Vorkaufsrecht, Klagebefugnis (Grundstückkäufer)

VonHagen Döhl

Vorkaufsrecht, Klagebefugnis (Grundstückkäufer)

Der Käufer eines Grundstücks kann geltend machen, durch die Ausübung des Vorkaufsrechts gegenüber dem Grundstücksverkäufer in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Die Naturschutzbehörde kann einen Verstoß gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG, der auf unzureichende Angaben zum Verwendungszweck des Grundstücks bei der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts zurückzuführen ist, durch ergänzende Angaben im gerichtlichen Verfahren nach § 1 Abs. 1 Nds. VwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG heilen.
Die Rechtmäßigkeit der Ausübung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts ist nicht davon abhängig, dass das betroffene Grundstück in angemessener Zeit zu dem angegebenen Zweck verwendet wird. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn von vornherein feststeht, dass die beabsichtigte Verwendung des Grundstücks in angemessener Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist.
Ein Verstoß gegen das Vertretungsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO hat weder die Unwirksamkeit der dem Rechtsanwalterteilten Vollmacht noch die Unwirksamkeit der von ihm vorgenommenen Verfahrenshandlungen zur Folge.
OVG Lüneburg, Urt. v. 13.12.2001 – 8 LB 3551/01 – (16/02) –

Zum Sachverhalt:

Der Kläger wendet sich gegen die Ausübung eines naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts.

Der Kläger kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9.12.1997 ein ca. 3,29 ha großes Grundstück im Geltungsbereich der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Lüchower Landgrabenniederung“, die die Bezirksregierung Lüneburg am 17.2.1992 erlassen hat.

Die Beklagte erteilte durch Bescheid vom 13.1.1998 die beantragte Grundstücksverkehrsgenehmigung und übte anschließend durch Bescheid vom 19.2.1998 das naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht zugunsten des Landes Niedersachsen auf Weisung der Bezirksregierung Lüneburg aus.

Gegen diesen Bescheid erhoben der Kläger und die Grundstückseigentümerin am 2.3.1998 Widerspruch, da das Vorkaufsrecht nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist ausgeübt worden sei.

Die Bezirksregierung Lüneburg wies den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass nach § 510 Abs. 2 BGB, der gemäß § 48 Abs. 2 NNatSchG zur Anwendung gelange, innerhalb von 2 Monaten nach Mitteilung eines rechtswirksamen Kaufvertrages von dem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht werden müsse und der Kaufvertrag erst am 15.1.1998 wirksam geworden wäre.

Die dagegen gerichtete Klage wurde vom Verwaltungsgericht abgewiesen und der Kläger legte gegen dieses Urteil Berufung ein.

Aus den Gründen:

Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet, das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger ist klagebefugt, da er nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, durch den angefochtenen Bescheid in eigenen Rechten verletzt zu sein. Das Vorkaufsrecht wird zwar nach § 48 Abs. 2 Satz 3 NNatSchG i. V. m. § 505 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenüber dem Verkäufer des Grundstücks ausgeübt, dieser Verwaltungsakte belastet aber auch den Grundstückskäufer, weil ihm ein vertragliches Recht auf Eigentumsverschaffung entzogen wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.5.1982 – 4 B 98.82 – Buchholz 406.11 § 25 a BBauG Nr. 1; Bay VGH, Urt. v. 22.5.1995 – 9 B 92.1183/84 – NuR 1995 S. 554; VGH Mannheim, Urt. v. 28.2.1991 – 5 S 1222/90 – NVwZ 1992 S. 898; Blum/Agenda/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Komm. § 48 Rdn. 13).

Ob der Rechtsanwalt und Notar des Klägers bei der Erhebung des Widerspruchs – wie vom Beklagten behauptet – tatsächlich gegen das Vertretungsverbot des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO verstoßen hat, kann dahinstehen, denn ein derartiger Verstoß hat weder die Unwirksamkeit der dem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht noch die Unwirksamkeit der von ihm vorgenommenen Verfahrenshandlung zur Folge (vgl. Zöller ZPO Kommentar 22. Auflage § 78 Rdn. 22 m. w. N.; OLG Hamm, Urt. v. 17.10.1988 – 8 U 58/88 – MDR 1989 S. 266; Urt. v. 21.2.1989 – 26 U 132/88 – MDR 1989 S. 744). Nach § 114 a Abs. 2 Satz 1 BRAO nach § 113 Abs. 1 Nr. 4 BRAO verhängt worden ist.

Dem Land Niedersachsen stehen an dem Grundstück ein Vorkaufsrecht gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG zu, weil dieses Grundstück im Geltungsbereich der Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet „Lüchower Landgrabenniederung“ liegt.

Das dem Land Niedersachsen zustehende naturschutzrechtliche Vorkaufsrecht tritt nicht hinter einem Vorkaufsrecht aufgrund öffentlichen Bundesrecht zurück. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass ein bundesrechtliches Vorkaufsrecht, das dem naturschutzrechtlichen Vorkaufsrecht nach § 48 Abs. 1 Satz 2 NNatSchG vorginge, nicht besteht.

Der Beklagte hat das Vorkaufsrecht auch rechtzeitig ausgeübt, denn die maßgebliche Zwei-Monats-Frist des § 48 Abs. 1 Satz 2 NNatSchG i. V. m. § 510 Abs. 2 BGB ist erst mit Wirksamkeit des Kaufvertrages, die mit Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung eintrat, in Gang gesetzt worden.

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 48 Abs. 3 Satz 3 NNatSchG zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid genügte diesen Anforderungen zwar zunächst nicht, da er den Verwendungszweck des Grundstücks nicht näher bezeichnete. Der Beklagte hat seine Angaben im Berufungsverfahren aber ausreichend konkretisiert und ergänzt und damit die erforderliche Begründung für die Ausübung des Vorkaufsrechts vor Abschluss des verwaltungsrechtlichen Verfahrens nachgeholt. Die anfängliche Verletzung ist nach § 1 Abs. 1 Nds.VwVfG i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG geheilt worden.

Der Beklagte hat keine Gründe nachgeschoben, denn er hat seine Angaben nicht korrigiert oder ausgetauscht, sondern lediglich konkretisiert und ergänzt (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Komm., 7. Aufl., § 45 Rdn. 19; Knack, VwVfG, Komm., 7. Aufl., § 45 Rdn. 26).

Die Naturschutzbehörde darf das Vorkaufsrecht ausüben, wenn das Grundstück für Naturschutz und Landschaftspflege oder für die Erholung der Allgemeinheit in Natur und Landschaft verwendet werden soll. Daher muss bei der Ausübung des Vorkaufsrechts die Absicht bestehen, das Grundstück einer derartigen Verwendung zuzuführen. Die Rechtmäßigkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts ist hingegen nicht davon abhängig, dass das Grundstück auch in angemessener Zeit zu dem abgegebenen Zweck verwendet wird. Geschieht das nicht, kann der Kläger nach § 48 Abs. 3 Satz 4 NNatSchG lediglich verlangen, dass ihm das Grundstück gegen Erstattung des Kaufpreises übereignet wird. Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann daher allenfalls dann rechtswidrig sein, wenn von vornherein feststeht, dass die beabsichtigte Verwendung des Grundstücks in angemessener Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist.
(NNatSchG § 48, VwGO § 42 Abs. 2, VwVfG § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2, BRAO § 45 Abs. 1 Nr. 1)

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