Autor-Archiv Hagen Döhl

VonHagen Döhl

Vorsätzliche Ordnungswidrigkeit bei Geschwindigkeitsüberschreitung von 28 km/h innerorts

Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Bußgeld von 300 Euro für eine Geschwindigkeitsüberschreitung unter Umständen rechtmäßig sein kann.

Der zur Tatzeit 55 Jahre alte Betroffene aus Höxter ist bereits mehrfach verkehrsrechtlich, u.a. wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen in Erscheinung getreten. Im August 2015 befuhr er mit seinem Pkw Daimler Benz in Höxter innerorts die B 64 (Entlastungsstraße). Die zulässige, auch durch eine entsprechende Beschilderung ausgewiesene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h überschritt er bei einem Überholmanöver um 28 km/h, wobei sein Fahrzeug von der Polizei mittels Lasermessung kontrolliert und so die Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt wurde.
Den Verkehrsverstoß des Betroffenen ahndete das AG Höxter mit einem Bußgeld von 300 Euro (AG Höxter, Urt. v. 01.03.2016 – 11 OWi 301/15) und verhängte damit eine Geldbuße, die deutlich über dem im Bußgeldkatalog für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorgesehen Betrag von 100 Euro liegt. Dabei ging das Amtsgericht von einer vorsätzlichen Begehung aus und berücksichtigte zu Lasten des Betroffenen zudem seine Voreintragungen.

Das OLG Hamm hat die vom Betroffenen gegen seine Verurteilung eingelegte Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Betroffene zu Recht wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt worden. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung handele vorsätzlich, wer die Geschwindigkeitsbeschränkung kenne und bewusst dagegen verstoße. Der Grad der Überschreitung könne ein starkes Indiz für vorsätzliches Handeln sein, wobei es auf das Verhältnis zwischen der gefahrenen und der vorgeschriebenen Geschwindigkeit ankomme. Insoweit gehe das Oberlandesgericht – in Übereinstimmung mit anderer obergerichtlicher Rechtsprechung – von dem Erfahrungssatz aus, dass einem Fahrzeugführer die erhebliche Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit aufgrund der Fahrgeräusche und der vorüberziehenden Umgebung jedenfalls dann nicht verborgen bleibe, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40% überschreite. So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Dem Betroffenen sei die innerorts zulässige Geschwindigkeit aufgrund der örtlichen Beschilderung bekannt gewesen. Im Zeitpunkt der polizeilichen Kontrolle habe er sie – zudem ein anderes Fahrzeug überholend – um mehr als 50% überschritten. Allein dieser Umstand rechtfertige die Annahme eines vorsätzlichen Verstoßes, den der Tatrichter nicht mit weitergehenden Feststellungen begründen müsse.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 06.06.2016

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Verwertung von „Dashcam“-Aufnahmen grundsätzlich zulässig

Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass "Dashcam"-Aufnahmen zur Verfolgung schwerwiegender Verkehrsordnungswidrigkeiten grundsätzlich verwertet werden können.
(OLG Stuttgart 18.05.2016  4 Ss 543/15)

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Klare Regeln für Leiharbeit und Werkverträge

Das Bundeskabinett hat am 01.06.2016 den Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leiharbeit und Werkverträgen beschlossen.

Die Leiharbeit werde auch zukünftig die nötige Flexibilität für Auftragsspitzen oder Vertretungen bieten, der Verdrängung von Stammbelegschaften soll jedoch entgegengewirkt werden. Ebenso soll verhindert werden, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer dauerhaft zu niedrigeren Löhnen als die Stammbeschäftigten in der Einsatzbranche eingesetzt werden. Durch die gesetzliche Klarstellung, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist, und die Pflicht Leiharbeit offenzulegen, sollen missbräuchliche Umgehungen des Arbeits- und Sozialrechts durch vermeintliche Werkverträge verhindert werden. Auch die Stärkung der Betriebsräte durch Klarstellung der Informationsrechte trage hierzu bei.

Wichtigste Neuerung ist die gesetzliche Regelung zu Equal Pay nach neun Monaten. Equal Pay bedeutet, dass Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer den gleichen Lohn erhalten wie vergleichbare Stammarbeitnehmerinnen und Stammarbeitnehmer. Bestehende Branchenzuschlagstarifverträge können fortgeführt und weiterentwickelt werden. Diese sehen bei Einsätzen in bestimmten Branchen bereits jetzt in den ersten neun Monaten eine stufenweise Steigerung des Lohns vor. Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer erhalten dann bereits in den ersten Einsatzmonaten mehr Geld. Daher schafft der Gesetzentwurf auch hier die Möglichkeit, vom Grundsatz der gleichen Bezahlung länger abzuweichen, wenn Branchenzuschlagstarifverträge der Zeitarbeitsbranche bestehen. Diese Branchenzuschlagstarifverträge müssen jedoch soziale Voraussetzungen erfüllen: Erstens müssen die Zuschläge spätestens nach sechs Wochen einsetzen. Und zweitens muss nach spätestens 15 Monaten ein Lohn erreicht werden, der von den Tarifvertragsparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Lohn der Einsatzbranche festgelegt wird. Durch die stufenweise Erhöhung profitieren insbesondere Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer mit einer kürzeren Einsatzdauer. Diese Regelung soll einen Anreiz zum Abschluss sowie zur Weiterentwicklung von Tarifverträgen bilden.

Zweiter wichtiger Baustein ist die Einführung einer Überlassungshöchstdauer von grundsätzlich 18 Monaten. Damit müssen Leiharbeiternehmerinnen und Leiharbeitnehmer nach 18 Monaten, wenn sie weiterhin im gleichen Entleihbetrieb arbeiten sollen, von diesem übernommen werden. Soll dies nicht geschehen, so müssen sie vom Verleiher aus diesem Entleihbetrieb abgezogen werden. Tarifpartner in den einzelnen Einsatzbranchen können sich durch einen Tarifvertrag auf eine längere Überlassung einigen. Auch nicht tarifgebundene Entleiher erhalten die Möglichkeit, im Rahmen der in ihrer Branche geltenden tariflichen Vorgaben die Überlassungshöchstdauer zu verlängern. Sie können dazu entweder einen Tarifvertrag mit einer festgelegten Überlassungshöchstdauer 1:1 mittels Betriebsvereinbarung nachzeichnen oder eine Öffnungsklausel im Tarifvertrag für Betriebsvereinbarungen nutzen. Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag für die Einsatzbranche repräsentativ ist. Legt der Tarifvertrag für eine solche betriebliche Öffnungsklausel selbst keine konkrete Überlassungshöchstdauer fest, können tarifungebundene Entleiher bei Nutzung der Öffnungsklausel nur eine Überlassungshöchstdauer von maximal 24 Monaten vereinbaren. Legt der Tarifvertrag eine konkrete Überlassungshöchstdauer für die Öffnungsklausel fest (z.B. "48 Monate"), können auch tarifungebundene Entleiher die Öffnungsklausel in vollem Umfang nutzen, wenn sie eine Betriebsvereinbarung abschließen. Mehr Flexibilität gibt es also nur, wenn Schutz und Sicherheit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sozialpartnerschaftlich vereinbart werden. Diese Regelung soll dazu führen, dass in Einsatzbranchen, in denen es bisher keine Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen zum Einsatz von Leiharbeitskräften gibt, diese vermehrt abgeschlossen werden.

Des Weiteren wird der Einsatz entliehener Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als Streikbrecherinnen und Streikbrecher verboten. Ihr Einsatz in einem Betrieb, der von einem Arbeitskampf betroffenen ist, ist künftig nur möglich, wenn sichergestellt ist, dass nicht Tätigkeiten von Streikenden übernommen werden. Dami sollen Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer besser bei Streiks geschützt werden.

Klare Regeln werden zudem für Personalmaßnahmen des öffentlichen Dienstes und der Kirchen getroffen. Insbesondere bleiben Personalgestellungen bei Aufgabenverlagerungen zum Bestandsschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Abordnungen innerhalb der öffentlichen Verwaltung möglich.

 

De facto haben sich viele Probleme der Leiharbeit mittlerweile in den Bereich der teilweise missbräuchlich genutzten Werkverträge verlagert. Ein Kernproblem ist, dass Verträge zwischen Unternehmen quasi risikolos als Werkverträge bezeichnet werden können, während tatsächlich Leiharbeit praktiziert wird. Die vorgesehenen Regelungen ändern das insbesondere durch die Pflichten zur Offenlegung der Arbeitnehmerüberlassung und die damit verbundene Abschaffung der sog. "Vorratsverleiherlaubnis". Damit soll Arbeitgebern, die vermeintliche Werkverträge zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzstandards einsetzen, die Möglichkeit entzogen werden, ihr Verhalten nachträglich als Leiharbeit "umzudeklarieren" und damit zu legalisieren.

Ehrliche Arbeitgeber erhalten mehr Rechtssicherheit bei der Abgrenzung von abhängiger und selbstständiger Tätigkeit. Denn das Gesetz definiert, wer Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer ist, in dem es hierzu die Leitsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung gesetzlich festschreibt. Damit sollen missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes durch Beschäftigung in vermeintlich selbstständigen Dienst- oder Werkverträgen verhindert werden. Die Regelung orientiert sich an dem Vorschlag des Bundes der Richterinnen und Richter der Arbeitsgerichtsbarkeit. Die sinnvolle Arbeitsteilung werde nicht eingeschränkt, da eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles maßgeblich bleibe, aber Missbrauch soll in Zukunft erschwert werden.

Weiterhin werden die Informationsrechte des Betriebsrates gesetzlich klargestellt und dadurch die Betriebsräte gestärkt. Anders als bislang soll für jeden mit einem Blick in das Gesetz klar werden, dass Betriebsräte das Recht haben, über Art und Umfang der vergebenen Aufgaben und die vertragliche Ausgestaltung der eingesetzten Werkvertragsnehmerinnen und -nehmer informiert zu werden. Die Schaffung von Transparenz sei ein wichtiger erster Schritt für bessere Kontrolle und zur Wahrnehmung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats.

Quelle: Pressemitteilung des BMAS Nr. 22/2016 v. 01.06.2016

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Aufstellen von Parabolantenne auf Balkon

Das AG München hat bekräftigt, dass das Aufstellen einer Parabolantenne auf dem Balkon ein zulässiger Mietgebrauch ist, wenn dadurch die Rechte der Vermieterin nicht nennenswert beeinträchtigt werden.
(AG München 6.05.2016  412 C 11331/15)

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Fahrtenbuch: Mitwirkungsobliegenheit des Fahrzeughalters

Die Behörde kann den Zugang mit einfacher Post versandter Anhörungen des Fahrzeughalters im Wege des Anscheinsbeweises nachweisen, wenn zumindest der Versand hinreichend belegt ist. Auch dann, wenn der Fahrzeughalter seiner Mitwirkungsobliegenheit hinsichtlich der Fahrerfeststellung nicht nachkommt, muss die Verfolgungsbehörde naheliegende und mit wenig Aufwand realisierbare Ermittlungen zur Fahrerfeststellung durchführen und dokumentieren (§ 25a StVG, § 31a StVZO).

(VGH Bayern, Urteil vom 18.02.2016 – XI BV 15.1164)

VonHagen Döhl

Vorsätzliche falsche Angabe zum Fahrer eines Fahrzeugs im Zusammenhang mit einer Ordnungswidrigkeit stellt eine Straftat der falschen Verdächtigung im Sinne von § 164 StGB dar.

Mit einem sicherlich nicht ganz seltenen Sachverhalt der Selbstbegünstigung hat sich das OLG Stuttgart befasst. Der Fahrzeugführer beging eine Geschwindigkeitsüberschreitung. Absprachegemäß bezeichnete sich sein Arbeitskollege zunächst gegenüber der Bußgeldbehörde als Fahrer und zögerte das nachfolgende Bußgeldverfahren solange hinaus, bis der Fahrzeugführer wegen des Eintritts der Verfolgungsverjährung nicht mehr belangt werden konnte. Dann legte der Arbeitskollege offen, dass er den Verstoß doch nicht begangen habe, worauf auch das gegen ihn gerichtete Bußgeldverfahren ohne seine Verurteilung beendet wurde.

Das OLG Stuttgart hat die Verurteilung des Fahrzeugführers wegen falscher Verdächtigung (§ 164 Abs. 2 StGB) bestätigt und bei dessen Arbeitskollegen Beihilfe hierzu angenommen. Der Senat sah den Fahrzeugführer als mittelbaren Täter der Falschverdächtigung an, bei der der Arbeitskollege Gehilfe gewesen sei.

(OLG Stuttgart, NStZ 2016, 155; ZfS 2016, 47)

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Unterlassungsanspruch gegen Halter eines Kraftfahrzeuges bei unberechtigter Parkplatznutzung

Bei einem Vertrag über die kurzfristige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes ist eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber nicht geschuldet.

Macht er das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten.

Hat ein Fahrzeughalter sein Fahrzeug einer anderen Person überlassen, kann er als Zustandsstörer unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt. Dem Parkplatzbetreiber steht gegen den als Zustandsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommenen Fahrzeughalter kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halteranfrage zu.

(BGH, Urteil vom 18.12.2015 – V ZR 160/14)

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Vergütung von Umkleidezeit als Arbeitszeit

Das LArbG Frankfurt hat entschieden, dass die Umkleidezeit zur Arbeitszeit zählen kann, wenn die Arbeitskleidung stark verschmutzt wird und auffällig ist.

(Hessisches Landesarbeitsgericht  03.05.201616.  16 Sa 494/15

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Schriftformerfordernis bei Inanspruchnahme von Elternzeit

Das BAG hatte sich mit der Frage zu befassen, ob durch ein Telefax die für das Elternzeitverlangen gegenüber dem Arbeitgeber gebotene Schriftlichkeit gewahrt werden kann.

Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vollendeten dritten Lebensjahr des Kindes beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeitgeber verlangen und gleichzeitig erklären, für welche Zeiten innerhalb von zwei Jahren Elternzeit genommen werden soll. Bei der Inanspruchnahme handelt es sich um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung, durch die das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – vorbehaltlich der Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung – zum Ruhen gebracht wird. Einer Zustimmung des Arbeitgebers bedarf es nicht. Das Elternzeitverlangen erfordert die strenge Schriftform i.S.v. § 126 Abs. 1 BGB. Es muss deshalb von der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.

(BAG 10.5.2016 – 9 AZR 145/15)

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 23/2016 v. 10.05.2016

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Terminsgebühr bei Verbindung mehrerer Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung

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