Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Entgeltfortzahlung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Wenn das Arbeitsverhältnis endet, erlischt in der Regel auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Nur ausnahmsweise bleibt die Leistungspflicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus bestehen.

Das ist dann der Fall, wenn aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit oder ihrer Verlängerung gekündigt wird. Es genügt, dass die Kündigungsmaßnahme ihre objektive Ursache in der Arbeitsunfähigkeit hat. Sie muss innerhalb der Ursachenkette ein entscheidend mitbestimmender Faktor für das Handeln des Arbeitgebers sein.

Die Vorschriften über die Aufrechterhaltung der Entgeltzahlung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus entfalten ihre Schutzwirkung auch dann, wenn an die Stelle einer Kündigung ein vom Arbeitgeber vorgeschlagener Aufhebungsvertrag tritt und der eigentliche Grund hierfür in der Arbeitsunfähigkeit zu suchen ist.

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Gesetzlicher Urlaubsanspruch nach unbezahltem Sonderurlaub

Das BAG hat entschieden, dass unbezahlter Sonderurlaub dem Entstehen eines gesetzlichen Urlaubsanspruches nicht entgegensteht.
(BAG 06.05.2014   9 AZR 678/12)

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Beschäftigungsanspruch einer Krankenschwester trotz Nachtdienstuntauglichkeit

Das BAG hat entschieden, dass eine Krankenschwester, die aus gesundheitlichen Gründen keine Nachtschichten im Krankenhaus mehr leisten kann, deshalb nicht arbeitsunfähig krank ist, sondern Anspruch auf Beschäftigung hat, ohne für Nachtschichten eingeteilt zu werden.

Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus der sog. Vollversorgung mit etwa 2.000 Mitarbeitern. Die Klägerin ist bei der Beklagten seit 1983 als Krankenschwester im Schichtdienst tätig. Arbeitsvertraglich ist sie im Rahmen begründeter betrieblicher Notwendigkeiten zur Leistung von Sonntags-, Feiertags-, Nacht-, Wechselschicht- und Schichtarbeit verpflichtet. Nach einer Betriebsvereinbarung ist eine gleichmäßige Planung u.a. in Bezug auf die Schichtfolgen der Beschäftigten anzustreben. Das Pflegepersonal bei der Beklagten arbeitet im Schichtdienst mit Nachtschichten von 21.45 Uhr bis 6.15 Uhr. Die Klägerin ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, Nachtdienste zu leisten, weil sie medikamentös behandelt wird.
Nach einer betriebsärztlichen Untersuchung schickte der Pflegedirektor die Klägerin am 12.06.2012 nach Hause, weil sie wegen ihrer Nachtdienstuntauglichkeit arbeitsunfähig krank sei. Die Klägerin bot demgegenüber ihre Arbeitsleistung – mit Ausnahme von Nachtdiensten – ausdrücklich an. Bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts im November 2012 wurde sie nicht beschäftigt. Sie erhielt zunächst Entgeltfortzahlung und bezog dann Arbeitslosengeld.
Die Vorinstanzen hatten der Klage auf Beschäftigung und Vergütungszahlung für die Zeit der Nichtbeschäftigung stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision wollte die Beklagte die Klage weiter abgewiesen wissen.

Das BAG hat die Revision zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BAG ist die Klägerin weder arbeitsunfähig krank noch ist ihr die Arbeitsleistung unmöglich geworden. Sie könne alle vertraglich geschuldeten Tätigkeiten einer Krankenschwester ausführen. Die Beklagte müsse bei der Schichteinteilung auf das gesundheitliche Defizit der Klägerin Rücksicht nehmen. Die Vergütung stehe der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu, weil sie die Arbeit ordnungsgemäß angeboten habe und die Beklagte erklärt hatte, sie werde die Leistung nicht annehmen.

(BAG 9. 4.2014  10 AZR 637/13)

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Arbeitgeber muss nicht auf Entgeltumwandlung hinweisen

Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus auf den Anspruch auf Entgeltumwandlung von vier Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung hinzuweisen. Mit dieser Aussage hat das BAG eine wichtige bAV-Frage geklärt. Im Urteilsfall war der Kläger bis Juni 2010 beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte er vom Arbeitgeber Schadenersatz, weil dieser es pflichtwidrig unterlassen habe, ihn auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a Betriebsrentengesetz hinzuweisen. Bei Kenntnis hätte er 215 Euro seiner monatlichen Arbeitsvergütung in eine Anwartschaft auf Leistungen der bAV umgewandelt. Als Durchführungsweg hätte er die Direktversicherung gewählt. Das BAG hat – wie schon die Vorinstanzen – die Klage auf Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 14.380,38 Euro abgewiesen (BAG, Urteil vom 21.1.2014, Az. 3 AZR 807/11).

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Kündigung nach ehrenrührigen Behauptungen über Vorgesetzte und Kollegen

Das LArbG Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass das Aufstellen ehrenrühriger Behauptungen über Vorgesetzte und Kollegen zu einer ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen kann.
(LArbG Berlin-Brandenburg  19 Sa 322/13)

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Anbringen einer Markise auf Balkon berechtigter Wohngebrauch des Mieters

Das AG München hat entschieden, dass der Schutz vor Sonne auf dem Balkon als sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters gehört und durch das Aufstellen eines Sonnenschirms nicht ausreichend erreicht werden, so dass ein Anspruch auf Anbringen einer Markise besteht.
(AG München  3.02.2014   411 C 4836/13)

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Insolvenzanfechtung von im Wege des Bargeschäfts erfolgten Lohnzahlungen

Das BAG hat sich mit der Frage der Wirksamkeit einer Insolvenzanfechtung von noch vor der Insolvenzeröffnung erfolgter Gehaltszahlungen befasst.

Die Beklagte war bis zum 31.12.2007 bei der Schuldnerin als Alleinbuchhalterin beschäftigt. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde auf Antrag vom 10.08.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Schuldnerin war seit Anfang 2007 zahlungsunfähig. Die Beklagte erhielt gleichwohl wie alle Arbeitnehmer der Schuldnerin ihr Entgelt stets zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Der Kläger begehrt unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Rückzahlung des für die Zeit von Januar bis Juli 2007 gezahlten Nettoentgelts von 10.023,30 Euro zur Insolvenzmasse. Er hat geltend gemacht, auch bei Gehaltszahlungen an Arbeitnehmer im Wege des Bargeschäfts lägen bei Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung vor.
Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen.

Die Revision des Klägers hatte vor dem BAG keinen Erfolg.

Die Anfechtungstatbestände in §§ 129 ff. InsO ermöglichen es dem Insolvenzverwalter, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Schmälerungen der Insolvenzmasse rückgängig zu machen. Nach § 133 InsO können in den letzten zehn Jahren vor dem Insolvenzantrag erfolgte Entgeltzahlungen angefochten werden, wenn der Arbeitgeber mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, gehandelt hat und der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Zahlung diesen Vorsatz kannte. Eine solche sog. Vorsatzanfechtung ist auch möglich, wenn das Entgelt als Gegenleistung für die in engem zeitlichen Zusammenhang erbrachte gleichwertige Arbeitsleistung gezahlt wird und damit ein Bargeschäft i.S.d. § 142 InsO vorliegt. Ob der Arbeitgeber mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt hat und der Arbeitnehmer davon Kenntnis hatte, kann nur aus Indizien hergeleitet werden. Ein Indiz von besonderer Bedeutung ist die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Allerdings sind die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung nicht stets schon dann zu bejahen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig war und der Arbeitnehmer dies wusste. Vielmehr muss auch dieses Indiz einzelfallbezogen auf seine Beweiskraft hin geprüft werden. Erfolgt die Entgeltzahlung im Wege des Bargeschäfts, kann sich auch bei Kenntnis der eigenen Zahlungsunfähigkeit der Wille des Arbeitgebers darauf beschränken, eine gleichwertige Gegenleistung für die zur Fortführung des Unternehmens nötige Arbeitsleistung zu erbringen, ohne dass ihm eine damit verbundene Gläubigerbenachteiligung bewusst wird.

Im Hinblick auf den Bargeschäftscharakter der Entgeltzahlungen habe das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei für den Einzelfall die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung verneint, so das BAG. Das BAG konnte deshalb dahinstehen lassen, ob bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 129 ff. InsO das

(BAG 29-01-2014 – 6 AZR 345/12)

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Nachtzuschläge bei Betriebsratstätigkeit in der Tagschicht

Das LArbG Köln hat entschieden, dass Betriebsratsmitglieder – auch ohne nachts zu arbeiten – Nachtzuschläge erhalten, wenn vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit Nachtzuschläge erhalten haben und das Betriebsratsmitglied ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit ebenso in der Nacht gearbeitet hätte.
(Landesarbeitsgericht Köln  28.01.2014   12 Sa 682/13)

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Sachgrundbefristung wegen nur vorübergehendem Beschäftigungsbedarf

Der Sachgrund des § 14 I 2 Nr. 1 TzBfG setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers kein dauerhafter betrieblicher Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des Arbeitsvertrags eine entsprechende Prognose zu erstellen. Diese ist nicht bereits dann begründet, wenn dem Arbeitgeber dauerhaft anfallende sozialstaatliche Aufgaben nur zeitweise übertragen sind (Orientierungssatz des Gerichts).

BAG, Urteil vom 11.09.2013 – 7 AZR 107/12

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Befristung eines Arbeitsverhältnisses

Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ist ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässig, wenn der Arbeitsvertrag und seine höchstens dreimalige Verlängerung die Gesamtdauer von 2 Jahren nicht überschreitet.

Die Befristung ohne Sachgrund ist dann unzulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor schon ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat.

Zulässig ist es, mit Auszubildenden für die Zeit nach Abschluss der Ausbildung eine befristete Übernahme in ein Arbeitsverhältnis bis zur Dauer von zwei Jahren zu vereinbaren, da ein Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis i.S. des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist.
Ebenfalls steht die Vorbeschäftigung als Leiharbeitnehmer einer erleichterten Befristung nach § 14 Abs. 2 S.1 TzBfG nicht im Wege.
Auch wer zuvor als freier Dienstnehmer (freier Mitarbeiter) oder Werkunternehmer für einen Auftragnehmer tätig war, kann anschließend ohne Sachgrund nach § 14 Abs.2 S.1 TzBfG in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden.

Darüber hinaus verbietet das Gesetz nicht, an die Befristung ohne sachlichen Grund eine (oder auch mehrere) Befristungen mit sachlichem Grund anzuschließen.

Wird gegen das Anschlussverbot verstoßen, gilt nach § 16 Satz 1 TzBfG der befristete Arbeitsvertrag als von Anfang an auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Der Arbeitgeber kann diesen Vertrag frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen, sofern nicht die Kündigung nach dem Vertrag zu einem früheren Zeitpunkt vorbehalten ist.

Sofern also der Arbeitgeber beabsichtigt, einen Arbeitnehmer befristet ohne Sachgrund einzustellen, ist dringend zu empfehlen, sich z.B. in einem Personalfragebogen nach einer eventuellen früheren Beschäftigung des Bewerbers zu erkundigen oder sich  ggf. im Arbeitsvertrag vom Arbeitnehmer bestätigen zu lassen, dass er zuvor weder befristet noch unbefristet bei diesem Arbeitgeber beschäftigt gewesen ist.
Der Arbeitgeber hat ein Fragerecht, ob der Arbeitnehmer bereits früher bei ihm beschäftigt war und kann von der Möglichkeit der Anfechtung des Arbeitsvertrages nach § 123 BGB Gebrauch machen, wenn der Arbeitnehmer nicht wahrheitsgemäß antwortet.