Sowohl der Deutsche Anwaltverein (DAV) als auch die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) lehnen die vom Bundesjustizministerium im Rahmen der Reform des Familiengerichtsverfahrens geplante vereinfachte Scheidung ohne anwaltlichen Beistand ab. Nach einem von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am 15.02.2006 vorgelegten Gesetzesentwurf sollen sich scheidungswillige kinderlose Ehegatten ohne anwaltliche Vertretung vor Gericht scheiden lassen können, wenn sie sich zuvor vor einem Notar über den Ehegattenunterhalt, den Hausrat und die Wohnung geeinigt haben.
Der DAV bemängelte, dass Leidtragende einer solch vereinfachten Scheidung vor allem die schwächere Partei eines Scheidungsverfahrens sei. Die unabhängige anwaltliche Beratung und Vertretung sei für alle unverzichtbar, so DAV-Präsident Hartmut Kilger. Ärger nach Abschluss einer solchen ohne anwaltliche Vertretung durchgeführten Scheidung hält der DAV für vorprogrammiert. Die Ehegatten müssten über die Konsequenzen von «Einigungen» aufgeklärt werden. Die schwächere Partei, die nach der Scheidung krank werde oder den Arbeitsplatz verliere, stelle erst dann fest, worauf sie sich in Unkenntnis ihrer Rechte eingelassen habe. Zu befürchten sei zudem, dass sich die Gerichte künftig mit einer Vielzahl von Abänderungsverfahren der von dem Notar beurkundeten Einigung herumschlagen müssten. Sofern sich das Justizministerium darauf berufe, dass 71 Prozent der Scheidungen einvernehmlich über die Bühne gingen, sei dies der anwaltlichen Arbeit im Vorfeld zuzuschreiben.
Auch die BRAK kritisierte Zypries Pläne harsch. BRAK-Präsident Bernhard Dombek betonte, dass eine Scheidung materiell und persönlich sehr weit reichende Folgen haben könne. Diese könnten die Ehegatten zum Scheidungszeitpunkt oft noch nicht übersehen. Auch Dombek hält die anwaltliche Beratung der Scheidungsparteien für zwingend erforderlich, um ein etwaiges zwischen den Parteien bestehendes Ungleichgewicht auszugleichen. Die Anwaltschaft werde deshalb geschlossen Widerstand gegen die Bestrebungen des Bundesjustizministeriums leisten, kündigte er am 16.02.2006 an.
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