Zum Umfang der Überwachungspflicht des Architekten

VonHagen Döhl

Zum Umfang der Überwachungspflicht des Architekten

1.Den wegen unzureichender Bauüberwachung auf Schadensersatz in Anspruch genommenen Architekten kann u. U. die sekundäre Darlegungslast zur Ausführung und zum Umfang seiner Kontrollen treffen.
2. Im Rahmen der Bauaufsicht hat der Architekt dafür zu sorgen, dass das Bauwerk plangerecht und mangelfrei errichtet wird.
3. Es ist der Bauherr, der die objektiven Voraussetzungen des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruches darlegen und beweisen muss. Dazu gehören die ungenügende Aufsichtsführung und deren Ursächlichkeit für den Bauwerksmangel. Nur für die Frage der Schuld trifft den Architekten die Beweislast.
4. Nur Baumängel, die auf mangelhafter Erfüllung der Überwachungspflicht beruhen, sind Fehler des Architektenwerkes. Ein Unterlassen ist für den Bauwerksmangel aber nur dann kausal, wenn der Handlungspflichtige zur Abwendung tatsächlich in der Lage gewesen wäre, d.h. ein zumutbares Verhalten den Mangel zum damaligen Zeitpunkt vermieden oder verringert hätte.
5. Als durch mangelhafte Bauüberwachung hervorgerufen können nur die Mängel gelten, die normalerweise bei ordnungsgemäßer Leistung des Architekten erkannt worden wären. Das Ausmaß der Überwachungspflicht hängt vor allem auch von der Bedeutung und Schwierigkeit des jeweiligen Bauabschnitts ab. Bei handwerklichen Selbstverständlichkeiten trifft den Architekten keine Überwachungspflicht. Nur Handwerksleistungen, die regelmäßig mit einer hohen Fehlerquote verbunden oder besonders wichtige Bauabschnitte betreffen, sind entweder bei Ausführung zu überwachen oder nach ihrer Fertigstellung zu kontrollieren. Dementsprechend sind die Anwesenheitszeiten nur so zu organisieren, dass der Architekt die unbedingt einer Beaufsichtigung oder nachträglichen Kontrolle unterliegenden Arbeiten in Augenschein nehmen kann.
6. Der bauüberwachende Architekt muss sich allerdings auch davon überzeugen, dass das ausführende Unternehmen überhaupt zuverlässig und in der Lage ist, die beauftragten Arbeiten ordnungsgemäß auszuführen.
7. Befindet sich ein Unternehmen in einer wirtschaftlichen Krise, muss der Architekt dem Rechnung tragen und seine Kontrollen so ausdehnen, dass er das von Insolvenz bedrohte Unternehmen bei jedem Arbeitsschritt im Auge behält.
(OLG Naumburg Urteil vom 26. November 2002 – 11 U 234/01)

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