Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Änderungskündigung

1. Eine ordentliche Beendigungskündigung ist nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.

2. Eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer anzubieten. Das Angebot kann lediglich in Extremfällen (zB offensichtlich völlig unterwertige Beschäftigung) unterbleiben. Der Arbeitgeber kann Angebot und Kündigung miteinander verbinden, indem er ohne vorherige Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer sofort eine Änderungskündigung ausspricht.

3. Macht der Arbeitgeber vor Ausspruch einer Kündigung dem Arbeitnehmer das Angebot, den Vertrag der noch bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit anzupassen, und lehnt der Arbeitnehmer dieses Angebot ab, so ist der Arbeitgeber regelmäßig nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtet, trotzdem eine Änderungskündigung auszusprechen. Eine Beendigungskündigung ist nur dann zulässig, wenn der Arbeitnehmer unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat, er werde die geänderten Arbeitsbedingungen im Fall des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung annehmen.

4. Spricht der Arbeitgeber ohne vorheriges oder gleichzeitiges Angebot der geänderten Arbeitsbedingungen sofort eine Beendigungskündigung aus, so ist diese Kündigung regelmäßig sozialwidrig. Es unterliegt Bedenken, in derartigen Fällen fiktiv zu prüfen, ob der Arbeitnehmer die geänderten Arbeitsbedingungen bei einem entsprechenden Angebot vor oder mit Ausspruch der Kündigung zumindest unter Vorbehalt angenommen hätte (gegen BAG 27. September 1984 – 2 AZR 62/83 – BAGE 47, 26).

BAG – 21.04.2005 2 AZR 132/04

VonHagen Döhl

Betriebsbedingte Kündigung, Sozialauswahl

Die Sozialauswahl hat auch dann grundsätzlich betriebsbezogen zu erfolgen, wenn sich der Arbeitgeber ein betriebsübergreifendes Versetzungsrecht vorbehalten hat.
(BAG – 02.06.2005 2 AZR 158/04)

VonHagen Döhl

BAG: Kein gesetzlicher Zuschlag bei Sonn- und Feiertagsarbeit

Arbeitnehmer, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten, haben keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Zuschlag zur Arbeitsvergütung. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht und versagte einem Tankwart, der an einer Autobahntankstelle im Schichtdienst beschäftigt war, Zuschläge für seine an Sonn- und Feiertagen geleistete Arbeit (Urteil vom 11.01.2006, Az.: 5 AZR 97/05).

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Inhaltskontrolle von Ausschlussklauseln im Arbeitsvertrag (Ausschlussfristen)

Der Arbeitsvertrag ist ein Verbrauchervertrag im Sinne von § 310 Abs. 3 BGB. In Formulararbeitsverträgen können zweistufige Ausschlussklauseln vereinbart werden. Die Mindestfrist für die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche beträgt 3 Monate. Ist die Ausschlussfrist zu kurz bemessen, benachteiligt sie den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb unwirksam. Die Ausdehnung auf eine zulässige Dauer kommt nicht in Betracht. Es gilt allein das gesetzliche Verjährungsrecht. Seit dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechtes (1.1.2002) findet bei ausgehandelten Vertragsbedingungen eine Billigkeitskontrolle im Sinne einer allgemeinen, nicht auf die Besonderheiten des Falles bezogenen Angemessenheitsprüfung nach § 242 BGB nicht mehr statt.
(BAG, Urteil v. 25.5.2005 – 5 AZR 572/04)

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Keine Klagefrist bei Geltendmachung der falsch berechneten Kündigungsfrist

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung rechtsunwirksam ist, muss er nach § 4 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Feststellungsklage beim Arbeitsgericht erheben. Wendet sich der Arbeitnehmer dagegen nicht gegen die Auflösung des Arbeitsverhältnisses an sich, sondern macht lediglich geltend, bei einer ordentlichen Kündigung habe der Arbeitgeber die Kündigungsfrist nicht eingehalten, kann er dies auch außerhalb der Klagefrist des § 4 KSchG tun. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 15.12.2005 (BAG Az.: 2 AZR 148/05).

VonHagen Döhl

BAG zur Vergütungszahlung nach Streit um Aufhebungsvertrag

Besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Streit, ob das Arbeitsverhältnis durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde und stellt sich im Nachhinein heraus, dass ein Aufhebungsvertrag nicht zustande gekommen ist, hat der Arbeitgeber nur dann Annahmeverzugsvergütung zu bezahlen, wenn der Arbeitnehmer zuvor seine Arbeitsleistung angeboten hat. Dies geht aus einem Urteil des BAG vom 07.12.2005 hervor (Az.: 5 AZR 19/05).

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EuGH bestätigt Einstufung von Bereitschaftsdiensten als Arbeitszeit

Die Nachtwache eines Erziehers für Behinderte ist als Arbeitszeit zu werten. Mit diesem Urteil bestätigte der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung insbesondere mit Blick auf die zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit. Bereits entschieden hat das Gericht, dass Bereitschaftsdienste von Ärzten und Pflegepersonen als Arbeitszeit zu werten sind (Urteil vom 01.12.2005, Az.: C 14/04).

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Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Arbeitslosenhilfe/ALG II (Weihnachtsgeld)

Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG, dass in die Bemessung der früheren Arbeitslosenhilfe (jetzt ALG II) Einmalzahlungen wie etwa Weihnachtsgratifikationen nicht eingeflossen sind. Die unterschiedliche Behandlung der Bezieher von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe war sachlich gerechtfertigt. Zwischen beiden Leistungen bestanden grundlegende Unterschiede. Das Arbeitslosengeld ist eine auf Beiträge gestützte Versicherungsleistung, bei der Arbeitslosenhilfe handelt es sich um eine steuerfinanzierte Leistung. Daher können auch nicht die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1995 – BVerfGe 92/53) und 2000 (BVerfGe 102, 127) zur Berücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes auf die Arbeitslosenhilfe übertragen werden. Die Erwägung, dass alle Arbeitsentgeltbestandteile, die der Beitragspflicht unterworfen werden, einen grundsätzlich gleichen Erfolgswert haben müssen, trifft auf die Arbeitslosenhilfe als nichtbeitragsfinanzierte Leistung nicht zu.
(BVerfGe, Beschluss vom 26.9.2005 – 1 BVR 1773/03)

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Hartz-Gesetz zur Befristung von Arbeitsverhältnissen mit älteren Arbeitnehmern ist nichtig

Arbeitnehmer, die älter als 52 Jahre sind, dürfen in Deutschland nicht weiterhin unbegrenzt mit befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt werden. So urteilte der Europäische Gerichtshof am 22.11.2005 in Luxemburg über einen entsprechenden Teil der Hartz-Gesetze. Allerdings erkannten die Richter an, dass die Bundesregierung mit der Förderung älterer Menschen für eine Rückkehr in den Beruf ein richtiges Ziel verfolge. Das rechtfertige aber nicht, dass Menschen mit Erreichen des 52. Lebensjahres von unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen ausgeschlossen würden.
(EuGH Az.: C-144/04)

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Arbeitszeit-Überstunden

Arbeits- oder Tarifverträge definieren die regelmäßige Arbeitszeit, innerhalb der ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, die von ihm geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Darüber hinaus bestimmt das Arbeitszeitgesetz den Umfang der maximal zulässigen Arbeitszeit.
Die werktägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Abweichungen davon werden nur im Ausnahmefall durch das Gesetz zugelassen.

Zur Leistung von Überstunden sind Arbeitnehmer nur dann verpflichtet, wenn sich dies aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung, einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung oder aus einer Nebenpflicht ergibt. Eine Nebenpflicht ergibt sich z.B. für Notfälle oder wenn durch die geforderte Mehrarbeit ein sonst dem Arbeitgeber drohender Schaden vermieden werden muss. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, kann der Arbeitnehmer jede Leistung von Überstunden ablehnen.