Die entschädigungslose Enteignung von Grundbesitzern, die von der Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone 1945 profitierten, verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK). Dies geht aus einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 22.01.2004 hervor. Danach waren die Enteignungen zugunsten der neuen Bundesländer wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig.
Im Rahmen der Bodenreform von 1945 wurden Großgrundbesitzer auf dem Gebiet der späteren DDR enteignet. Das Land wurde überwiegend an Landwirte und Flüchtlinge vergeben. Mit dem Modrow-Gesetz vom März 1990 hob die frei gewählte Volkskammer der DDR die Verfügungsbeschränkungen hinsichtlich des Bodenreformlandes auf. Die Besitzer erlangten hierdurch Volleigentum an den Grundstücken.
Durch das zweite Vermögensrechtsänderungsgesetz vom Juli 1992 wurden die Inhaber der Grundstücke entschädigungslos enteignet, soweit sie nicht vor dem Inkrafttreten des Modrow-Gesetzes bereits in Land- und Forstwirtschaft oder anderweitig in der Nahrungsmittelproduktion tätig waren.
Diese Enteignungen sind nach Auffassung des EGMR rechtswidrig, da sie gegen den Schutz des Eigentums in Art. 1 des Zusatzprotokolls Nr. 1 der EMRK verstoßen.
Der EGMR führt in seiner Entscheidung zwar aus, dass der bundesdeutsche Gesetzgeber nicht gehindert gewesen sei, den Begünstigten dieses Eigentum wieder zu nehmen, er hätte jedoch angemessene Entschädigungen vorsehen müssen. Es fehlt somit an einem Ausgleich zwischen den Interessen der Allgemeinheit und denen der Betroffenen. Die Eigentumsverbürgung der EMRK lässt eine entschädigungslose Enteignung nur zu, wenn diese durch außergewöhnliche Umstände gerechtfertigt ist. Der EGMR ist jedoch der Auffassung, dass selbst wenn solche Umstände im Zuge der Wiedervereinigung vorgelegen haben sollten, bei Enteignungen zugunsten des Staates aus Verhältnismäßigkeitsgründen dennoch eine Entschädigung zu zahlen sei.
Der EGMR deutete in seiner Entscheidung jedoch auch an, dass in Fällen, in denen die Enteignungen zugunsten von Landwirten stattgefunden hätten, eine andere Entscheidung angezeigt sein könnte. Diese Frage wurde vom EGMR aber mangels Entscheidungserheblichkeit für die konkreten Fälle offen gelassen.
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