FG Niedersachsen hält Gewerbesteuer für verfassungswidrig

VonHagen Döhl

FG Niedersachsen hält Gewerbesteuer für verfassungswidrig

Das Finanzgericht Niedersachsen hält die Gewerbesteuer in ihrer derzeitigen Form und die so genannte Abfärberegelung in § 15 Abs.3 Nr.1 EStG weiterhin für verfassungswidrig. Es rief deshalb zum dritten Mal das Bundesverfassungsgericht an (Beschluss vom 21.04.2004; Az.: 4 K 317/91).

Verstoß gegen Gleichheitsgebot
Der Gewerbesteuer unterliegen nur gewerblich tätige Unternehmen, nicht aber die freien Berufe und die übrigen selbstständig Tätigen. Die Richter sehen hierin eine verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung und damit einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs.1 GG). Im selben Beschluss kam das FG zu dem Ergebnis, dass auch die so genannte Abfärberegelung in § 15 Abs.3 Nr.1 EStG gegen Art. 3 Abs.1 GG verstößt. Danach werden die gesamten Einkünfte einer Personengesellschaft in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert, wenn die Gesellschaft zumindest teilweise gewerblich tätig ist. Auch eine nur geringfügige gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft führt im Grundsatz insgesamt zu gewerblichen Einkünften und damit auch zur Verpflichtung, Gewerbesteuer zu entrichten.

Sachverhalt
Im Streitfall hatten sich zwei Goldschmiede zum Betrieb einer Goldschmiede und Schmuckgalerie in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen. Aus dem Verkauf selbst hergestellten Schmucks erzielten sie Einkünfte aus künstlerischer (selbstständiger) Tätigkeit (im Streitjahr circa 60.000 Mark) und daneben gewerbliche Einkünfte aus der Veräußerung nicht selbst gefertigter Schmuckstücke (circa 45.000 Mark). Das beklagte Finanzamt behandelte die gesamten Einkünfte der GbR unter Hinweis auf § 15 Abs.3 Nr.1 EStG als gewerblich und unterwarf den Gewinn der Gesellschaft der Gewerbesteuer.

Systemwidrige Gleichstellung
Materiell-rechtlich sei die Abfärberegelung verfassungswidrig, weil sie zu einer systemwidrigen Gleichstellung von nichtgewerblichen und gewerblichen Einkünften einer Personengesellschaft führe. Außerdem liege hierin eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gegenüber Einzelunternehmen: Nach der Abfärberegelung würden nämlich lediglich die Einkünfte von Personengesellschaften, nicht aber von Einzelunternehmen umqualifiziert und mit Gewerbesteuer belastet. Auch unter diesem Gesichtspunkt liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 GG vor.

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