Illegale Verbreitung von Musikaufnahmen über Internettauschbörse

VonHagen Döhl

Illegale Verbreitung von Musikaufnahmen über Internettauschbörse

Das LG Hamburg hatte über eine Schadensersatzforderung zweier Musikverlage wegen des Einstellens von Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse zu entscheiden.
Der 1990 geborene Beklagte stellte im Juni 2006 über den Internetanschluss seines Vaters, ohne dass dieser davon wusste, zwei Musikaufnahmen in eine Internettauschbörse ein, sodass die Dateien im Wege des sog. Filesharings von anderen Teilnehmern aufgerufen und heruntergeladen werden konnten. Bei den Aufnahmen handelte es sich um die Musikaufnahme „Engel“ der Künstlergruppe „Rammstein“ und die Aufnahme „Dreh dich nicht um“ des Künstlers „Westernhagen“. Die Künstler waren an dem Rechtsstreit vor dem LG Hamburg nicht beteiligt. Die Musikverlage als Klägerinnen sind die Inhaber der ausschließlichen Tonträgerherstellerrechte an den genannten Musikaufnahmen. Sie verlangten u.a., dass beide Beklagten wegen der unerlaubten Nutzung jeweils 300 Euro Schadensersatz pro Aufnahme an sie zahlen.
Das LG Hamburg hat den Jugendlichen verurteilt, Schadensersatz in Höhe von 15 Euro pro Musiktitel an die klagenden Musikverlage zu zahlen. Die weitergehende Schadensersatzforderung wurde genauso wie die Schadensersatzklage gegen den Vater des Jungen abgewiesen.
Nach Auffassung des Gerichts hat der Jugendliche das Urheberrecht schuldhaft und rechtswidrig verletzt, indem er die Musikstücke unerlaubt kopiert und in das Internet eingestellt hat. Zum Tonträgerherstellungsrecht der Klägerinnen gehörten auch das Vervielfältigungsrecht und das Recht des öffentlichen Zugänglichmachens. Bei der Höhe des Schadensersatzes müsse jedoch darauf abgestellt werden, was vernünftige Parteien bei Abschluss eines fiktiven Lizenzvertrags als angemessene Lizenzgebühr für die Nutzung der Musikaufnahmen vereinbart hätten. Da es keinen unmittelbar anwendbaren Tarif für die zu bewertenden Nutzungen gibt, müsse die angemessene Lizenz geschätzt werden. Dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass es sich bei den fraglichen Titeln zwar um solche bekannter Künstler handelte, dass die Aufnahmen 2006 jedoch bereits viele Jahre alt waren und deshalb nur noch eine begrenzten Nachfrage angenommen werden kann. Da außerdem von einem kurzen Zeitraum auszugehen ust, in dem die Titel zum Herunterladen bereit standen, hat das Gericht geschätzt, dass es allenfalls zu 100 Downloads pro Titel gekommen sein könne. Unter Orientierung an dem GEMA-Tarif VR-OD 5 (Nutzung von Werken im Wege des Music-on-Demand zum privaten Gebrauch) sowie an dem Einigungsvorschlag der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt vom 05.05.2010 im Schiedsstellenverfahren zwischen dem BITKOM und der GEMA hat das Gericht die angemessene Lizenz auf 15 Euro pro Titel geschätzt.
Die Schadensersatzklage gegen den Vater des Jungen hat das Landgericht mit der Begründung abgewiesen, dieser sei weder Täter noch Teilnehmer der Urheberrechtsverletzung. Er sei zwar als sog. Störer anzusehen, weil er seinem Sohn unter Verletzung von Überwachungspflichten den Internetanschluss zur Verfügung gestellt hat, über den die Rechtsverletzungen begangen wurden. Durch dieses Verhalten werde jedoch keine Schadensersatzpflicht begründet.
(LG Hamburg 8.10.2010 308 O 710/09)

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