1. Es entspricht den Besonderheiten der Verdachtskündigung, die Erfüllung der Aufklärungspflicht des Arbeitgebers als Voraussetzung einer wirksamen Verdachtskündigung anzusehen. Der Arbeitnehmer muß die Möglichkeit haben, die Verdachtsgründe zu entkräften und Entlastungstatsachen anzuführen.
2. Der Umfang der Anhörung des Arbeitnehmers richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie muß zwar nicht den Anforderungen genügen, die an eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG gestellt werden. Es reicht aber nicht aus, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmer lediglich mit einer unsubstantiierten Wertung konfrontiert. Dem Arbeitnehmer dürfen keine wesentlichen Erkenntnisse vorenthalten werden, die der Arbeitgeber zum Anhörungszeitpunkt besitzt und auf die er den Verdacht stützt.
3. Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft seine Anhörungspflicht, so kann er sich im Prozeß nicht auf den Verdacht berufen und eine hierauf gestützte Kündigung ist unwirksam. Eine schuldhafte Verletzung der Anhörungspflicht liegt aber nicht vor, wenn der Arbeitnehmer von vornherein nicht bereit ist, sich auf die gegen ihn erhobenen Vorwürfe einzulassen. Erklärt der Arbeitnehmer, er werde sich zum Vorwurf nicht äußern und nennt er keine relevanten Gründe hierfür, muß der Arbeitgeber ihn über die Verdachtsmomente nicht näher informieren. Eine solche Anhörung des Arbeitnehmers wäre überflüssig.
(BAG 26.9.2002 – 2AZR424/01)
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