Kategorien-Archiv Familien- und Erbrecht

VonHagen Döhl

Berücksichtigung eines höheren Wohnkostenanteils im Selbstbehalt

In den jeweiligen Unterhaltsleitlinien – hier in Sachsen sind es die Unterhaltsleitlinien des OLG Dresden – aber auch in den Düsseldorfer Unterhaltsleitlinien u. a. ist in dem dort ausgewiesenem Selbstbehalt (950,00 € für einen Erwerbstätigen und 770,00 € für einen Nichterwerbstätigen) ein Anteil für Wohnkosten in Höhe von 360,00 € enthalten. Dieser Wohnkostenanteil kann erhöht werden und somit der Selbstbehalt um den Betrag heraufgesetzt werden, um den die tatsächlich anfallenden Wohnkosten den Betrag von 360,00 € überschreiten, wenn diese erhöhten Wohnkosten unvermeidbar sind (insbesondere in besonders teuren städtischen Ballungsräumen) und wenn diese höheren Wohnkosten dauerhaft sind, also in absehbarer Zeit nicht reduziert werden können.

(Kammergericht Berlin vom 27.02.2012, AZ: 17 WF 25/12)

VonHagen Döhl

Unterhalt für ein erwachsenes Kind

Mit seiner Entscheidung vom 18.07.2012 hat der BGH entschieden, dass unterhaltspflichtigen Eltern, die von ihrem erwachsenen Kind auf Unterhalt in Anspruch genommen werden, welches zuvor bereits seine wirtschaftliche Selbständigkeit erlangt hatte, diese jedoch verloren hat und nunmehr arbeitsunfähig ist, ein erhöhter Selbstbehalt zusteht.

Der BGH hat den Eltern einen Selbstbehalt in der Höhe zugebilligt, wie er in den jeweiligen Unterhaltsleitlinien für eine Unterhaltspflicht gegenüber den eigenen Eltern – dem so genannten Elternunterhalt – mit einem monatlichen Betrag in Höhe von 1.400,00 € zugebilligt wird.

Der BGH hat in dieser Sache einen zusammengerechneten Familienselbstbehalt für die Eltern des Volljährigen in Höhe von 2.450,00 € zugebilligt. Der Familienselbstbehalt ist deshalb etwas geringer, als der zusammengerechnete Selbstbehalt beider Elternteile mit jeweils 1.400,00 €, da durch das Zusammenleben der Eltern eine Haushaltsersparnis zu verzeichnen ist und deshalb der Familienselbstbehalt entsprechend zu reduzieren ist.

Damit, dass der Volljährige nach bereits erlangter eigener wirtschaftlicher Selbständigkeit diese wieder verloren hat, mussten seine Eltern nach dem regelmäßigen Ablauf nicht mehr rechnen. Dass hiernach erneut eine Unterhaltspflicht gegenüber ihrem Kind durch den Verlust seiner Arbeitsfähigkeit entsteht, damit mussten die Eltern nicht rechnen und das Vertrauen hierauf ist schutzwürdig.

(vgl. BGH vom 18.07.2012, AZ: XII ZR 91/10)

VonHagen Döhl

Volljährigenunterhalt in der Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiterführenden Ausbildung

Ein Volljähriger hat in der Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiterführenden Ausbildung bzw. eines Studiums in der Regel einen Unterhaltsanspruch gegenüber seinen Eltern, er ist nicht verpflichtet, in dieser Zeit durch eigene Erwerbstätigkeit seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Ihn trifft in dieser Zeit keine Erwerbsobliegenheit, er kann vielmehr eine gewisse Erholungspause für sich beanspruchen.

Anders verhält es sich jedoch nach Ablauf des freiwilligen sozialen Jahres, wenn bis zur Berufsausbildung eine Pause von zwei Monaten zu verzeichnen ist, hier ist dem Volljährigen zuzumuten, seinen Lebensunterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit zu finanzieren. Es besteht in dieser Zeit eine Erwerbsobliegenheit für den Volljährigen.
(OLG Karlsruhe 8.3.2012, RamRZ 2012, 1648)

VonHagen Döhl

Kein Wein bei Scheidung

Ein Weinvorrat ist dann kein Haushaltsgegenstand, wenn er nicht der gemeinsamen Lebensführung dient, sondern dessen Pflege – ähnlich wie bei einer Briefmarkensammlung – sich als Hobby eines der beiden Ehepartner darstellt. Bei einer Trennung hat dann der andere Ehepartner keinen Anspruch auf eine Aufteilung der Weinbestände.

OLG München v. 01.08.2011 – 12 UF 161/11

Anmerkung:

Dann gehört die wertvolle Weinsammlung zum Zugewinn.
Wenn der Wein zum Zugewinn gehört, stellt sich allerdings die Frage, ob eine Vermögensverschwendung im Sinne des § 1375 II Nr. 2 BGB vorläge, wenn der Ehemann den Weinvorrat nach der Trennung als „Seelentröster“ konsumiert hätte.

VonHagen Döhl

Keine Zurechnung fiktiver Einkünfte des Unterhaltspflichtigen bei Bemessung des Kindesunterhalts

Das BVerfG hat sich erneut mit den Voraussetzungen befasst, die an die Feststellung der Erwerbsfähigkeit und Erwerbsmöglichkeiten eines Unterhaltspflichtigen zu stellen sind.

Reicht das Einkommen eines Unterhaltspflichtigen unter Wahrung seines Selbstbehalts nicht aus, um seine Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind in vollem Umfang zu erfüllen, können ihm grundsätzlich fiktiv die Einkünfte zugerechnet werden, die er erzielen könnte, wenn er eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit ausüben würde.

Der Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 774/10 stammt aus Ghana und ist der deutschen Sprache nur begrenzt mächtig. Als Küchenhilfe bezieht er einen Nettoverdienst von rund 1.027 Euro monatlich. Das Amtsgericht verurteilte ihn, an seinen minderjährigen Sohn den Mindestunterhalt von damals 199 Euro im Monat zu zahlen. Es sei davon auszugehen, dass er als ungelernte Arbeitskraft bei entsprechenden Bemühungen eine Erwerbstätigkeit finden könne, die mit einem Bruttostundenlohn von 10 Euro vergütet werde, sodass er von dem sich ergebenden Nettoeinkommen unter Berücksichtigung des Selbstbehalts in Höhe von 900 Euro den Mindestunterhalt in Höhe von 176 Euro decken könne. Den Fehlbetrag von 23 Euro müsse er mit einer Nebentätigkeit erwirtschaften.

Der 1953 geborene Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 1530/11, gelernter Baumaschinist und Betonfacharbeiter, ist körperlich behindert und lebt von Sozialleistungen. Das Amtsgericht verurteilte ihn zur Zahlung des Mindestunterhalts in Höhe von damals 285 Euro im Monat, wobei es unterstellte, dass der Beschwerdeführer bei überregionalen Bemühungen eine Arbeit, beispielsweise als Nachtportier oder Pförtner, finden könne, durch die er ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.235 Euro monatlich erzielen könne.

Der körperlich behinderte Beschwerdeführer im Verfahren 1 BvR 2867/11 lebt ebenfalls von Sozialleistungen. Er wurde vom Amtsgericht zur Zahlung eines Unterhalts von 225 Euro monatlich verpflichtet. Seine körperlichen Einschränkungen entbänden ihn nicht davon, alles ihm Mögliche zur Sicherung des Unterhalts seines minderjährigen Kindes zu unternehmen. Da er keine Angaben zu seinen Bemühungen um eine Arbeit gemacht habe, sei fiktiv von seiner Fähigkeit zur Zahlung des Mindestunterhalts auszugehen.

Die von den Beschwerdeführern jeweils eingelegten Rechtsmittel hatten vor den Oberlandesgerichten keinen Erfolg.

Das BVerfG hat die angegriffenen Entscheidungen aufgehoben, weil sie die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht auf wirtschaftliche Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzen, und die Sachen jeweils an das zuständige Oberlandesgericht zur Entscheidung zurückverwiesen.

Den Beschlüssen liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Eltern haben gegenüber ihren minderjährigen Kindern eine gesteigerte Erwerbsobliegenheit. Es ist daher verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass nicht nur die tatsächlichen, sondern auch fiktiv erzielbare Einkünfte berücksichtigt werden, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt, obwohl er diese „bei gutem Willen“ ausüben könnte. Gleichwohl bleibt Grundvoraussetzung eines jeden Unterhaltsanspruchs die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten. Auch im Rahmen der gegenüber minderjährigen Kindern gesteigerten Erwerbsobliegenheit haben die Gerichte dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen und im Einzelfall zu prüfen, ob der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, den beanspruchten Unterhalt zu zahlen. Wird die Grenze des Zumutbaren eines Unterhaltsanspruchs überschritten, ist die Beschränkung der finanziellen Dispositionsfreiheit des Verpflichteten als Folge der Unterhaltsansprüche des Bedürftigen nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und kann vor dem Grundrecht der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG nicht bestehen.

Die Zurechnung fiktiver Einkünfte zur Begründung der Leistungsfähigkeit setzt zweierlei voraus: Zum einen muss feststehen, dass subjektiv Erwerbsbemühungen des Unterhaltsschuldners fehlen. Zum anderen müssen die zur Erfüllung der Unterhaltspflichten erforderlichen Einkünfte für den Verpflichteten objektiv erzielbar sein, was von seinen persönlichen Voraussetzungen wie beispielsweise Alter, beruflicher Qualifikation, Erwerbsbiographie und Gesundheitszustand und dem Vorhandensein entsprechender Arbeitsstellen abhängt.

Diesen Maßstäben werden die angegriffenen Entscheidungen nicht gerecht, weil sie keine tragfähige Begründung für die Annahme enthalten, der Beschwerdeführer könnte bei einem Arbeitsplatzwechsel bzw. bei ausreichenden, ihm zumutbaren Bemühungen um einen Arbeitsplatz ein Einkommen in der zur Zahlung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe erzielen.

Im Verfahren 1 BvR 774/10 hat das Oberlandesgericht ohne nähere Begründung und ohne seine eigene Sachkunde näher darzulegen festgestellt, einem ungelernten Mann sei es möglich, einen Bruttostundenlohn von 10 Euro zu erzielen. Dass es sich dabei an den persönlichen Voraussetzungen und Möglichkeiten des Beschwerdeführers und an den tatsächlichen Gegebenheiten am Arbeitsmarkt orientiert hat, ist der angegriffenen Entscheidung nicht zu entnehmen. Das Oberlandesgericht hat sich insbesondere nicht mit dem derzeit für eine ungelernte Kraft erzielbaren Lohn bzw. den aktuellen Mindestlöhnen der verschiedenen Branchen auseinandergesetzt.

Soweit sich der Beschwerdeführer zusätzlich gegen die Anrechnung fiktiver Einkünfte aus einer geringfügigen Nebentätigkeit wendet, ist seine Verfassungsbeschwerde dagegen unzulässig, weil er eine Verletzung seiner wirtschaftlichen Handlungsfreiheit nicht dargetan hat. Eine Obliegenheit zur Erzielung von Nebeneinkünften, die dem Unterhaltspflichtigen bei der Unterhaltsberechnung fiktiv zugerechnet werden können, ist nur dann anzunehmen, wenn und soweit ihm die Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zumutbar ist und ihn nicht unverhältnismäßig belastet. Danach ist zu prüfen, ob und in welchem Umfang es ihm unter Abwägung seiner besonderen Lebens- und Arbeitssituation sowie seiner gesundheitlichen Belastung mit der Bedarfslage des Unterhaltsberechtigten zugemutet werden kann, eine Nebentätigkeit auszuüben, und ob der Arbeitsmarkt entsprechende Nebentätigkeiten für den Betreffenden bietet. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit beim Unterhaltsverpflichteten. Der Beschwerdeführer hat nicht dargetan, dass und aus welchen Gründen ihm die Aufnahme einer Nebentätigkeit nicht möglich bzw. nicht zumutbar ist.

In den Verfahren 1 BvR 1530/11 und 1 BvR 2867/11 haben die Gerichte zwar zutreffend festgestellt, dass die Beschwerdeführer sich nicht ausreichend um eine Erwerbstätigkeit bemüht haben. Sie haben jedoch ebenfalls keine Feststellung dazu getroffen, auf welcher Grundlage sie zu der Auffassung gelangt sind, dass die Beschwerdeführer bei Einsatz ihrer vollen Arbeitskraft und bei Aufnahme einer ihren persönlichen Voraussetzungen entsprechenden Arbeit objektiv in der Lage wären, ein Einkommen in der zur Leistung des titulierten Unterhalts erforderlichen Höhe zu erzielen. Zu dieser Feststellung hätte es einer konkreten Prüfung unter Berücksichtigung der beruflichen Ausbildung der Beschwerdeführer, ihres Alters und ihrer krankheitsbedingten Einschränkungen sowie der tatsächlichen Gegebenheiten auf dem Arbeitsmarkt bedurft. Ohne diese konkrete Prüfung hätten die Gerichte nicht auf die volle Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführer in Höhe des titulierten Kindesunterhalts schließen dürfen.

VonHagen Döhl

Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für Master-Studiengang bei zuvor absolviertem Bachelor-Studiengang

Eine Bachelor-Master-Studienkombination ist entsprechend den so genannten Abitur-Lehre-Studium-Konstellationen dann als einheitliche Ausbildung im Sinne des § 1610 Abs. 2 BGB zu werten, wenn zwischen dem Bachelor- und dem Master-Studium ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht.
Für einen engen sachlichen Zusammenhang ist ausreichend, dass es sich um verwandte bzw. gleichwertige Studiengänge handelt. Hiervon ist regelmäßig dann auszugehen, wenn nach den Zulassungsregeln der Hochschule mit dem Bachelor-Abschluss das Master-Studium aufgenommen werden darf. (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 18.01.2011 – 10 UF 161/10)

Auch wenn der erfolgreiche Abschluss eines Bachelor-Studiums durch einen Unterhaltsberechtigten diesen bereits zur Ausübung eines Berufs befähigt, hat er gegen den oder die Unterhaltsverpflichteten einen Anspruch auf Unterhalt für ein anschließendes Master-Studium, wenn die beiden Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, wovon regelmäßig auszugehen ist.
(AG Frankfurt, Beschluss vom 16.11.2011 – 454 F 3056/11 UK)

VonHagen Döhl

Neues Umgangsrecht stärkt Rechte leiblicher Väter

Das BMJ hat einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Rechte des leiblichen, nicht rechtlichen Vaters vorgelegt.

Die Neuregelung erleichtert biologischen Vätern künftig den Umgang mit ihren Kindern. Erstmals erhält der biologische, leibliche Vater ein Umgangsrecht mit seinem Kind, auch wenn er bislang keine enge soziale Bindung aufgebaut hat. In bestimmten Fällen kann der biologische Vater Auskunft über die persönlichen Verhältnisse seines Kindes erlangen.

Dem leiblichen Vater eines Kindes, der mit der Mutter des Kindes nicht verheiratet ist und auch nicht die Vaterschaft anerkannt hat, steht nach der geltenden Regelung ein Umgangsrecht gemäß § 1685 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB nur zu, wenn er eine enge Bezugsperson des Kindes ist, für das Kind tatsächlich Verantwortung trägt oder getragen hat (sozial-familiäre Beziehung) und der Umgang dem Kindeswohl dient. Konnte der leibliche Vater zu seinem Kind keine Beziehung aufbauen, so bleibt ihm der Kontakt zum Kind bisher verwehrt. Dies gilt unabhängig davon, aus welchen Gründen keine Beziehung zum Kind aufgebaut wurde, also auch dann, wenn der Vater bereit war, für das Kind Verantwortung zu übernehmen, und ihm dies allein aufgrund der Weigerung der rechtlichen Eltern nicht möglich war. Zudem bleibt der Kontakt zum Kind ohne Rücksicht darauf verwehrt, ob der Umgang mit dem leiblichen Vater dem Wohl des Kindes dient.

Ein leiblicher, nicht rechtlicher Vater hat darüber hinaus derzeit auch kein Recht, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu verlangen. Nach § 1686 Satz 1 BGB kann jeder Elternteil vom anderen Elternteil bei berechtigtem Interesse Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes verlangen, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht. Der Auskunftsanspruch nach § 1686 BGB steht jedoch nur den Eltern im rechtlichen Sinne zu, nicht aber dem nur leiblichen Vater.

Der EGMR hat in zwei Entscheidungen beanstandet, dass dem biologischen Vater eines Kindes ein Umgangs- und Auskunftsrecht ohne Prüfung des Kindeswohlinteresses im Einzelfall vorenthalten wird. Die Rechtsposition der leiblichen, nicht rechtlichen Väter soll daher gestärkt werden.

Der Entwurf sieht zu diesem Zweck Folgendes vor:

Hat der leibliche Vater durch sein Verhalten gezeigt, dass er für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen will, erhält er ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn der Umgang dem Kindeswohl dient. Das gilt unabhängig davon, ob zum Kind bereits eine sozial-familiäre Beziehung besteht.

Zudem wird dem leiblichen Vater bei berechtigtem Interesse ein Recht auf Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes eingeräumt, soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.

Voraussetzung des Umgangs- und Auskunftsrechts ist, dass der Anspruchsteller auch wirklich der biologische Vater ist. Die leibliche Vaterschaft des Antragstellers ist dabei im Rahmen des Umgangs- oder Auskunftsverfahrens zu prüfen und gegebenenfalls im Rahmen einer Beweiserhebung zu klären. Um die Feststellung der biologischen Vaterschaft in streitigen Fällen zu ermöglichen, stellt der Gesetzentwurf eine verfahrensrechtliche Flankierung zur Verfügung. Nach der neuen Vorschrift im FamFG (§ 163a FamFG-E) müssen unter bestimmten Voraussetzungen Untersuchungen zur Klärung der Vorfrage nach der biologischen Abstammung geduldet werden. Das soll verhindern, dass die Mutter des Kindes oder eine sonstige Person den Anspruch des biologischen Vaters vereiteln kann, indem sie die erforderliche Untersuchung verweigert.

VonHagen Döhl

Feststellung der rechtlichen Vaterschaft für leibliches Kind

Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte:

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinen Urteilen vom 22.03.2012 festgestellt, dass die Entscheidungen der deutschen Gerichte, die Anträge der Beschwerdeführer auf Feststellung der rechtlichen Vaterschaft für ihr leibliches bzw. mutmaßlich leibliches Kind zurückzuweisen, zwar einen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Privatlebens nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellten, aber keinen Eingriff in ihr Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne von Artikel 8 EMRK, da niemals eine enge persönliche Bindung zwischen dem Beschwerdeführer und den Kindern bestand.

Die Kläger verfolgten mit ihren Klagen das Ziel, sie als rechtlichen Vater des jeweiligen Kindes anzuerkennen und die rechtliche Vaterschaft des derzeit existierenden rechtlichen Vaters anzufechten.
Der EuGH wies darauf hin, dass die Beschwerdeführer zwar Anspruch auf Schutz ihres Interesses an der Feststellung eines wesentlichen Gesichtspunktes ihres Privatlebens und an dessen rechtlicher Anerkennung hätten. Die Entscheidungen der deutschen Gerichte hierzu hatten aber darauf abgezielt, dem Willen des deutschen Gesetzgebers zu entsprechen, einem bestehenden Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinem existierenden rechtlichen Vater, der sich regelmäßig um das Kind kümmert, Vorrang einzuräumen gegenüber der Beziehung zwischen dem (angeblichen) leiblichen Vater und seinem Kind. Der Europäische Gerichtshof legte auch dar, dass er davon überzeugt ist, dass die deutschen Gerichte die jeweilige Situation in beiden Fällen sorgfältig geprüft hatten und keine Verletzung von Artikel 8 EMRK vorliegt.
Der EuGH geht davon aus, dass der Hauptgrund für die Ungleichbehandlung der Beschwerdeführer im Vergleich zur Mutter, zum rechtlichen Vater und zum Kind hinsichtlich ihrer Möglichkeiten, die Vaterschaft anzufechten bzw. einen Gentest zu verlangen, in der Absicht lag, das betroffene Kind und seine soziale Familie vor äußerer Beeinträchtigung zu schützen.
Das Gericht kam zu der Auffassung, dass die Entscheidung, einen bestehenden Familienverband zwischen dem betroffenen Kind und seinen rechtlichen Eltern Vorrang gegenüber der Beziehung zu seinem biologischen Vater einzuräumen, soweit sein rechtlicher Status betroffen ist, in den Beurteilungsspielraum des jeweiligen Staates fällt.
(Europäische Menschenrechtskonvention EMRK)
(Nr. 463 EuGHMR – EMRK Artikel 8,14, BGB § 1.600 II)

VonHagen Döhl

Zahlungen eines Ehegatten auf „Oder-Konto“ der Eheleute als freigebige Zuwendung an anderen Ehegatten

er BFH hat entschieden, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein „Oder-Konto“ der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann; das Finanzamt muss jedoch nachweisen, dass der nicht einzahlende Ehegatte tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.
(BFH II R 33/10)

VonHagen Döhl

Nach über 40 Jahren Wiederaufnahme eines Vaterschaftsanfechtungsverfahrens ?

Der Europäische Gerichtshof hat am 06.12.2011 entschieden, dass es nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt, wenn der Antrag eines Ehemannes der Mutter eines Kindes auf Wiederaufnahme eines Verfahrens auf Anfechtung der Vaterschaft abgewiesen wird, wenn er vormals im Jahre 1969 bereits eine Vaterschaftsanfechtungsklage erhoben hatte, die nach dem damaligen Stand der Wissenschaft abgewiesen worden war.
Der erneute Antrag des Mannes auf Wiederaufnahme des Vaterschaftsanfechtungsverfahrens, in dem eine nach dem heutigen Stand der Wissenschaft eine entsprechende Vaterschaftsbegutachtung (DNA-Analyse) eingeholt werden soll, wurde zu Recht abgewiesen.
(Nummer 236 EuGHMR-EMRK Artikel 8, 2. Sektion, Urteil vom 06.12.2011 – Beschwerde Nr. 2899/05)