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VonHagen Döhl

Wer bekommt „Hausfrauenentschädigung“?

Das LSG Halle (Saale) hat sich mit der Höhe der Entschädigung eines arbeitslosen Hartz IV-Beziehers für einen zweistündigen Gerichtstermin befasst.

Der arbeitslose Hartz IV-Bezieher (Kläger) musste zu einem zweistündigen Gerichtstermin kommen. Sein persönliches Erscheinen war angeordnet worden. Der Kläger führte den Haushalt für Lebensgefährten und Mutter. Zunächst wurde eine Zeitaufwandsentschädigung von drei Euro/Stunde festgelegt, weil der Kläger keine Einkünfte habe. Das war ihm zu wenig.

Das LSG Halle (Saale) hat daraufhin den Stundensatz auf 12 Euro erhöht.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts kommt es nach dem Gesetz nur darauf an, dass man den Haushalt führt und nicht erwerbstätig ist. Daran ändere der Bezug von Erwerbsersatzeinkommen nichts. Berufstätige Kläger mit geringem Einkommen könnten allerdings benachteiligt sein, wenn sie einen geringeren Bruttolohn erhielten.

Weitere Informationen:

§ 191 SGG
Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; …

§ 21 JVEG, Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung
Zeugen, die einen eigenen Haushalt für mehrere Personen führen, erhalten eine Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung von 12 Euro je Stunde, wenn sie nicht erwerbstätig sind oder wenn sie teilzeitbeschäftigt sind und außerhalb ihrer vereinbarten regelmäßigen täglichen Arbeitszeit herangezogen werden. …

§ 22 JVEG, Entschädigung für Verdienstausfall
Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 17 Euro beträgt. …

VonHagen Döhl

Hohes Mitverschulden der Tierhalterin bei Eingreifen in Hundebeißerei

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Hundehalterin, die in die Beißerei zweier Hunde eingreift, um ihr eigenes Tier zu schützen und dabei von dem fremden Hund gebissen wird, von der Halterin des fremden Tieres nur anteilig Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen kann.
Der Hund der Beklagten riss sich im Winter 2009 im Ennepe-Ruhr-Kreis von seiner Leine los, stürzte auf den angeleinten knurrenden Hund der Klägerin zu und biss diesen mehrfach. Die jetzt 44 Jahre alte Klägerin hielt schützend die Hand über den Kopf ihres Tieres, als der fremde Hund erneut zubiss und das erste Glied des linken Zeigefingers der Klägerin abtrennte.
Die gegen die fremde Hundehalterin gerichtete Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz war erst in zweiter Instanz teilweise vor dem OLG Hamm erfolgreich.
Auch wenn die Klägerin in berechtigter Sorge um ihr Tier eingriff, musste sie nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts wissen, dass ihr Handeln die Gefahr mit sich bringe, selbst gebissen und verletzt zu werden. Ihr Mitverschulden hat das Oberlandesgericht mit 50% bewertet, das verlangte Schmerzensgeld und den Verdienstausfall entsprechend gekürzt und ihr insoweit gut 3.000 Euro zuerkannt.
Auch die bezahlten Tierarztkosten bekommt die Klägerin nur anteilig, gekürzt um die Tiergefahr des eigenen Hundes, ersetzt. Ihr stehen nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts nur 75% dieser Aufwendungen zu, weil sich insoweit ihr Eingreifen nicht ausgewirkt habe.
(OLG Hamm I-6 U 72/11)

VonHagen Döhl

Hohes Mitverschulden der Tierhalterin bei Eingreifen in Hundebeißerei

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Hundehalterin, die in die Beißerei zweier Hunde eingreift, um ihr eigenes Tier zu schützen und dabei von dem fremden Hund gebissen wird, von der Halterin des fremden Tieres nur anteilig Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen kann.
Der Hund der Beklagten riss sich im Winter 2009 im Ennepe-Ruhr-Kreis von seiner Leine los, stürzte auf den angeleinten knurrenden Hund der Klägerin zu und biss diesen mehrfach. Die jetzt 44 Jahre alte Klägerin hielt schützend die Hand über den Kopf ihres Tieres, als der fremde Hund erneut zubiss und das erste Glied des linken Zeigefingers der Klägerin abtrennte.
Die gegen die fremde Hundehalterin gerichtete Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz war erst in zweiter Instanz teilweise vor dem OLG Hamm erfolgreich.
Auch wenn die Klägerin in berechtigter Sorge um ihr Tier eingriff, musste sie nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts wissen, dass ihr Handeln die Gefahr mit sich bringe, selbst gebissen und verletzt zu werden. Ihr Mitverschulden hat das Oberlandesgericht mit 50% bewertet, das verlangte Schmerzensgeld und den Verdienstausfall entsprechend gekürzt und ihr insoweit gut 3.000 Euro zuerkannt.
Auch die bezahlten Tierarztkosten bekommt die Klägerin nur anteilig, gekürzt um die Tiergefahr des eigenen Hundes, ersetzt. Ihr stehen nach den Ausführungen des Oberlandesgerichts nur 75% dieser Aufwendungen zu, weil sich insoweit ihr Eingreifen nicht ausgewirkt habe.
(OLG Hamm I-6 U 72/11)

VonHagen Döhl

Neuregelung der Rechtsmittel

Seit dem 27.10.2011 gelten neue Regelungen für Rechtsmittel in Zivilverfahren.
Berufungsgerichte waren bislang nach § 522 Abs. 2 ZPO verpflichtet, die Berufung in klaren Fällen ohne mündliche Verhandlung und ohne weitere Anfechtungsmöglichkeiten zurückzuweisen. Die Neuregelung stärkt die mündliche Verhandlung und baut den Rechtsschutz aus:

• Auch im Berufungsverfahren muss jetzt immer mündlich verhandelt werden, wenn eine mündliche Erörterung des Rechtsstreits geboten ist – zum Beispiel wegen der existenziellen Bedeutung des Rechtsstreits für eine Partei -, selbst wenn die Sache aussichtslos erscheint und keine Grundsatzbedeutung hat.

• Die Schwelle für eine Prozessbeendigung durch unanfechtbaren Beschluss wird heraufgesetzt. Künftig kann dies nur noch geschehen, wenn die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, während bislang Offensichtlichkeit nicht gefordert wurde.

• Das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde wird eingeführt. Selbst wenn eine Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen wird, kann dagegen künftig ab einer Beschwer von 20.000 Euro Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt werden.

Damit werden Zurückweisungsbeschlüsse unter den gleichen Voraussetzungen wie heute schon Berufungsurteile anfechtbar.
Die Gesetzesänderung beseitigt zugleich regionale Unterschiede im Rechtsschutz. Bisher wurde von Gericht zu Gericht sehr unterschiedlich von der Vorschrift Gebrauch gemacht, Berufungen durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Während in bestimmten Gerichtsbezirken mehr als jede vierte Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen wurde, war es in anderen Regionen nicht einmal jede zehnte. Mit dem neuen Gesetz wirken sich die regionalen Unterschiede nicht mehr aus. Es gibt die gleichen Rechtsmittel, egal ob die Entscheidung durch Urteil oder Beschluss ergeht. Der Gerichtsort entscheidet nicht mehr über die Qualität des Rechtsschutzes.

VonHagen Döhl

Irreführende Angaben im Angebotsschreiben für Veröffentlichung von Firmendaten in Internetverzeichnis

Das AG München hat entschieden, dass das Formular eines Adressbuchverlags dann täuschend ist, wenn es die Begründung einer Entgeltpflicht und die Laufzeit des Vertrages nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen lässt.

Eine Firma unterhält auf einer Webseite ein Internetverzeichnis, in das sich Selbstständige und Gewerbetreibende mit ihren Kontaktdaten eintragen lassen können. Im September 2010 wurde einem Handelsunternehmen ein Antragsformular übermittelt, mit dem das Angebot unterbreitet wurde, die Daten des Unternehmens in das Verzeichnis aufzunehmen. Dieses unterzeichnete das Antragformular und sandte es zurück. Kurze Zeit später erhielt es eine Rechnung über 773,50 Euro brutto. Das Unternehmen zahlte nicht, schließlich sei von einem Entgelt nicht die Rede gewesen und erklärte die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung. Die Internetbetreiberin erhob darauf hin Klage.

Das AG München hat die Klage jedoch abgewiesen.

Nach Auffassung des Amtsgerichts ist die Annahme des Vertragsangebots durch das Unternehmen infolge wirksamer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nichtig, so dass der Klägerin ein Anspruch aus diesem Vertrag nicht zustehe. Eine Täuschung liege hier in Form der Entstellung von Tatsachen vor. Das Formular eines Adressbuchverlags sei dann täuschend, wenn es die Begründung einer Entgeltpflicht und die Laufzeit des Vertrags nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen lasse. Dies träfe auf das Antragsformular der Klägerin infolge der Abfassung und äußeren Gestaltung zu.

Das Formblatt werde als „gewerbliches Verzeichnis beschrieben. Eine Entgeltlichkeit der Eintragung in das Internetverzeichnis ergebe sich bei einer Lektüre des Formblatts zunächst nicht, insbesondere auch nicht aus der Verwendung des Wortes „gewerblich“. Der Adressat des Formulars müsse diese Formulierung nicht dahingehend verstehen, dass der Versand des Formblatts im Rahmen der Ausübung eines Gewerbes, somit in Gewinnerzielungsabsicht erfolge. Tatsächlich erwecke die Formulierung in ihrer konkreten Verwendung eher den Eindruck, als ob sich die Bezeichnung „gewerblich“ auf den Charakter des Internetverzeichnisses als Gewerbedatenbank beziehe, also auf den Umstand, dass die dort eingetragenen Firmen und Personen Gewerbetreibende seien.

Ein konkreter Hinweis auf die Entgeltpflicht finde sich erstmals innerhalb eines klein gedruckten eingerahmten Fließtextes im Bereich des rechten Seitendrittels. Dieser Fließtext erwecke den Eindruck, als sei hier durch Verwendung möglichst zahlreicher, sich inhaltlich überschneidender Füllwörter versucht worden, das Wort „Vergütungshinweis“ in dem Fließtext zu verbergen bzw. möglichst weit nach unten zu rücken. Bereits die Überschrift enthalte eine durch Kommata getrennte Aufzählung von Positionen, die sich insgesamt auf sechs Zeilen der Spalte erstreckten. Diese Art der Gestaltung sei objektiv geeignet, das Überlesen des Wortes „Vergütungshinweis“ zu fördern.

Im konkreten Fall gäbe es für die unprofessionelle, für einen Gewerbetreibenden, der ein entgeltliches Produkt anbiete und bewerben wolle, gänzlich untypische Gestaltungsweise des Formblattes letztlich überhaupt keine andere Erklärung, als dass – jedenfalls teilweise – „Kunden“ dadurch gewonnen werden sollen, dass sie infolge Irrtums über die Entgeltlichkeit das Formblatt unterzeichnen und an die Klägerin zurücksenden.

Das Urteil ist rechtskräftig. Das LG München I hat die Berufung zurückgewiesen und die Klausel über die Entgeltpflicht zudem als überraschend und damit unwirksam erklärt.
213 C 4124/11

VonHagen Döhl

Keine Bezahlung einer Handyrechnung in Höhe von über 11.500 Euro

Das OLG Schleswig hat entschieden, dass der Nutzer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware nicht die Kosten der Internetnutzung zahlen muss, wenn die Navigationssoftware bei der Installation automatisch eine kostenpflichtige Kartenaktualisierung startet und ein ausdrücklicher Hinweis des Mobilfunkanbieters auf die Kostenfolge fehlt.

Das klagende Unternehmen ist ein Mobilfunkanbieter. Das Unternehmen schloss mit dem beklagten Verbraucher einen Vertrag über Mobilfunkleistungen, der auch die Nutzung des Internets umfasste. Die Preise für die Internetnutzung richteten sich nach der abgerufenen Datenmenge und dem Zeitumfang der Nutzung. Der Tarif für die Internetnutzung rechnete sich nur bei geringfügiger Internetnutzung. Für einen Zeitraum von 20 Tagen stellte der Mobilfunkanbieter dem Verbraucher 11.498,05 Euro in Rechnung. Der Verbraucher hatte von dem Mobilfunkanbieter anlässlich einer Vertragsverlängerung günstig gegen Zuzahlung ein Mobiltelefon erworben, das nach der Werbung des Mobilfunkanbieters auch eine Navigationssoftware umfasste. Als der Verbraucher die Navigationssoftware auf dem neuen Mobiltelefon installierte, startete automatisch eine Aktualisierung des vorhandenen Kartenmaterials über das Internet, die mehrere Stunden dauerte.

Das OLG Schleswig hat die Zahlungsklage des Mobilfunkanbieters abgewiesen.

Das Oberlandesgericht sah in dem Verhalten des Mobilfunkanbieters eine Verletzung vertraglicher Pflichten, so dass diesem nach „Treu und Glauben“ nicht das vereinbarte Entgelt für die Internetnutzung zusteht. Die Klägerin habe ihre Nebenpflichten aus dem Mobilfunkvertrag verletzt, indem sie den Beklagten ohne nachdrückliche Warnung vor der Kostenfalle ein Mobiltelefon verkaufte, das im Rahmen der Installation der Navigationssoftware eine kostenpflichtige automatisch startende Kartenaktualisierung vorsah. Nebenpflicht im Rahmen eines Mobilfunkvertrages sei die Pflicht beider Vertragspartner für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen, und die Fürsorgepflicht, möglichst Schäden von der anderen Seite abzuwenden. Der Käufer eines Mobiltelefons mit Navigationssoftware gehe davon aus, dass diese auf aktuellem Stand sei. Müsse er sich im Laufe der Installation entscheiden, ob er eine Kartenaktualisierung in Gang setzen wolle, so werde und dürfe er denken, dass er nur so und ohne weitere Kosten an die ihm nach dem Kaufvertrag zustehende aktuelle Software gelangen könne. Auf Abweichendes müsste der Verkäufer ausdrücklich hinweisen, was hier nicht geschehen sei.

Der beklagte Verbraucher muss jetzt lediglich 35,93 Euro für die Inanspruchnahme weiterer Mobilfunkleistungen zahlen.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 15.09.2011 16 U 140/10)

VonHagen Döhl

Versand von Rechnungen künftig mit einfacher E-Mail möglich

Ab dem 01.07.2011, so sieht es der aktuelle Stand des „Steuervereinfachungsgesetzes vor“, dürfen Unternehmer ihre Rechnungen an den Empfänger elektronisch, etwa per E-Mail, übermitteln, wenn der Adressat diesem papierlosen Verfahren zugestimmt hat.

Der Deutsche Steuerberaterverband (DStV) hält die dabei von der Bundesregierung prognostizierten Einsparungen in Milliardenhöhe langfristig für realistisch. Ferner begrüßt der Verband vor allem die Beseitigung der bisherigen Rechtsunsicherheit. Zwar genügte dem Leistungsempfänger bislang für Zwecke der Umsatzsteuer bei Flug- oder Bahntickets ausnahmsweise ein PDF-Dokument. In allen anderen Fällen, beispielsweise Telefonrechnungen, blieb der Vorsteuerabzug bei Versand per E-Mail ohne komplizierte elektronische Signatur versagt.

Wichtig ist beim einfachen elektronischen Rechtsverkehr ohne Signatur künftig, dass beim Empfänger die Echtheit der Rechnung sowie die Unversehrtheit deren Inhalts und ihre Lesbarkeit gewährleistet sind. Für Unternehmen, die über kein kaufmännisches Rechnungswesen verfügen, soll hierfür im Einzelfall schon der manuelle Abgleich der Rechnung mit der Bestellung und gegebenenfalls dem Lieferschein genügen.

Der DStV weist darauf hin, dass bei wörtlicher Auslegung der Empfänger die „Zustimmung“ auch nachträglich, unter Umständen stillschweigend, erteilen kann. Daneben werden möglicherweise die Unternehmen dazu übergehen, sich diese Zustimmung generell bei Vertragsschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilen zu lassen.

Unverändert geblieben sind hingegen die erforderlichen Angaben, die eine ordnungsgemäße Rechnung enthalten muss. Hier lauern in der Praxis auch weiterhin zahlreiche Fallstricke. Erleichterungen gelten diesbezüglich nur für Rechnungen über Kleinbeträge bis 150 Euro.

VonHagen Döhl

Kontoführungsgebühr für Darlehenskonto

Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Kreditinstituts, in denen für die Führung des Darlehenskontos durch das Kreditinstitut ein Entgelt (Kontoführungsgebühr) gefordert wird, unterliegen nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der richterlichen Inhaltskontrolle und sind im Bankverkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

(BGH Urteil 07.06.2011, XI ZR 388/10)

VonHagen Döhl

Lernmittelfreiheit erstreckt sich auch auf Kopien

Das VG Dresden hat entschieden, dass öffentliche Schulen kein Kopiergeld von Eltern und Schülern für die Kopien aus Schul- und Arbeitsbüchern sowie Lern- und Übungsheften verlangen können.
Geklagt hatte die Gemeinde Königswartha gegen die Mutter dreier Schüler, die die ihr am Schuljahresende zugesandten Rechnungen über Kopierkosten nicht bezahlt hatte. Die Gemeinde hatte geltend gemacht, die Lernmittelfreiheit erfasse nur die „notwendigen Schulbücher“, denn nach dem Schulgesetz werde der Schulträger lediglich verpflichtet, den Schülern alle notwendigen Schulbücher leihweise zu überlassen. Dagegen hatte sich die betroffene Mutter auf die Verfassung berufen, die die Unentgeltlichkeit der Lernmittel nicht auf Schulbücher beschränke.
Das VG Dresden hat der Mutter Recht gegeben.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts erstreckt sich die in der Sächsischen Verfassung garantierte Lernmittelfreiheit auch auf Kopien aus Schul- und Arbeitsbüchern sowie Lern- und Übungsheften. Die Schulen seien verpflichtet, Schülern diese Kopien unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass der in der Sächsischen Verfassung verwendete Begriff „Lernmittel“ weit zu verstehen ist. Lernmittel seien dementsprechend nicht nur Schulbücher, sondern auch andere Druckwerke wie etwa Atlanten, Tafelwerke, Lexika, Wörterbücher, Ganzschriften, Arbeits- und Übungshefte oder Werkstoffe, Rechenstäbe, Taschenrechner und Musikinstrumente, da sie für den Unterricht notwendig sein könnten und zur Nutzung für den einzelnen Schüler bestimmt seien. Folglich seien auch Kopien von Arbeitsmitteln Lernmittel. Zwar bestimme die Verfassung, dass das Nähere durch ein Gesetz – hier das Schulgesetz – geregelt werde. Die Beschränkung auf „notwendige Schulbücher“ in diesem Gesetz müsse aber im Einklang mit der Verfassung so ausgelegt werden, dass jedenfalls auch solche Lernmittel wie notwendige Arbeits- und Übungshefte sowie daraus angefertigte Kopien umfasst würden, solange die Grenze der Verhältnismäßigkeit und der Leistungsfähigkeit des Staates nicht überschritten werde. Für Letzteres bestehe im konkreten Fall kein Anhaltspunkt.
Das Verwaltungsgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Berufung zum OVG Bautzen zugelassen.
(VG Dresden 30.06.2011 – 5 K 1790/08)

VonHagen Döhl

Vertragsschluss an einer Selbstbedienungstankstelle

Ein Kunde, der an einer Selbstbedienungstankstelle Kraftstoff in seinen Tank füllt, schließt bereits zu diesem Zeitpunkt mit dem Tankstellenbetreiber beziehungsweise unter dessen Vermittlung mit dem Mineralölunternehmen einen Kaufvertrag über die entnommene Menge Kraftstoff.
Entrichtet der Kunde einer Selbstbedienungstankstelle den Kaufpreis für den getankten Kraftstoff nicht, so gerät er mit dem Verlassen des Tankstellengeländes in Verzug, ohne dass es hierzu einer Mahnung bedarf.
(BGH Urteil 04.05.2011, VIII ZR 171/10)