigen Befristungsabrede durch schriftliche Niederlegung nach Vertragsbeginn kommt nicht in Betracht. Die Aufzählung in § 14 Abs. 1 TzBfG ist nicht abschließend.
(BAG, Urteil v. 16.03.2005 – 7 AZR 289/04)

VonHagen Döhl

Richtige Partei bei Kündigungsschutzklage

Behaupten zwei verschiedene Rechtsträger, sie seien in Bezug auf ein- und dasselbe Arbeitsverhältnis (alleiniger) Arbeitgeber eines Arbeitnehmers, und kündigen sie jeweils gesondert das (nach dem Wortlaut der Jeweiligen Kündigung) mit ihnen bestehende Arbeitsverhältnis, muss sich der Arbeitnehmer entscheiden, ob er die Kündigungsschutzklage gegen den einen, den anderen oder (vorsorglich) gegen beide Rechtsträger richtet. Dies gilt auch, wenn es sich bei den kündigenden Rechtsträgern um den bisherigen und den neuen Betriebsinhaber nach einem Betriebsübergang im Sinne von § 613a BGB handelt.
Greift der Gekündigte eine dieser Kündigungen heraus – z. B. die vom bisherigen Betriebsinhaber ausgesprochene Kündigung, weil er fälschlich annimmt, dieser sei im Zeitpunkt der Kündigung noch sein Arbeitgeber – und richtet er die Kündigungsschutzklage ausschließlich gegen diesen unter dessen richtiger Bezeichnung, ist für eine spätere Berichtigung des Passivrubrums kein Raum. In einem solchen Fall erfasst die Klage gegen die vom bisherigen Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung nicht auch die vom neuen Betriebsinhaber nach Betriebsübergang ausgesprochene Kündigung.
Passivlegitimiert ist für eine Kündigungsschutzklage nur derjenige Rechtsträger, der im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung Arbeitgeber des klagenden Arbeitnehmers ist. Dies gilt auch im Falle eines Betriebsübergangs.
Der Betriebsübergang erfasst auch ein infolge Abordnung des Arbeitnehmers zu einem dritten Arbeitgeber ruhendes Arbeitsverhältnis, wenn es im übergegangenen Betrieb verwaltet und sowohl buchhalterisch als auch disziplinarisch geführt wird.
(LAG München – 06.05.2004 3 Sa 716/03)

VonHagen Döhl

Verkürzte Kündigungsfrist des § 113 InsO

Die verkürzte Kündigungsfrist des § 113 InsO gilt nicht bei Kündigung durch vorläufigen InsO-Verwalter (BAG, Urteil v. 20.01.2005 – 2 AZR 134/04).

VonHagen Döhl

Haftung des Hauptauftraggebers für Mindestlohn der Arbeiter des Nachauftragnehmers

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 12.01.2005 – 5 AZR 279/01 entschieden, dass die sog. Bürgenhaftung nach § 1a AEntG sowohl mit dem Grundgesetz als auch mit dem EG-Vertrag vereinbar ist. Beim Einsatz von Nachunternehmern muss also ein Haupt- bzw. Generalunternehmer damit rechnen, später von den Arbeitnehmern des Nachunternehmers zur Zahlung des Nettoentgelts gemäß Mindestlohnverordnung wie ein Bürge in Anspruch genommen zu werden.