Kleine Schwester der GmbH kommt

VonHagen Döhl

Kleine Schwester der GmbH kommt

Mit nur einem Euro Startkapital können sich Unternehmensgründer in Deutschland künftig in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft selbstständig machen. Die neue „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ (UG) ist ein Kernelement der GmbH-Reform, die der Bundestag am Donnerstag verabschiedet hat. Mit der Novelle soll außerdem der grassierende Betrug bei Firmenpleiten wirkungsvoller bekämpft werden.
Bundesjustizminister Brigitte Zypries (SPD) lobte eine „massive Entrümpelung“ des Rechts. FDP und Linke warnten dagegen, die neuen Mini-GmbHs böten keinen ausreichenden Gläubigerschutz. Die Reform ist die größte GmbH-Reform seit der Verabschiedung des GmbH-Gesetzes im Jahr 1892 durch den kaiserlichen Reichstag.
Entgegen der ursprünglichen Planung der großen Koalition bleibt es bei der klassischen „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“ (GmbH) dabei, dass die Gesellschafter ein Grundkapital von 25.000 Euro aufbringen müssen. Sie bekommt aber mit der UG eine kleine Schwester, die unkompliziert und preiswert ins Leben gerufen werden kann. Wird ein notariell beglaubigtes Musterprotokoll verwendet, fallen Gesamtkosten von nur 120 Euro an. Wegen der fehlenden Kapitalausstattung muss eine UG aber ein Viertel ihres Jahresgewinns ansparen. Erreicht sie die Schwelle von 25.000 Euro, kann sie zur klassischen GmbH umfirmieren.
Mit der Einstiegsvariante wird eine Alternative vor allem zur britischen Rechtsform „Limited“ geschaffen, die auch in Deutschland immer beliebter wird. Zypries sagte, die UG werde die Innovationskraft der Wirtschaft stärken. Zurzeit gibt es rund eine Million GmbHs. Der rechtspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Jürgen Gehb, sagte, es wäre keine Alternative gewesen, die klassische GmbH mit einem Kapital von nur 10.000 Euro zu einer „eierlegenden Wollmilchsau“ zu machen, um allen Bedürfnissen in einem modernen Wirtschaftsleben zu entsprechen.

Die FDP und die Linke warfen der Koalition vor, dem Standort zu schaden. Das Stammkapital sei seit über 100 Jahren ein Signal für die Wirtschaftskraft und Seriosität einer GmbH und damit auch für den Gläubigerschutz, sagte die FDP-Rechtsexpertin Mechthild Dyckmans. Wer nicht bereit sei, mehr als einen Euro in seine Firma einzubringen, der scheitere. „Sie öffnen dem Missbrauch Tür und Tor“, sagte Sabine Zimmermann von der Linken.
Die Grünen stimmten der Novelle trotz Detailkritik zu. Ihr Rechtspolitiker Jerzy Montag sagte, das Eigenkapital sei nicht mehr zentral für Gläubiger. Wer Kredite brauche, müsse ohnehin persönlich haften. Problematisch sei aber die Besteuerung ab dem ersten Euro. Die Grünen hatten deshalb eine steuergünstigere Personengesellschaft mit beschränkter Haftung vorgeschlagen.
Mit der Reform soll außerdem Insolvenzbetrügern der Riegel vorgeschoben werden. So sollen sogenannte Firmenbestattungen verhindert werden, bei denen der Konkurs nicht stattfinden kann, weil der Geschäftsführer abberufen wurde oder das Unternehmen nicht mehr erreichbar ist. Künftig sind auch die Gesellschafter verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Außerdem können Rechtstitel auch an sie zugestellt werden.

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