Zur vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten

VonHagen Döhl

Zur vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten

1. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des
Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene
Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine
Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus,
so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit
in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit
auszuüben. Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung
aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass
den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur
Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft.

2. Ein gem. § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat
sich intensiv, d.h. unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller
vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten
Arbeitsplatzes zu bemühen. Er muss alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt
des Kindes verwenden, alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen und auch
einschneidende Veränderungen in seiner eigenen Lebensgestaltung in Kauf
nehmen, um ein die Zahlung des Mindestunterhaltes sicherstellendes Einkommen
zu erzielen.

3. Bestehen keine die Interessen des unterhaltsbedürftigen Kindes eindeutig
überwiegenden Bindungen an den bisherigen Wohnort, so muss unter Inkaufnahme
eines Wohnortwechsels gegebenenfalls im gesamten Bundesgebiet eine Arbeit
übernommen werden, sofern in einem anderen Teil Deutschlands bessere bzw.
höher dotierte Erwerbsmöglichkeiten bestehen und die Umzugskosten mit
Rücksicht auf den erzielbaren Verdienst tragbar erscheinen.
(Brandenb. OLG, Entscheidung vom 14.4.2003 – 9 UF 48/03)

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