Betriebliche Übung – Gehaltserhöhung

VonHagen Döhl

Betriebliche Übung – Gehaltserhöhung

Unter betrieblicher Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern in der Regel stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), entstehen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen. Entscheidend für die Entstehung eines Anspruchs ist nicht der Verpflichtungswille, sondern wie der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) verstehen musste und durfte . Im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers ist zu ermitteln, ob der Arbeitnehmer davon ausgehen
musste, die Leistung werde nur unter bestimmten Voraussetzungen oder nur für eine bestimmte Zeit gewährt. Eine bereits vor Betriebsübergang begründete betriebliche Übung bindet auch den neuen Arbeitgeber.

Eine betriebliche Übung der Erhöhung der Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung kommt grundsätzlich nur bei einem nicht tarifgebundenen Arbeitgeber in Betracht. Bei bestehender Tarifbindung will der Arbeitgeber dagegen nur die Tarifregelungen umsetzen und
keine weitergehenden Bindungen eingehen. Es erfolgt Normvollzug. Eine betriebliche Übung kann nur angenommen werden, wenn es im Verhalten eines nicht tarifgebundenen Arbeitgebers deutliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass er auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien ausgehandelten Erhöhungen übernehmen will. Grundsätzlich will sich ein
solcher Arbeitgeber nicht der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien unterwerfen. Mit den in Anlehnung an Tariflohnerhöhungen erfolgenden freiwilligen Lohnsteigerungen entsteht lediglich ein Anspruch der Arbeitnehmer auf Fortzahlung dieses erhöhten Lohns, nicht aber zugleich eine Verpflichtung des Arbeitgebers, auch künftige Tariflohnerhöhungen weiterzugeben.
(BAG – 03.11.2004 5 AZR 73/04)

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