Kategorien-Archiv Arbeitsrecht

VonHagen Döhl

Bloßes zur Verfügung stellen eines Meistertitels ist nichtiges Umgehungsgeschäft

Ein Vertrag, mit dem ein Handwerksmeister einem Handwerksbetrieb lediglich seinen Meistertitel zur Verfügung stellt, ohne dass er tatsächlich als technischer Betriebsleiter tätig ist, ist gemäß § 134 BGB wegen Umgehung des § 7 Handwerksordnung nichtig.
(BAG Urteil vom 18.03.2009 – 5 AZR 355/08)

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Zustimmungsverweigerung per E-Mail

Für eine Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrates im Rahmen von § 99 BetrVG genügt die Einhaltung der Textform.
(BAG, Beschluss vom 10.03.2009 – 1 ABR 93/07)

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BAG: Arbeitgeber nach Verbandsaustritt an die vom Arbeitgeberverband geschlossen Tarifverträge kraft Nachbindung gebunden

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einer aktuellen Entscheidung zur Nachbindung an einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 3 TVG und zu dem Begriff der «anderen Abmachung» nach § 4 Abs. 5 TVG geäußert. Es sieht einen Arbeitgeber nach seinem Verbandsaustritt an die vom Arbeitgeberverband geschlossen Tarifverträge kraft Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG bis zu deren Ende unmittelbar und zwingend gebunden. Anschließend wirken sie nach, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Das BAG betont, dass eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die untertarifliche Abreden enthält und bereits im Stadium der Nachbindung gelten soll, grundsätzlich bereits nach ihrem Regelungswillen keine «andere Abmachung» im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG darstellt (Urteil vom 01.07.2009, Az.: 4 AZR 261/08).

Sachverhalt

Für das Arbeitsverhältnis des Klägers galt kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der einschlägige Gemeinsame Manteltarifvertrag der Metallindustrie (GMTV). Die Beklagte trat im September 2004 aus dem tarifvertragsschließenden Arbeitgeberverband aus. Im Februar 2005 vereinbarte sie mit dem Kläger abweichend vom GMTV die Anhebung der regelmäßigen Arbeitszeit ohne Entgeltausgleich. Im Juli 2005 schlossen die Tarifvertragsparteien des ungekündigten GMTV, ohne diesen zuvor gekündigt zu haben, einen neuen Manteltarifvertrag (MTV), der ab Januar 2006 gelten sollte. Die unmittelbare und zwingende Wirkung des MTV anstelle des GMTV war ab dem betrieblichen Einführungsstichtag des tariflichen Entgeltrahmenabkommens (ERA) vorgesehen, spätestens aber zum 31.12.2008. Das ERA konnte ab Januar 2006 auf freiwilliger Basis eingeführt werden. Zum 01.10.2007 schloss die Beklagte mit der IG Metall, die auch den GMTV und den MTV vereinbart hatte, einen Firmentarifvertrag, der im Wesentlichen die zuvor einzelvertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen unterhalb des Niveaus des GMTV zum Gegenstand hat.

Arbeitsrechtliche Vereinbarungen durch GMTV verdrängt

Die Revision der Beklagten blieb vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts insoweit erfolglos, als sie sich gegen das vorinstanzlich erfolgreiche Begehren des Klägers richtete, trotz der vertraglichen Abrede vom Februar 2005 seien für ihn die Arbeitszeitregelungen des GMTV jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Firmentarifvertrags maßgebend. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass der GMTV nach dem Verbandsaustritt der Beklagten bis zu dessen Beendigung für die Parteien unmittelbar und zwingend war und die arbeitsvertragliche Vereinbarung vom Februar 2005 verdrängte, die auch unter Berücksichtigung des darin vorgesehenen Schutzes gegen betriebsbedingte Kündigungen keine nach § 4 Abs. 3 TVG günstigere Abmachung war.

Nachbindung ohne zeitliche Beschränkung

Entgegen der Auffassung der Beklagten endete die Nachbindung nach § 3 Abs. 3 TVG laut BAG weder mit dem auf den Verbandsaustritt folgenden nächstmöglichen Kündigungstermin des GMTV noch in Anlehnung an die Frist des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ein Jahr nach dem Ende der Verbandsmitgliedschaft. Gegen die von § 3 Abs. 3 TVG ohne zeitliche Beschränkung angeordnete Nachbindung bestünden auch unter dem Gesichtspunkt der negativen Koalitionsfreiheit keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, so die Erfurter Richter.

Vereinbarung keine die Nachwirkung beendende Abmachung

Allerdings endete der GMTV im Sinne des § 3 Abs. 3 TVG laut BAG nicht erst mit Ablauf des 31.12.2008. Bereits ab dem 01.01.2006 habe der GMTV für die verbandsangehörigen Arbeitgeber nicht mehr zwingend gegolten. Durch die mögliche Einführung des ERA hätten sie den GMTV ab diesem Zeitpunkt durch den MTV ablösen können. Im Arbeitsverhältnis der Parteien habe damit ab dem 01.01.2006 der GMTV nachgewirkt. Die Vereinbarung vom Februar 2005 sei auch keine die Nachwirkung beendende andere Abmachung im Sinne des § 4 Abs. 5 TVG. Insoweit bestätigte der Vierte Senat seine ständige Rechtsprechung.

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Keine Anwendung des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (Antidiskriminierungsgesetz) auf Kündigungssfristen nach § 622 BGB

Das AGG kommt als gleichrangige Norm nicht als Prüfungsmaßstab für § 622 BGB in Betracht.
BVerfG 1. Senat 3. Kammer
Entscheidungsdatum: 18.11.2008
Aktenzeichen: 1 BvL 4/08

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Abmahnung wegen Verweigerung der Teilnahme an Personalgespräch

Das BAG hat entschieden, dass die Abmahnung eines Arbeitnehmers wegen Verweigerung eines Personalgesprächs über Änderungen des Arbeitsvertrages nicht rechtmäßig ist.
Im entschiedenen Fall strebte der Arbeitgeber eine Verminderung des 13. Gehalts ihrer Mitarbeiter an. Zu diesem Zweck fand mit einer Gruppe von Arbeitnehmerinnen statt, zu der auch die Klägerin gehörte. Die Arbeitnehmerinnen waren mit der Vertragsänderung nicht einverstanden. Daraufhin lud die Beklagte die Klägerin zu einem Einzelgespräch. Ziel des Gesprächs war es wiederum, die Klägerin zum Einverständnis mit der Verminderung des 13. Gehalts zu bewegen. Die Klägerin erschien, wie erbeten, erklärte jedoch, nur zu einem gemeinsamen Gespräch unter Einbeziehung der übrigen Mitarbeiterinnen bereit zu sein. Ein solches lehnte die Beklagte ihrerseits ab und erteilte der Klägerin eine Abmahnung. Die Klägerin habe ihre Arbeitsleistung (in Form eines Personalgesprächs) verweigert.
Die von der Klägerin erhobene Klage auf Herausnahme der Abmahnung aus der Personalakte hatte Erfolg.
Nach Auffassung des Gerichts war die Klägerin zur Teilnahme an dem Personalgespräch nicht verpflichtet. Die Weisung, an dem Gespräch teilzunehmen, betraf weder die Arbeitsleistung noch Ordnung oder Verhalten im Betrieb, sondern ausschließlich eine von der Beklagten gewünschte Änderung des Arbeitsvertrags.
(BAG 23.06.2009 – 2 AZR 606/08)

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Kündigung außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes – Treu und Glauben

Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt. Nichts anderes gilt für die Kündigung, auf die wegen Nichterfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, weil sonst für diese Fälle über § 242 BGB der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz doch gewährt werden würde. Zu den typischen Tatbeständen einer treuwidrigen Kündigung zählen Rechtsmissbrauch und Diskriminierungen. Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer (BAG vom 22. Mai 2003 – 2 AZR 426/02 – zitiert nach juris, Rzn. 27, 28). Es kommt nicht auf die objektive Sachlage zum Zeitpunkt der Kündigung an, sondern lediglich auf die Gründe, die den unmittelbaren Kündigungsentschluss des Kündigenden bestimmt haben (ArbG Berlin vom 07.03.2000 – 86 Ca 34037/99 – zitiert nach juris). Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (BAG vom 28.03.2003 – 2 AZR 333/02- zitiert nach juris, Rz. 17).Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben im Einzelnen ergeben, lässt sich dabei nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles entscheiden (BAG vom 16.09.2004 – 2 AZR 447/03 – zitiert nach juris, Rzn. 36, 37).
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 27.05.2009 Aktenzeichen: 3 Sa 74/09

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Beachtung der Frist für die Kündigungsschutzklage einer schwangeren Arbeitnehmerin

Eine schwangere Arbeitnehmerin muss die Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 9 Abs. 1 MuSchG grundsätzlich innerhalb der 3-wöchigen Klagefrist gerichtlich geltend machen. Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG läuft auch an, wenn die den Sonderkündigungsschutz auslösenden Voraussetzungen (Schwangerschaft) erst nach Zugang der Kündigung der Arbeitnehmerin bekannt werden. Sie wird durch die Mitteilung der Arbeitnehmerin an den Arbeitgeber nach Kündigungsausspruch, sie sei schwanger, nicht gehemmt oder unterbrochen. Erhebt die schwangere Arbeitnehmerin keine Kündigungsschutzklage, obwohl sie den Arbeitgeber nach Ausspruch der Kündigung und noch innerhalb der Zweiwochenfrist des § 9 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG von ihrer Schwangerschaft in Kenntnis gesetzt hat, wird die Kündigung nach Ablauf der 3-wöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam fingiert (§ 7 KSchG). Voraussetzung für die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 4 Satz 4 KSchG ist die Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwangerschaft der Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung. Erlangt er erst nach Zugang der Kündigung diese Kenntnis, findet § 4 Satz 4 KSchG keine Anwendung.
(BAG Urteil vom 19.02.2009 – 2 AZR 286/07).

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Fortbildungsvertrag – Bindungsdauer

Auch in vom Arbeitgeber gestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind vertragliche Vereinbarungen grundsätzlich zulässig, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, falls er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Voraussetzung dafür ist, dass die Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil sind und die Dauer und die Kosten der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Das ist anhand der bereits vor Inkraft-
treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes von der Rechtsprechung entwickelten Regelwerte zu überprüfen.
Dabei geht es jedoch nicht um rechnerische Gesetzmäßigkeiten, vielmehr sind die Regelwerte einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich.
Vereinbart der Arbeitgeber eine zu lange Regelungsdauer, ist die Klausel nicht geltungserhaltend zu reduzieren, sondern unwirksam. Etwas anderes würde dem im Recht der
Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Transparenzgrundsatz widersprechen.
Im Falle der Unwirksamkeit kommt jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Es wäre unangemessen und würde den Interessen beider Parteien nicht gerecht, das sich aus der notwendigen Einzelfallbewertung ergebende Prognoserisiko dem Arbeitgeber aufzuerlegen,
wenn es für ihn objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen. Die Berücksichtigung des Prognoserisikos ist jedenfalls als Besonderheit des Ar-
beitsrechts geboten.
BAG 14.1.2009 – 3 AZR 900/07

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BAG: Arbeitnehmer muss sich Fristversäumnis eines Gewerkschaftsvertreters bei Erhebung einer Kündigungsschutzklage zurechnen lassen

Versäumt ein beauftragter Gewerkschaftsvertreter die Erhebung einer Kündigungsschutzklage, so muss sich der Arbeitnehmer dessen Verschulden zurechnen lassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. Eine nachträgliche Zulassung der Klage kommt nicht in Betracht. Die Kündigung gilt damit als von Anfang an wirksam (Urteil vom 28.05.2009, Az.: 2 AZR 548/08).

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Geringere Sozialplanabfindung für ältere Arbeitnehmer

Sozialpläne können geringere Abfindungen für Arbeitnehmer vorsehen, die demnächst Anspruch auf gesetzliche Altersrente haben und den Zeitraum bis dahin mit Arbeitslosengeld überbrücken können.
(BAG, Urteil vom 20.01.2009 – 1 AZR 740/07)