Kategorien-Archiv Steuerrecht

VonHagen Döhl

Regelmäßige Arbeitsstätte für Leiharbeitnehmer

Der BFH hat entschieden, dass ein Leiharbeitnehmer typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt und damit grundsätzlich Verpflegungsmehraufwand geltend machen kann.
Im Streitfall war der Kläger in einem Hafengebiet als Leiharbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt, das seine Bediensteten verschiedenen anderen Betrieben im Hafengebiet jeweils kurzfristig entsprechend deren Bedarf überlassen hatte. Der Kläger begehrte bei seiner Einkommensteuerveranlagung die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen. Das Finanzamt lehnte dies ebenso ab wie das Finanzgericht.
Die Revision des Klägers hatte vor dem BFH Erfolg.
Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG i.V m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG können Arbeitnehmer bei Auswärtstätigkeiten Mehraufwendungen für ihre Verpflegung als Werbungskosten abziehen. Eine solche Auswärtstätigkeit liegt unter anderem vor, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt entfernt beruflich tätig wird. Keine Auswärtstätigkeit ist dagegen die an der (regelmäßigen) Arbeitsstätte, nämlich an der dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig im Betrieb des Arbeitgebers der Fall, nicht aber bei der Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers.
Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit in Einrichtungen der verschiedenen Kunden seines Arbeitgebers nachgegangen ist. Er habe sich als Leiharbeitnehmer nicht darauf einrichten können, an einem bestimmten Tätigkeitsmittelpunkt und damit an einer regelmäßigen Arbeitsstätte dauerhaft tätig zu sein.
Offen ließ der BFH, ob der Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen ist, dass ein Leiharbeitnehmer, der vom Verleiher für die gesamte Dauer seines Dienstverhältnisses dem Entleiher überlassen wird, über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt. Denn im Streitfall war der Kläger jeweils nur kurzfristig für verschiedene Kunden seines Arbeitgebers tätig.
(BFH 17.06.2010 VI R 35/08)

VonHagen Döhl

1%-Regelung gilt nur für tatsächlich zur privaten Nutzung überlassene Dienstwagen

Der BFH hat entschieden, dass die 1%-Regelung nur gilt, wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer tatsächlich einen Dienstwagen zur privaten Nutzung überlässt.
In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Streitfall betrieb der Kläger eine Apotheke mit Arzneimittelherstellung und etwa 80 Mitarbeitern, darunter auch der Sohn des Klägers, der auch das höchste Gehalt aller Mitarbeiter erhielt. Im Betriebsvermögen befanden sich sechs Kraftfahrzeuge, die für betriebliche Fahrten zur Verfügung standen. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Im Anschluss an eine Lohnsteuerprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass der Sohn das teuerste der sechs betrieblichen Kraftfahrzeuge, einen Audi A8 Diesel, auch privat nutze, setzte dies als steuerpflichtigen Sachbezug mit der 1%-Regelung an und erließ gegen den Kläger einen Lohnsteuerhaftungsbescheid.
Der Kläger machte dagegen vor dem Finanzgericht im Ergebnis erfolglos geltend, dass die Mitarbeiter und auch sein Sohn die betrieblichen Kraftfahrzeuge nicht privat sondern nur betrieblich genutzt hätten und die Privatnutzung arbeitsvertraglich verboten sei. Das Finanzgericht hat entschieden, dass aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung der Beweis des ersten Anscheins für eine auch private Nutzung des Dienstwagens spricht. Unstreitig habe der Sohn das Fahrzeug dienstlich genutzt. Eine Privatnutzung durch ihn sei daher nicht auszuschließen.
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des BFH sind im Streitfall die Anwendungsvoraussetzungen der 1 %-Regelung, nämlich dass der Arbeitgeber eines der für Betriebszwecke vorgehaltenen Fahrzeuge seinem Sohn zur privaten Nutzung überlassen hat, nicht festgestellt. Steht eine solche Kraftfahrzeugüberlassung zur privaten Nutzung nicht fest, könne diese fehlende Feststellung nicht durch den Anscheinsbeweis ersetzt werden. Es gebe weder einen Anscheinsbeweis dafür, dass dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen aus dem arbeitgebereigenen Fuhrpark zur Verfügung steht, noch dass der Arbeitnehmer ein solches Fahrzeug unbefugt auch privat nutzt. Allein aus der Bereitstellung eines Fahrzeugs zu betrieblichen Zwecken könne nicht darauf geschlossen werden, dass das Fahrzeug vom Arbeitnehmer auch privat genutzt wird.
(BFH 21.4.2010 VI R 46/08)

VonHagen Döhl

Straverteidigungskosten als Werbungskosten abziehbar?

Das FG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass Strafverteidigungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dann als Werbungskosten abziehbar sein können, wenn die das Strafverfahren betreffende Handlung im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung erfolgte.
Im Streitfall ist der Kläger wegen Vorteilsannahme vom Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr – ausgesetzt zur Bewährung – verurteilt worden, weil er sich – bei einem befristeten Arbeitsverhältnis – als Bediensteter der Privatisierungsabteilung der Treuhandanstalt dadurch einer Vorteilsannahme schuldig gemacht hatte, dass er sich von einem Unternehmer Y eine spätere Anstellung zusagen ließ. Die künftige Diensthandlung des Klägers hätte seine Mitwirkung bei künftigen Verkäufen an die Unternehmensgruppe des Unternehmers Y sein sollen. Den Vorwurf der Bestechlichkeit sah das Landgericht dagegen nicht als erwiesen an, da nicht festgestellt werden konnte, dass die vom Kläger erwarteten Diensthandlungen eine Verletzung der Dienstpflichten beinhaltet hätten.
Der begehrte Werbungskostenabzug zur Einkommensteuer 1998/99 wurde vom beklagten Finanzamt jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass nicht jede Handlung, die von einem Berufstätigen im Zusammenhang mit seinem Beruf ausgeführt werde, zwangsläufig beruflich veranlasst sei. Bezogen auf den Streitfall würde es nicht zu den rechtmäßigen Aufgaben eines Amtsträgers der Treuhandanstalt gehören, die Privatisierung der volkseigenen Betriebe der früheren DDR unter dem Einfluss eines Vorteilsversprechens durch einen Investor auszuführen. Bei einer Vorteilsannahme im Amt sei die Berufsausübung nur Grundlage, um die Straftat begehen zu können. Mit der dagegen gerichteten Klage trug der Kläger u.a. vor, die Berufsausübung habe in dem Führen von Verkaufsgesprächen, Verhandeln, Besuchen von Verkaufsinteressenten, Einholen von Auskünften sowie dem Abschluss von Kaufverträgen bestanden. Im Rahmen dieser Berufsausübung sei er mit einem Vorteil konfrontiert worden. Diese Konfrontation mit möglichen Vorteilen sei praktisch eine sich aus der Berufsausübung ergebende, immanente Gefahr dieses Berufsbildes gewesen.
Die Klage hatte vor dem FG Rheinland-Pfalz keinen Erfolg.
Strafverteidigungskosten seien Folgen kriminellen Verhaltens und deshalb, wie die Strafe selbst, in der Regel der privat zu verantwortenden Unrechtssphäre zuzuordnen. Andererseits rechtfertige die „Einheit der Rechtsordnung“ es nicht, Strafverteidigungskosten generell vom Werbungskostenabzug auszuschließen, denn das Steuerrecht sei grundsätzlich wertneutral. Demzufolge könnten auch vorsätzlich begangene Straftaten selbst im Falle einer Verurteilung zu Werbungskosten führen, sofern der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten verursacht ist. Ein beruflicher Zusammenhang bestehe nur, wenn die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar ist.
Bei der Beantwortung der Frage, ob das der Fall ist, müsse ein strenger Maßstab angelegt werden. Bei dem Kläger sei das ihm vorgeworfene Verhalten – die Vorteilsannahme durch Abschluss eines Dienstvertrages mit Y – nicht in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bei der Treuhandanstalt geschehen, sondern nur bei Gelegenheit. Entgegen der Ansicht des Klägers folge die berufliche Veranlassung nicht etwa aus dem Umstand, dass seine Stellung kausal für die Tatbegehung gewesen ist. Eine reine „conditio sine qua non“ genüge nicht. Die einkunftsmindernde Abzugsfähigkeit der Strafverteidigungskosten setze vielmehr voraus, dass die – die Aufwendungen auslösenden – schuldhaften Handlungen noch im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen würden. Die dem Kläger zur Last gelegte Tat der Vorteilsannahme liege nicht mehr im Rahmen seiner beruflichen Aufgabenerfüllung bei der Treuhandanstalt. Es habe selbstredend nicht zu seinen Pflichten gehört, sich Vorteile für künftige Diensthandlungen versprechen bzw. gewähren zu lassen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
(Finanzgericht Rheinland-Pfalz 15.04.2010 4 K 2699/06)

VonHagen Döhl

Übernahme von Geldbußen für angestellte Kraftfahrer kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt

Das LSG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern durch eine Spedition für ihre LKW-Fahrer kein beitragspflichtiger Arbeitslohn ist.
Das Landessozialgericht hat die im Rahmen einer Betriebsprüfung vom Rentenversicherungsträger getroffene Entscheidung aufgehoben, mit der die von einem Speditionsunternehmen bezahlten Geldbußen u.a. wegen Lenkzeitüberschreitungen der bei ihm beschäftigten Kraftfahrer als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt der jeweiligen Fahrer gewertet worden war.
Im Vordergrund der Übernahme der Geldbußen durch den Arbeitgeber hätten dessen eigenbetriebliche Interessen gestanden. Er hatte die Fahrer angewiesen, unter Außerachtlassung güterverkehrsrechtlicher Bestimmungen, die mit den Kunden vereinbarten Liefertermine unbedingt einzuhalten. Für die Beurteilung der betriebsfunktionalen Zielsetzung der Zuwendungen sei ohne Belang, ob das Verhalten des Arbeitgebers von der Rechtsordnung zu billigen sei.
(LSG Rheinland-Pfalz 20.1.2010 L 6 R 381/08)

VonHagen Döhl

BFH bestätigt mehrfache Anwendung der 1%-Regelung bei Dienstwagenbesteuerung

Der BFH hat entschieden, dass die sog. 1%-Regelung auch dann auf jedes vom Unternehmer privat genutzte Fahrzeug anzuwenden ist, wenn der Unternehmer selbst verschiedene Fahrzeuge zu Privatfahrten nutzt.
Führt der Steuerpflichtige kein Fahrtenbuch, so ist der private Nutzungsanteil eines betrieblichen Fahrzeugs pauschal mit 1% des inländischen Listenpreises zu bemessen. Fraglich war bis jetzt, ob die Regelung auf alle zum Betriebsvermögen gehörenden Kraftfahrzeuge einzeln, also mehrfach anzuwenden ist, wenn nur eine Person die Fahrzeuge auch privat nutzt. Die Finanzverwaltung hatte für diesen Fall die Anweisung erlassen, die 1%-Regelung nur einmal anzuwenden, und zwar für das Fahrzeug mit dem höchsten Listenpreis.
Im Streitfall hielt ein Unternehmensberater mehrere Kraftfahrzeuge in seinem Betriebsvermögen, die er auch privat nutzte. Seine Ehefrau hatte an Eides Statt versichert, nur ihr eigenes Fahrzeug zu nutzen; Kinder waren nicht vorhanden. Gleichwohl hatte das Finanzamt entgegen der Verwaltungsanweisung die 1%-Regelung mehrfach angewandt. Die dagegen gerichtete Klage hatte keinen Erfolg.
Der BFH hat die Revision gegen das Urteil zurückgewiesen.
(BFH 9.3.2010 VIII R 24/08)

VonHagen Döhl

Steuerwirksame Gestaltung des Zuflusses einer Abfindung

Der BFH hat entschieden, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Zufluss einer Abfindung anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Weise steuerwirksam gestalten können, dass sie die Fälligkeit der Abfindung vor ihrem Eintritt hinausschieben.
Im entschiedenen Fall wurde der Zeitpunkt der Fälligkeit einer (Teil-)Abfindungsleistung für das Ausscheiden des Arbeitnehmers zunächst in einer Betriebsvereinbarung auf einen Tag im November des Streitjahres 2000 bestimmt. Die Vertragsparteien verschoben jedoch vor dem ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt im Interesse einer für den Arbeitnehmer günstigeren steuerlichen Gestaltung den Eintritt der Fälligkeit einvernehmlich auf den Januar des Folgejahres 2001; die Abfindung wurde entsprechend auch erst im Folgejahr ausgezahlt. Weil die Besteuerung vom Zufluss der Abfindung abhängt, war die Abfindung nach der Beurteilung des BFH deshalb auch erst im Jahr 2001 zu versteuern.
(BFH 11.11.2009Aktenzeichen:IX R 1/09)

VonHagen Döhl

Schäuble will «Soli» nur noch vorläufig festsetzen

Der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent auf die Lohn- und Einkommen- sowie Körperschaftsteuer wird ab sofort nur noch vorläufig festgesetzt. Damit müssen die Steuerzahler keinen Einspruch gegen ihre Bescheide einlegen für den Fall, dass das Bundesverfassungsgericht den «Soli» als verfassungswidrig einstufen und damit kippen sollte. Die Regelung gilt rückwirkend für Veranlagungszeiträume ab 2005, teilte der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Michael Offer, am 02.12.2009 mit. «Dazu wird sich das Bundesfinanzministerium kurzfristig mit den obersten Finanzbehörden der Länder abstimmen.»

BVerfG prüft Solidaritätszuschlag auf Verfassungsmäßigkeit

Schäuble reagiert damit auf die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts durch das niedersächsische Finanzgericht. Dieses hatte kürzlich erklärt, die dauerhafte Erhebung des seit den 90er Jahren existierenden Aufschlags zur Finanzierung von Kosten für den Aufbau Ost sei grundgesetzwidrig. Offer sagte, Grund für die vorläufige Festsetzung sei allein, massenhafte Einsprüche gegen die Erhebung des Solidaritätszuschlags zu vermeiden. «Nach wie vor bestehen keine Zweifel des Bundesfinanzministers an der Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages.»

VonHagen Döhl

Aufwendungen für Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung

Der BFH hat am 18.6.2009 entschieden (VI R 14/07), dass Aufwendungen für ein Erststudium nach einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Werbungskosten abgezogen werden können.
Das seit 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten von Erststudien und Erstausbildungen nach § 12 Nr. 5 EStG stehe der Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein Erststudium jedenfalls dann nicht entgegen, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Mit derselben Begründung sind auch Entscheidungen in vier weiteren Verfahren (VI R 31/07, VI R 79/06, VI R 6/07 und VI R 49/07) ergangen.
Im Fall der Leitentscheidung VI R 14/07 war die 1967 geborene, verheiratete Klägerin gelernte Buchhändlerin. Nach Abschluss der Ausbildung hatte sie zunächst ein Studium der Sonderpädagogik begonnen, allerdings wegen einer Schwangerschaft nicht beendet. Im Jahr 2002 nahm sie das Studium zur Grund-, Haupt- und Realschullehrerin auf. Das Finanzamt lehnte den Abzug der durch das Studium veranlassten Kosten als vorab entstandene Werbungskosten für das Streitjahr 2005 ab. Das Finanzgericht folgte dem.
Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und der Klägerin dem Grunde nach Recht gegeben.
Die Aufwendungen der Klägerin für das Lehramtsstudium seien beruflich veranlasst. Es bestehe ein hinreichend klarer Zusammenhang dieser Ausgaben mit späteren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit als Lehrerin. § 12 Nr. 5 EStG komme nicht zur Anwendung, weil es sich bei dem Studium nicht um eine Erstausbildung gehandelt hat.
Nach der Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen Werbungskosten i.S.v. § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn ein Veranlassungszusammenhang mit einer, ggf. auch späteren beruflichen Tätigkeit besteht. Die ab 2004 geltende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG bestimme nun, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden; sie könnten allerdings jährlich bis zu 4 000 € als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Mit den Urteilen vom 18.06.2009 hat der BFH entschieden, dass § 12 Nr. 5 EStG kein Abzugsverbot für Werbungskosten enthält. Die Vorschrift bestimme lediglich in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehle. Die Typisierung erstrecke sich nicht auf Steuerpflichtige, die erstmalig ein Studium berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung absolvierten.
Die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung ist umstritten. Jedoch bestand für den BFH keine Veranlassung, auf die gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG geäußerten Bedenken einzugehen.

VonHagen Döhl

Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des Abzugsverbots für häusliche Arbeitszimmer

Der BFH hat ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das ab 2007 geltende Verbot, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abzuziehen, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist.
Im entschiedenen Fall ging es um Arbeitszimmer von Lehrern, denen kein anderer Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht.
Seit dem Veranlagungszeitraum 2007 sind Aufwendungen für ein beruflich/betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer nur noch steuerlich abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet (§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG). Arbeitszimmerkosten von Lehrern, bei denen der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit regelmäßig in der Schule liegt, sind nach dieser Regelung grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig.
Gleichwohl hat der BFH nun in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren – ohne Präjudiz für die Hauptsache – entschieden, dass bei einem Lehrer, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten im Lohnsteuerermäßigungsverfahren zu berücksichtigen sind.
Es bestünden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, da die Frage, ob § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verfassungsmäßig ist, in der Literatur kontrovers diskutiert wird und zu unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte geführt hat. Der BFH habe deshalb die Interessen des Antragstellers und des von Steuereinnahmen abhängigen Gemeinwesens gegeneinander abgewogen. Dabei sei er zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls im Streitfall dem Interesse des Steuerpflichtigen an einem – möglicherweise nur vorläufigen – Werbungskostenabzug ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, nicht entgegensteht.
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung selbst hat sich der BFH nicht geäußert. Diese Fragestellung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
BFH 25.08.2009 VI B 69/09

VonHagen Döhl

BFH: Jahreswagen darf nicht allein auf Grundlage der unverbindlichen Preisempfehlung des Automobilherstellers besteuert werden

Die in den unverbindlichen Preisempfehlungen der Automobilhersteller angegebenen Verkaufspreise sind nicht stets geeignet, die von Arbeitnehmern zu versteuernden Vorteile aus einem Jahreswagenrabatt zu bestimmen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 17.06.2009 kommt es vielmehr auf den Preis an, zu dem ein Autohändler den Wagen im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet (Az.: VI R 18/07).

Zum Arbeitslohn gehören auch Vorteile, die Arbeitnehmern daraus entstehen, dass ihnen ihre Arbeitgeber Waren wie beispielsweise «Jahreswagen» aufgrund des Dienstverhältnisses verbilligt überlassen. Ob ein solcher Vorteil vorliegt, bestimmt sich nach dem Endpreis, zu dem das Fahrzeug fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten wird (§ 8 Abs. 3 Satz 1 EStG ), dem «Angebotspreis». Das ist laut BFH der grundsätzlich unabhängig von Rabattgewährungen nach der Preisangabenverordnung ausgewiesene Preis, sofern nicht nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr tatsächlich ein niedrigerer Preis gefordert wird.

Der Kläger arbeitet bei einem Automobilhersteller. 2003 hatte er von seinem Arbeitgeber ein Neufahrzeug mit einem ausgewiesenen Listenpreis (unverbindliche Preisempfehlung) von 17.917 Euro zu einem Kaufpreis von 15.032 Euro erworben. Finanzamt und Finanzgericht setzten den zu versteuernden Arbeitgeberrabatt auf Grundlage dieser unverbindlichen Preisempfehlung an.

Nachdem das FG bereits festgestellt hatte, dass ein Autohaus schon ohne Preis- und Vertragsverhandlungen auf die unverbindliche Preisempfehlung einen Rabatt von acht Prozent gewährte, entschied der BFH, dass die unverbindliche Preisempfehlung des Kraftfahrzeugherstellers den Angebotspreis nicht zutreffend wiedergebe. Angebotener Endpreis im Sinne des § 8 Abs. 3 EStG könne im Streitfall höchstens der um acht Prozent ermäßigte Preis sein, weil zu diesem Preis das Fahrzeug im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten worden sei. Damit habe sich nach Berücksichtigung der weiteren gesetzlichen Abschläge und Freibeträge für Jahreswagen kein lohnsteuerrechtlich erheblicher Vorteil mehr ergeben.

Ergänzend verwies der BFH darauf, dass dem Einwand, der tatsächliche Angebotspreis für die Ware, auf die der Arbeitgeber einen Rabatt gewährt habe, sei niedriger als der Listenpreis, nachzugehen und nicht ohne Weiteres der Listenpreis als Endpreis anzusetzen sei.

BFH, Urteil vom 17.06.2009 – VI R 18/07