Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertragsrecht (Vertragsstrafenabrede)

VonHagen Döhl

Allgemeine Geschäftsbedingungen im Arbeitsvertragsrecht (Vertragsstrafenabrede)

Die Parteien hatten in einem im Januar 2002 abgeschlossenen Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafenabrede getroffen. In dieser verpflichtete sich die beklagte Arbeitnehmerin bei Nichtantritt des Arbeitsverhältnisses, beim Lösen des Arbeitsverhältnisses unter Vertragsbruch oder dann, wenn der Arbeitgeber durch schuldhaft vertragswidriges Verhalten der Arbeitnehmerin zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst wird, zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttogehaltes. In dem Arbeitsvertrag war ferner eine 6-monatige Probezeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von 2 Wochen vereinbart.
Wenige Tage nach dem Abschluss des Arbeitsvertrages und vor dem vorgesehenen Beginn des Arbeitsverhältnisses teilte die Beklagte dem Arbeitgeber mit, sie werde die Arbeit nicht antreten und kündige hiermit. Der Arbeitgeber klagte die Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes ein. Die Klage blieb allerdings in allen Instanzen erfolglos.
Nach den Feststellungen des BAG bestand der Arbeitsvertrag der Beklagten aus für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbestimmungen, welcher der Kläger der Beklagten bei Abschluss des Vertrages stellte. Es handelt sich hierbei nach § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB um Allgemeine Geschäftsbedingungen, auf die (seit dem 1.1.2002) insoweit die Vorschriften der §§ 305 bis 310 BGB anwendbar sind.
Nach § 309 Nr. 6 BGB sind zwar Vertragsstrafenvereinbarungen als Klauseln ohne Wertungsmöglichkeit in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam. Bei der Anwendung der §§ 305 ff. im Arbeitsrecht sind jedoch nach § 10 Abs. 4 Satz 2 erster Halbsatz BGB die dort geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Nach sorgfältiger Auseinandersetzung mit den hierzu in der Literatur vertretenen Ansichten gelangte das Bundesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass Vertragsstrafen nach In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 in Arbeitsverträgen grundsätzlich vereinbart werden können. Als Besonderheit des Arbeitsrechts stellt es auf die Regelungen des § 888 Abs. 2 ZPO ab, die es ausschließt, die Verpflichtung zur Arbeitsleistung zu vollstrecken. Hierdurch fehle dem Arbeitgeber im Gegensatz zu anderen Gläubigern die Möglichkeit, den vertraglichen Primäranspruch – die Leistung auf Arbeit – durchzusetzen. Es bestehe demnach für ihn ein Bedürfnis an Sanktionsinstrumenten, um zur Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht anzuhalten. Hierzu stelle die Vertragsstrafe in vielen Fällen die einzige wirksame Möglichkeit dar, um dies zu erreichen. Obgleich durch den Nichtantritt der Arbeit bzw. die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist hohe Schäden entstehen könnten, scheitere die Durchsetzung von Ersatzansprüchen häufig daran, dass die Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden oder dessen Höhe nicht nachgewiesen werden könne.
Im Streitfall stelle jedoch – so das Bundesarbeitsgericht – die allgemein zulässige Vertragsstrafenklausel sich als unangemessene Benachteiligung dar und ist demnach gem. § 307 BGB unwirksam. Die Beklagte wurde nach Auffassung des BAG wegen der Höhe der Vertragsstrafe unangemessen benachteiligt. Um hierüber entscheiden zu können ist – so das Gericht – abzustellen auf eine typisierende Betrachtungsweise, bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Die Festsetzung einer Vertragsstrafe eines vollen Monatsgehaltes (das regelmäßig die Obergrenze für eine Vertragsstrafe bildet [BAG, Urteil v. 27.4.2000 – 8 AZR 301/99]) beeinträchtigt den Arbeitnehmer jedenfalls typischerweise dann unangemessen, wenn er sich – wie vorliegend – rechtmäßig mit einer Kündigungsfrist von 2 Wochen vom Vertrag hätte lösen können.
(BAG, Urteil v. 4.3.2004 8 AZR 196/03)

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