1. Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung bietet § 826 BGB dem Schuldner unter besonderen Umständen die Möglichkeit, sich gegen die Vollstreckung aus einem rechtskräftigen, aber materiell unrichtigen Titel zu schützen. Die Rechtskraft muss zurücktreten, wenn es mit dem Gerechtigkeitsgedanken schlechthin unvereinbar wäre, dass der Titelgläubiger seine formelle Rechtsstellung unter Missachtung der materiellen Rechtslage zu Lasten des Schuldners ausnutzte.
2. Eine solche Anwendung des § 826 BGB muss jedoch auf besonders schwerwiegende, eng begrenzte Ausnahmefälle beschränkt bleiben, weil jede Ausdehnung das Institut der Rechtskraft aushöhlen, die Rechtssicherheit beeinträchtigen und den Eintritt des Rechtsfriedens in untragbarer Weise in Frage stellen würde.
3. Eine Voraussetzung einer Anwendung des § 826 BGB ist die materielle Unrichtigkeit des Titels; der für vollstreckbar erklärte Anspruch darf nicht oder nicht im titulierten Umfang bestehen. Zeitpunkt für die Beurteilung der Unrichtigkeit ist die letzte mündliche Verhandlung im Zweitprozess über den Anspruch aus § 826 BGB. Die Unrichtigkeit des Urteils darf grundsätzlich nicht auf Rechtsfehlern, sondern nur auf Tatsachen gründen.
4. Rechtsfehler im angegriffenen Urteil können dann zu berücksichtigen sein, wenn eine offensichtliche Fehlbeurteilung vorliegt, die zu keinerlei rechtlichen Zweifeln Anlass geben kann.
5. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Gläubiger die Unrichtigkeit des Titels kennen muss. Beim Streit über die Zulässigkeit einer künftigen Vollstreckung genügt es jedoch, wenn ihm die Kenntnis erst durch das zur Entscheidung über den Anspruch aus § 826 BGB berufene Gericht vermittelt wird.
(OLG Brandenburg Urteil vom 8.8.2002 – 9 UF 212/01)
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