Besteuerung privater Wertpapierverkäufe möglicherweise auch für das Jahr 1999 verfassungswidrig?

VonHagen Döhl

Besteuerung privater Wertpapierverkäufe möglicherweise auch für das Jahr 1999 verfassungswidrig?

Auch für den Veranlagungszeitraum 1999 bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung von privaten Wertpapierverkäufen. In vorläufigen Rechtschutzverfahren ist daher ein berechtigtes Interesse des Steuerzahlers an der Aussetzung der Vollziehung entsprechender Einkommenssteuerbescheide zu bejahen. Dies geht aus einer aktuellen Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf hervor.

Das Finanzamt hatte bei einer Außenprüfung festgestellt, dass die Antragstellerin im Mai 1999 aus dem Verkauf von Aktien einen Gewinn erzielt hatte und erfasste daraufhin diesen Gewinn als Einkunft aus einem privaten Veräußerungsgeschäft. Hiergegen wehrte sich die Betroffene. Sie wies auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.03.2004 (NJW 2004, 1022) hin und vertrat die Auffassung, dass das für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 festgestellte massive Vollzugsdefizit bei der Durchsetzung des Steueranspruchs aus § 23 Abs. 1 EStG a.F., das zur Nichtigkeit dieser Vorschrift geführt habe, auch im Jahre 1999 noch bestanden habe. Das Finanzgericht Düsseldorf gewährte der Antragsstellerin einstweiligen Rechtsschutz.

Das Gericht war der Auffassung, das im vorliegenden Fall ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG begründet seien. Diese Zweifel resultierten schon aus dem Vorlagebeschluss des BFH vom 16.07.2002 (NJW 2003, 83), der letztlich zu dem Urteil des BVerfG vom 09.03.2004 geführt habe. In diesem Beschluss nehme der BFH auch zur Rechtslage ab dem Veranlagungszeitraum 1999 Stellung und führe aus, dass der gleichmäßige Belastungserfolg weder durch § 45d Abs. 1 EStG noch durch organisatorische Maßnahmen hergestellt werden könne. Diese Erwägungen hätten in einem den Veranlagungszeitraum 2000 betreffenden Fall dazu geführt, dass der BFH ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der auch hier einschlägigen Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bejaht habe und Aussetzung der Vollziehung gewährt habe. Für den Veranlagungszeitraum 1999 könne nichts anderes gelten.

Die Unsicherheit bei der für das Jahr 1999 zu beurteilenden Rechtsfrage sei durch das Urteils des BVerfG nicht beseitigt worden, so das FG Düsseldorf. Dort lehne es das BVerfG lediglich ab, die Nichtigkeitserklärung bezüglich der für 1997 und 1998 geltenden Gesetzesfassung auch auf die hier einschlägige Norm des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu erstrecken, weil sich die Relation zwischen Norm und Vollzugsrealität so verändert haben könne, dass ein zur Verfassungswidrigkeit führendes strukturelles Vollzugsdefizit nicht mehr vorliege. Dabei setzte die negative Entwicklung der Kurse an den Kapitalmärkten, die das BVerfG als Umstand für eine eventuelle Änderung der Verhältnisse angeführt hatte, nach seinen Feststellungen im Wesentlichen erst ab Frühjahr 2000 ein und sei damit für das Streitjahr noch nicht relevant gewesen. Ob die vom Gesetzgeber ab 1999 geschaffene erweiterte Verlustverrechnungsmöglichkeit den verfassungswidrigen Zustand beseitigt habe, bedürfe weiterer Feststellungen. Diese seien allerdings nicht in einem vorläufigen Rechtschutzverfahren zu treffen.
(FG Düsseldorf Beschluss vom 27.07.2004, Az.: 8 V 2808/04)

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