Eigenschaft „fabrikneu“ eines Fahrzeuges bei bevorstehendem Modellwechsel und Hinweispflicht des Händlers

VonHagen Döhl

Eigenschaft „fabrikneu“ eines Fahrzeuges bei bevorstehendem Modellwechsel und Hinweispflicht des Händlers

Eine Klägerin hatte bei einem Autohändler einen BMW 523 i gekauft. Nach dem der Hersteller an der Baureihe, der das Fahrzeug angehörte, eine sogenannte „Modellpflege“ vorgenommen hatte, in deren Rahmen die Produktion des von der Klägerin erworbenen Modells eingestellt wurde, war der Kaufvertrag geschlossen worden. Die Kläger berief sich darauf, dass nach der Rechtsprechung des BGH das Fahrzeug nicht mehr als fabrikneu hätte bezeichnet werden dürfen, weil das Modell nicht mehr unverändert hergestellt worden sei. Sie verlangte von dem Händler die Rückgängigmachung des Kaufvertrages oder Schadenersatz. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Zeitpunkt, in dem fabrikintern die Produktion umgestellt werde, sei häufig Händlern und Kunden nicht bekannt. Deshalb müsse darauf abgestellt werden, wann die Auslieferung des neuen Modells in den Handel beginne. Da der Kaufvertrag vorliegend vor dem genannten Zeitpunkt geschlossen worden sei, habe der Wagen als fabrikneu bezeichnet werden dürfen. Darüber hinaus habe die Verkäuferin auch nicht von sich aus auf den bevorstehenden Modellwechsel hinweisen müssen.
Der BGH hat das Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Er hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, nach der auf den Zeitpunkt der Produktionseinstellung abzustellen ist. Der Zeitpunkt sei entgegen den Bedenken des Berufungsgerichtes hinreichend genau feststellbar. Das Berufungsgericht müsse außerdem erneut prüfen, ob der beklagte Händler verpflichtet war, ungefragt auf den bevorstehenden Modellwechsel hinzuweisen, wenn bei Vertragsabschluss die Produktion des Modells 523 i noch nicht eingestellt war, die neuen Modelle aber bereits im Handel angeboten wurden. Nur bei Bejahung einer solchen Aufklärungspflicht könne der Klägerin ein Schadenersatzanspruch aus Verschulden beim Vertragsabschluss zustehen.
(BGH, Urteil v. 16.7.2003 – VIII ZR 243/02)

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