Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

Neues Sorgerecht für nicht miteinander verheiratete Eltern

Am 19.05.2013 ist das Gesetz zur Form der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern in Kraft getreten. Wegweisend für die Reform waren Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts.

Nunmehr sind nicht miteinander verheiratete Eltern gemäß § 1626 a Abs. 1 Nr. 3 BGB auch gegen den Willen der Mutter gemeinsam sorgeberechtigt, soweit ihnen das Familiengericht die elterliche Sorge gemeinsam überträgt. Wie bisher steht die elterliche Sorge zunächst der Mutter zu. Jeder Elternteil kann dann den Antrag auf Übertragung der gemeinsamen Sorge stellen. Das Familiengericht nimmt eine negative Kindeswohlprüfung vor und überträgt die Sorge beiden Eltern, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Im Regelfall erfolgt die Übertragung in einem beschleunigten Verfahren vor dem Familiengericht.

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Beschwerderecht der Großeltern gegen die Auswahl eines Vormunds für ihr minderjähriges Enkelkind

Nach dem Tod der allein sorgeberechtigten Mutter, der Kindesvater lebt in einer Betreuungseinrichtung und hat keinen Kontakt zu seinem Kind, hatten die Großeltern beim Amtsgericht angeregt, sie als Vormund für ihr minderjähriges Enkelkind zu bestellen.

Das Amtsgericht hat jedoch einen Sozialdienst als Vormund für das Kind bestellt, wogegen die Großeltern Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegten.

Diese Beschwerde ist jedoch unzulässig, wie der BGH feststellte. Die Beschwerde der Großeltern hätte als Erinnerung von der Rechtspflegerin behandelt werden müssen und im Falle der Nichtabhilfe dieser Erinnerung, die Erinnerung dem Richter des Amtsgerichts zur Entscheidung vorgelegt werden müssen.

Der BGH legte in dieser Entscheidung im Weiteren dar, dass die Großeltern ein Recht auf Beachtung ihrer nahen Verwandtenstellung bei der Auswahl des Vormunds haben und vor diesem Hintergrund haben die Großeltern nach § 59 Abs. 1 FamFG eine Erinnerungsbefugnis, da sie ein berechtigtes Interesse an der Entscheidung in dieser Sache haben und an dem Verfahren beim Amtsgericht auch beteiligt worden sind.

(BGH vom 26.06.2013, Aktenzeichen XII ZB 31/13 (OLG Düsseldorf)

VonHagen Döhl

Zugewinnausgleich und Versorgungsausgleich – unbillige Härte

Allein eine lange Trennungszeit der Ehepartner genügt nicht für die Annahme, dass eine unbillige Härte im Sinne des Gesetzes vorliegt, die zum Ausschluss oder zur Kürzung des Anspruchs auf Versorgungsausgleich oder Zugewinnausgleich berechtigt.

Dies wäre nach der Rechtsprechung des BGH erst der Fall, wenn das Vermögen nachweislich erst nach der Trennung erwirtschaftet und demzufolge die Wertsteigerung auch erst nach der Trennung der Eheleute zu verzeichnen ist.

Ist jedoch der Vermögensgegenstand, der in der Trennungszeit diese außergewöhnliche Wertentwicklung erfahren hat, bereits während der intakten Ehe angeschafft worden, ist nicht von einer groben Unbilligkeit auszugehen, wenn die Wertsteigerung ohne Zutun der Ehegatten erst in der Trennungszeit erfolgt ist. In diesem Fall läge keine unbillige Härte vor, die zu einer Kürzung oder zum Ausschluss des Versorgungs- oder Zugewinnausgleichs berechtigen würde.

(OLG München, Urteil vom 17.10.2012, Aktenzeichen 12 U F 777/12)

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Ehegattenunterhalt – ehebedingter Nachteil

Der BGH hat mit seinem Urteil vom 20.02.2013 entschieden, dass kein ehebedingter

Nachteil, der zu einem Anspruch auf nachehelichen Unterhalt führt,  vorliegt, wenn ein

Ehepartner bereits lange Zeit vor der Eheschließung ein gemeinsames Kind betreut und

damit verbunden seinen Arbeitsplatz aufgegeben hat. 

(BGH, Urteil vom 20.02.2013, Aktenzeichen XII ZR 148/10)

VonHagen Döhl

Anfechtung der Vaterschaft durch biologischen Vater auch im Fall der Samenspende

Der BGH hat die Rechtsfrage entschieden, ob auch ein Samenspender als sog. biologischer Vater die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten kann.

Der Kläger und die Mutter des Beklagten zu 2 leben jeweils in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften. Der 2008 geborene Beklagte zu 2 ist durch eine von seiner Mutter selbst vorgenommene Insemination mit Samenflüssigkeit des Klägers, die dieser ihr in einem Gefäß übergeben hatte, gezeugt worden. Ob der Kläger nach der Vorstellung der Beteiligten später die väterliche Verantwortung übernehmen sollte oder ob von vornherein eine Stiefkind-Adoption durch die Partnerin der Mutter beabsichtigt war, wird von den Parteien unterschiedlich dargestellt. Eine nach der Geburt abgegebene Anerkennung der Vaterschaft durch den Kläger ist wegen unterbliebener Zustimmung der Mutter nicht wirksam geworden. Stattdessen hat der Beklagte zu 1 – mit Zustimmung der Mutter – die Vaterschaft anerkannt. Zwischen dem Beklagten zu 1 und dem Kind (Beklagter zu 2) besteht unstreitig keine sozial-familiäre Beziehung.
Der Kläger hat als sog. biologischer Vater die Vaterschaft des Beklagten zu 1 angefochten. Das Amtsgericht – Familiengericht – hatte die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Beide Beklagten haben gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision eingelegt.

Der BGH hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Nach § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB stehe die Anfechtung der Vaterschaft auch dem Mann zu, der an Eides statt versichert, der Mutter in der Empfängniszeit "beigewohnt" zu haben. Der Begriff der Beiwohnung schließe eine Anfechtung der durch eine Samenspende entstandenen Vaterschaft nicht aus. Vielmehr gebieten Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung eine Anwendung der Vorschrift auch bei einer ohne Geschlechtsverkehr möglichen leiblichen Vaterschaft des Anfechtenden, wenn der Zeugung des Kindes keine Vereinbarung i.S.v. § 1600 Abs. 5 BGB vorausgegangen ist. Die Anwendung der Vorschrift werde dadurch erforderlich, dass nur so der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Zugang des biologischen Vaters zur rechtlichen Vaterschaft ermöglicht werde. Ein in den Gesetzesberatungen verhandelter Ausschluss des Samenspenders von der Anfechtung betreffe nur Fälle der sog. konsentierten heterologen Insemination i.S.v. § 1600 Abs. 5 BGB, bei der aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung aller Beteiligten von vornherein klar ist, dass ein anderer Mann rechtlicher Vater werden soll. Damit sei ein Gleichlauf der Anfechtungsrechte des biologischen Vaters und der rechtlichen Eltern gewährleistet.

Der Wunsch der Mutter, dass auch ihre Lebenspartnerin die Elternstellung erlangen soll, sei nur durch eine Adoption zu erreichen. Dagegen stelle die Anerkennung durch einen anderen Mann, der die Elternstellung nicht anstrebt, einen Missbrauch des Elternrechts dar, welcher durch die gesetzlich vorgesehene Anfechtung des leiblichen Vaters verhindert werden soll.
(BGH 15.05.2013  XII ZR 49/11 )

VonHagen Döhl

Schadenersatzanspruch bei verspäteter Zustellung des Ehescheidungsantrages

Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass das Bundesland für den Schaden haftet, der dadurch entsteht, dass ein Ehescheidungsantrag verspätet zugestellt wird, ohne dass der Antragsteller dies zu vertreten hat.

Im vorliegenden Fall wurde der Ehescheidungsantrag am 19.06.2008 beim Familiengericht eingereicht und erst am 03.02.2009 zugestellt. Diese verspätete Zustellung führte dazu, dass der Antragsteller einen höheren Versorgungsausgleich (Ausgleich seiner Rentenanwartschaften) zu leisten hatte, als dies bei zeitnaher Zustellung seines Ehescheidungsantrages der Fall gewesen wäre.

Die unterlassene Veranlassung der Zustellung des Ehescheidungsantrages durch das Gericht wurde vom OLG Stuttgart als Amtspflichtverletzung angesehen und führte zu einer Schadenersatzpflicht des Bundeslandes.

Auch die Geltung des so genannten Richterprivilegs führt zu keiner anderen Bewertung des Sachverhaltes, da es nicht nachvollziehbar und vertretbar war, weshalb der Ehescheidungsantrag so spät erst zugestellt wurde.

(OLG Stuttgart vom 10.10.2012, Aktenzeichen 4 U 56/12)

VonHagen Döhl

Beratungshilfe für Trennung, Scheidung und Folgesachen

Das OLG Stuttgart hat mit seiner Entscheidung vom 17.10.2012 klargestellt, dass ein Beratungshilfeschein, der für Trennung, Scheidung und Folgesachen ausgestellt ist, insgesamt vier Teilbereiche der Beratung erfasst,

die Ehescheidung als solche,

das persönliche Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgangsrecht),

Fragen im Zusammenhang mit Ehewohnung und Hausrat

finanzielle Auswirkungen von Trennung und Scheidung (Unterhaltsansprüche, Güterrecht, Vermögensauseinandersetzung).

Diese vier großen Bereiche werden mit dem Beratungshilfeschein für Trennung, Scheidung und Folgesachen abgedeckt und der Rechtsanwalt kann insgesamt vier Gebühren für seine Beratung hinsichtlich dieser Bereiche abrechnen.

(OLG Stuttgart vom 17.10.2012, 8 W 379/11)

VonHagen Döhl

Berücksichtigung der zusätzlichen Altersversorgung und Zusatzkrankenversicherung wenn der Mindestunterhalt für unterhaltsberechtigte minderjährige Kinder nicht gedeckt ist

Der BGH hat mit seiner Entscheidung vom 30.01.2013 klargestellt, dass es dem Unterhaltspflichtigen verwehrt ist, Kosten der zusätzlichen Altersversorgung und einer Zusatzkrankenversicherung zu berücksichtigen, sofern er dadurch nicht in der Lage ist, den Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind aufzubringen.
Es heißt in der Entscheidung weiter, dass einem Unterhaltspflichtigen zwar grundsätzlich zuzugestehen ist, Aufwendungen bis zu 4 % seines Bruttoeinkommens für eine zusätzliche Altersversorgung aufzuwenden. Ist der Unterhaltspflichtige jedoch einem minderjährigen Kind zu einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit verpflichtet und nicht in der Lage, den Mindestunterhalt für sein minderjähriges Kind sicherzustellen, so wird ihm ein Verzicht in seinem Ausgabenbereich zugemutet.

(vgl. BGH, Urteil vom 30.01.2013, Aktenzeichen XII ZR 158/10)

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Risikolebensversicherungen bei nichtehelichen Lebenspartnern nach deren Trennung

Schließen nichteheliche Lebenspartner eine Risikolebensversicherung auf verbundene Leben, mit der sie sich wechselseitig ein Bezugsrecht für den Todesfall einräumen, trennen sich die Lebenspartner jedoch vor dem Tod eines der Lebenspartner und bemühte sich ein Lebenspartner noch vor seinem Ableben, die Bezugsberechtigung des vormaligen Lebenspartners zu ändern, was jedoch am fehlenden Einverständnis des anderen Lebenspartners scheiterte, so kann der Erbe des verstorbenen Lebenspartners (Erblassers) dem zunächst bezugsberechtigten, ehemaligen Lebenspartner des Erblassers die unzulässige Rechtsausübung gemäß § 242 BGB entgegenhalten.

Denn das Scheitern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kann als Wegfall der Geschäftsgrundlage für den Bestand der verbundenen Lebensversicherungen bewertet werden, so dass die Klage des vormaligen Lebenspartners des Erblassers auf Auszahlung der Versicherungssumme an ihn scheiterte.

(BGH vom 14.11.2012, Aktenzeichen IV ZR 219/12)

VonHagen Döhl

Muss sich ein Anleger vermeintliche Kenntnisse seines Ehepartners zurechnen lassen?

Der BGH hat entschieden, dass sich der Anleger die Erkenntnisse, die  sein  Ehepartner  bei der Lektüre des Prospektes des Anlageberaters gewonnen hat, nur zurechnen lassen muss, wenn der Ehegatte als Wissensvertreter des Anlegers tätig geworden ist. Dies setzt insbesondere voraus, dass ihm die Kenntnis von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme von erforderlichen Tatsachenfeststellungen ausdrücklich übertragen worden ist.

Das darf bei Ehegatten jedoch nicht einfach vermutet werden, sondern muss im jeweiligen Einzelfall auf der Grundlage hinreichend tragfähiger Anhaltspunkte festgestellt werden.

Die Kenntnis des Anlegers oder grobe Fahrlässigkeit der Unkenntnis vom Beratungsfehler eines Anlageberaters lässt sich jedoch nicht schon daraus herleiten, dass der Ehegatte des Anlegers das Prospekt des Anlegers „genau durchgelesen“ hat.

(BGH vom 13.12.2012, Aktenzeichen III ZR 298/11)