Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Mängelprüfung nur bei Kostenübernahmeerklärung des Auftraggebers?

In einem vom BGH entschiedenen Fall wurde der Auftragnehmer unter Einbeziehung der VOB/B mit dem Einbau einer Heizungsanlage beauftragt. Nachdem die Anlage abgenommen war, stellte der Auftraggeber Wanddurchfeuchtungen fest und forderte den Auftragnehmer auf, die Ursachen des Schadens zu erforschen und den Mangel zu beseitigen. Der Auftragnehmer erklärte sich unter der Bedingung, dass der Auftraggeber für den Fall der unberechtigten Inanspruchnahme seine Kosten übernimmt, bereit, die Untersuchung bzw. Mängelbeseitigung durchzuführen. Da der Auftraggeber auf diese schriftliche Forderung nicht reagierte, kam es nicht zur Untersuchung und Mängelbeseitigung. In der Folgezeit gab es einen Wasserschaden, für den der Auftraggeber Schadensersatz verlangte. Zu Recht, so der BGH (Urteil vom 02.09.2010 – VII ZR 110/09). Der Mitverschuldenseinwand des Auftragnehmers griff nicht, denn der Auftraggeber war gegenüber dem Auftragnehmer nicht verpflichtet, zunächst die Mängelursache aufzuklären. Vielmehr ist es Aufgabe des Auftragnehmers, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen. Das gilt auch dann, wenn die Bauleistung abgenommen ist und der Auftraggeber deshalb die Beweislast dafür trägt, dass ein Mangel des Werkes vorliegt. Diese Beweislast wirkt sich zum Nachteil des Auftraggebers aus, wenn der Beweis nicht geführt werden kann. Sie verpflichtet den Auftraggeber jedoch grundsätzlich nicht, vor einer Inanspruchnahme eines Auftragnehmers zu klären, ob dieser für einen Schaden verantwortlich ist. Der Auftragnehmer hat auch keinen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber eine Willenserklärung dahingehend abgibt, dass er die Kosten für die Untersuchung und für weitere Maßnahmen für den Fall übernimmt, dass den Auftragnehmer keine Verantwortung trifft. Soweit dem Auftragnehmer für diesen Fall vertragliche oder gesetzliche Ansprüche zustehen, ist er ausreichend durch diese geschützt. Es besteht kein Grundsatz, dass eine Vertragspartei einen Anspruch darauf hat, dass die andere solche Ansprüche vertraglich manifestiert.

Anmerkung:

Für den Auftragnehmer empfiehlt es sich angesichts dieser Entscheidung, bei Mängelbehauptungen durch den Auftraggeber nicht ohne Weiteres Untersuchungs- und Mängelbeseitigungsmaßnahmen abzulehnen, auch wenn der Auftragnehmer von seiner Nichtverantwortlichkeit ausgeht. Denn sollte sich herausstellen, dass ihn doch eine Verantwortung trifft, kann dies zu erheblichen Schadenersatzansprüchen führen.

VonHagen Döhl

BGH zur konkludenten Abnahme

Die Abnahme ist der Dreh- und Angelpunkt eines Werkvertrags. Sie kann in sehr unterschiedlicher Weise erklärt werden, zum Beispiel als förmliche oder ausdrücklich erklärte Abnahme. In vielen Fällen fehlt es aber an einer ausdrücklichen Erklärung, dann kann eine Abnahme auch konkludent erklärt werden. Eine solche konkludente Abnahme kommt aber regelmäßig nicht in Betracht, wenn die Leistung noch nicht vollständig erbracht worden ist.
BGH, Beschluss vom 27.01.2011

VonHagen Döhl

BGH zu Verhandlungs- und Besprechungsprotokollen

Der Bauvertrag ist ein Langzeit- und Rahmenvertrag. Er wird ständig fortgeschrieben, zum Beispiel durch Terminanpassungen, Nachtragsaufträge usw. Dabei stellt sich die Frage der rechtlichen Bedeutung von Verhandlungs- und Baubesprechungsprotokollen. Ist eine Vertragspartei mit dem Ergebnis der Verhandlung nicht einverstanden, versucht sie mitunter, durch Hinweis auf die fehlende Vollmacht ihres Gesprächsteilnehmers sich von dem Ergebnis der Verhandlung zu lösen. Das wird nach der neuen BGH-Rechtsprechung zur Bedeutung von derartigen Protokollen nur noch selten Erfolg haben. Denn der BGH behandelt derartige Protokolle wie kaufmännische Bestätigungsschreiben. Nach dem Erhalt eines solchen Protokolls muss die Vertragspartei dem Inhalt umgehend widersprechen, anderenfalls muss sie ihn gegen sich gelten lassen.
BGH, Urteil vom 27.01.2011

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Unterschreitung der Mindestsätze bei ständiger Geschäftsbeziehung

Wieder einmal geht es um die einfache Rechtsfrage, ob ein Architekt bzw. Ingenieur nach den Mindestsätzen abrechnen darf, obwohl er mit seinem Auftraggeber ein niedrigeres Honorar vereinbart hat. Grundsätzlich ist das zulässig, denn die Vereinbarung von Honoraren unterhalb der Mindestsätze ist gemäß § 4 Abs. 2 HOAI 1996/§ 7 Abs. 3 HOAI 2009 nur in Ausnahmefällen möglich. Dabei kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die von der HOAI vorgegebene ausnahmsweise Unterschreitung der Mindesätze in der Praxis der Regelfall ist, jedenfalls wenn die Aufträge nicht von öffentlichen, sondern gewerblichen Auftraggebern (zum Beispiel Generalunternehmer, Bauträger u. a.) erteilt werden. Vor Gericht müssen sich diese Auftraggeber, die ja selbst fach- und HOAI-kundig sind, immer wieder dahingehend korrigieren lassen, dass ihr Regelfall gerade kein Ausnahmefall ist und der Architekt bzw. Ingenieur somit eine Abrechnung nach den Mindestsätzen verlangen kann. Das OLG Stuttgart hat jetzt einen interessanten praxisrelevanten Ausnahmefall kreiert, nämlich den der ständigen Geschäftsbeziehung. Dieser Ansatz ist vor dem Hintergrund interessant, dass der Verordnungsgeber in der Begründung des § 7 Abs. 3 HOAI 2009 sog. Rahmenverträge ausdrücklich als Ausnahmefall erwähnt hat. In dieser wichtigen Frage hat das OLG hier die Revision zugelassen. Diese wurde auch eingelegt, so dass der BGH möglicherweise klarstellen wird.
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.09.2010 – 10 U 50/10

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Wann gelten ohne Auftrag erbrachte Leistungen als anerkannt und damit vergütungspflichtig?

Häufig scheitern Nachtragsansprüche daran, dass den Bauunternehmern nicht der Nachweis dafür gelingt, dass der Auftraggeber Zusatzleistungen bzw. Leistungsänderungen entgeltlich in Auftrag gegeben hat. Es kommt auch vor, dass solche Aufträge zwar erteilt wurden, jedoch ohne Vollmacht. Und manchmal besteht der Auftraggeber auf Ausführung einer Zusatzleistung bzw. Leistungsänderung, weil er der Meinung ist, diese sei vom Vertrag erfasst. In all diesen Fällen scheidet § 2 Nr. 5, Nr. 6 VOB/B als Anspruchsgrundlage für eine Nachtragsvergütung aus, denn es fehlt an einer rechtsgeschäftlichen Anordnung bzw. Auftragserteilung. Umso wichtiger ist § 2 Nr. 8 Abs. 2 VOB/B, mit dem sich das OLG Schleswig in einem umfangreichen Urteil intensiv beschäftigt hat. Gemäß § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 1 VOB/B wird eine auftragslos erbrachte Leistung auch dann vergütet, wenn sie vom Auftraggeber nachträglich anerkannt wird. Dafür soll es nach OLG Schleswig bereits ausreichen, dass der Auftraggeber die abweichend vom Vertrag ausgeführte Leistung bemerkt und gleichwohl weiterbauen lässt. Im Übrigen soll eine auftragslos erbrachte Leistung im Sinne von § 2 Nr. 8 Abs. 2 Satz 2 VOB/B notwendig und dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprechend sein, wenn dieser der Auffassung ist, dass es sich um eine im Vertrag geschuldete Leistung handelt. Damit werde die Notwendigkeit der Leistung bestätigt.
(OLG Schleswig, Urteil vom 29.06.2010 – 3 U 92/09)

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Auftraggeber muss vor Mängelrüge nicht Verantwortlichkeit klären

Der Werkunternehmer darf die Mängelbeseitigung nicht davon abhängig machen, dass sich der Besteller für den Fall einer unberechtigten Mängelrüge zur Kostenübernahme verpflichtet! Mit einem in der Praxis häufig vorkommenden Sachverhalt hat sich der BGH beschäftigt: Der Bauherr meldet dem Heizungsinstallateur, dass die Heizanlage undicht und eine Wand inzwischen durchfeuchtet sei. Der Installateur erklärt sich grundsätzlich zur Mängelbeseitigung bereit, verlangt aber eine Erklärung des Bauherrn, die Kosten der Anfahrt und der Mängeluntersuchung zu übernehmen, falls seine Leistung mängelfrei sei. Das lehnt der Bauherr ab. Anschließend kommt es infolge der undichten Heizanlage zu einer Havarie mit einem hohen Schaden. Der BGH hat daraufhin entschieden, dass der Schadensersatzanspruch des Bauherrn in keiner Weise dadurch beeinträchtigt worden sei, dass der Bauherr die Abgabe der Kostenübernahmeerklärung verweigert habe. Ein Besteller schuldet dem für den Mangel verantwortlichen Unternehmer vor dessen Inanspruchnahme nicht die objektive Klärung der Mangelursache, deren Kenntnis erst geeignete Mängelbeseitigungsmaßnahmen sicher ermöglicht. Es ist vielmehr Aufgabe des Unternehmers, Mängelbehauptungen zu prüfen und Grund und Umfang seiner Leistungspflicht selbst zu beurteilen. Das gilt auch nach der Abnahme. Daraus folgt weiter, dass die Erhebung auch einer unberechtigten Mängelrüge im Grundsatz keine Pflichtverletzung des Auftraggebers darstellt, so dass dieser auch nicht die Kosten dafür zu tragen hat.
(BGH, Urteil vom 02.09.2010 – VII ZR 110/09)

Diese grundsätzliche Rollenverteilung bei der Prüfung der Mangelursache schließt allerdings nicht aus, dass ein Auftraggeber auch für die Kosten einer unberechtigten Mängelrüge herangezogen werden kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn er wissen müsste, dass der gemeldete Mangel aus seinem eigenem Verantwortungsbereich stammt

VonHagen Döhl

Beurkundungsbedürftigkeit des Bauvertrages

Ein Bauvertrag ist gemäß § 311 d Abs. 1 Satz 1 BGB beurkundungsbedürftig, wenn er mit einem Vertrag über den Erwerb eines Grundstückes eine rechtliche Einheit bildet. Eine solche besteht, wenn die Vertragsparteien den Willen haben, beide Verträge in der Weise miteinander zu verknüpfen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen. Sind die Verträge nicht wechselseitig voneinander abhängig, ist der Bauvertrag nur dann beurkundungsbedürftig, wenn das Grundstücksgeschäft von ihm abhängt (im Anschluss an BGH-Urteil vom 13.06.2002 – VII ZR 321/00). Ein Bauvertrag kann auch dann beurkundungsbedürftig sein, wenn er vor einem Grundstückskaufvertrag geschlossen wird und die Parteien des Bauvertrages nicht identisch sind mit den Parteien des bevorstehenden Grundstückskaufvertrages. In diesem Fall ist ein Bauvertrag beurkundungsbedürftig, wenn die Parteien des Bauvertrages übereinstimmend davon ausgehen, dass der Grundstückserwerb nach dem Willen der Parteien des Kaufvertrages von dem Bauvertrag abhängt.
(BGH-Urteil vom 22.07.2010 – VII ZR 246/08)

VonHagen Döhl

Bauabnahmeverweigerung durch schlüssiges Verhalten

Eine Verweigerung der Abnahme im Sinne einer ernsthaften und endgültigen Ablehnung des Werkes stehen solche Handlungen gleich, durch die der Besteller zum Ausdruck bringt, dass er das Vertragsverhältnis als beendet ansieht, weitere vertragliche Leistungen des Unternehmens fortan ablehnt und nur noch Ansprüche wegen der bereits bestehenden Mängel verfolgt. Die Abnahme kann mithin auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.02.2007 – I – 5 U 95/06 – rechtskräftig infolge des Beschlusses des BGH vom 12.11.2009 – VII ZR 39/07).

VonHagen Döhl

OLG Koblenz: Bauunternehmer darf in AGB für Kündigung des Hausbauvertrags Schadenspauschale von 15 Prozent vorsehen

Der Anbieter eines Ausbauhauses kann in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Fall der Kündigung durch den Kunden eine Vergütungspauschale in Höhe von 15 Prozent des Baupreises für seine entstandenen Aufwendungen und entgangenen Gewinn festlegen. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz mit Urteil vom 27.08.2010 entschieden, im Hinblick auf abweichende obergerichtliche Rechtsprechung aber die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Az.: 8 U 1030/09).

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648a BGB n.F. – Keine isolierte Sicherheitsklage ohne Vorleistungsrisiko?

Der neue § 648a BGB gibt dem Bauunternehmer einen einklagbaren Anspruch auf Stellung einer Werklohnsicherheit. Das soll auch nach Abnahme gelten. Daraus haben viele Autoren die Schlussfolgerung gezogen, dass die Bauunternehmer auch dann noch eine Sicherheit verlangen können, wenn gar keine Vorleistungen mehr zu erbringen sind (vgl. Joussen, IBR 2010, 3). Das wäre ein großer Fortschritt für Bauunternehmer, die ihre Schlusszahlung durchsetzen müssen. Sie könnten nämlich zwei Klagen einreichen: Eine Klage auf Stellung einer Sicherheit (kurzes, schnelles Verfahren) und eine Werklohnklage. Das Landgericht Hamburg hat diese Euphorie etwas gedämpft, indem es den Anspruch auf Stellung einer Sicherheit davon abhängig macht, dass der Unternehmer noch Vorleistungen zu erbringen hat. Das wäre zum Beispiel nicht mehr der Fall, wenn er den Vertrag wegen Nichtstellens der Sicherheit gekündigt hat. Ob das zutreffend ist, mag dahinstehen. Denn mit der Ansicht des Landgerichts würde derjenige Unternehmer, der vollständig und mängelfrei gearbeitet hat, sicherheitsmäßig schlechter stehen als derjenige, der noch Vorleistungen oder Mängelbeseitigungen erbringen muss. Sicher ist nur, dass diese Frage zum Verständnis des neuen § 648a BGB für das „Forderungsmanagement“ der Bauunternehmer von großer Bedeutung ist. Und sicher ist auch, dass dazu das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.
(LG Hamburg, Urteil vom 16.07.2010 – 325 O 469/09)