Pflichtteilsentziehung wegen ehrlosen Lebenswandels

VonHagen Döhl

Pflichtteilsentziehung wegen ehrlosen Lebenswandels

Ein Pflichtteilsentzug nach § 2333 Nr. 5 BGB ist auch dann möglich, wenn der Abkömmling nicht unmittelbar in den Interessenkreis des Betroffenen eingreift, also auch dann, wenn der Erblasser die Beziehungen zu diesem abgebrochen hat.

Die Klägerin war die nichteheliche Tochter des 2006 verstorbenen Erblassers. Der Erblasser entzog der Klägerin nach § 2333 BGB ihren Pflichtteil mit der Begründung, sie führe einen ehrlosen und unsittlichen Lebenswandel. Sie habe die Familienehre durch ihre Rauschgiftdelikte und Delikte im Kfz-Bereich, maßgeblich aber durch die Ermordung ihres Lebensgefährten, dessen Tod sie schuldhaft herbeigeführt habe, verletzt.
Tatsächlich war die Klägerin seit dem Jahre 1982 strafrechtlich mehrfach in Erscheinung getreten. Zudem konsumierte und veräußerte sie Drogen. Verurteilt wurde sie u. a. wegen Handelns mit Betäubungsmitteln, mehrfachen Betrugs, Verkehrsunfallflucht und fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr. Im Jahre 1993 erschoss sie ihren damaligen Lebensgefährten, ließ dessen Leiche gegen Entgelt in einem See beseitigen und floh nach der Tat ins Ausland. Im Rahmen, des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens kam es auch zu Durchsuchungen in dem Hause des Erblassers. Die Tat wurde in der lokalen Presse umfassend behandelt und war Gegenstand öffentlicher Diskussionen innerhalb der dörflichen Struktur des Wohnorts des Erblassers und der umliegenden Region.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage zunächst Auskunft über die Nachlasshöhe und sodann die Zahlung eines Pflichtteils.

Das LG Bonn wies die Klage ab und meint: Wenn das Pflichtteilsrecht nach der Ansicht des Bundesverfassungsgerichts Ausdruck einer unauflöslichen Familiensolidarität, die zwischen Eltern und ihren Kindern besteht, darstelle, dann sei es unangemessen, das Pflichtteilsentziehungsrecht von äußeren Beziehungen der Beteiligten untereinander abhängig zu machen. Auch ohne bestehende Kontakte könne die von der Norm geschützte Familienehre des Erblassers empfindlich beeinträchtigt werden. Letztlich müsse derjenige, der die Familie rechtlich in Anspruch, nehmen wolle, sich selbst auch familiengerecht verhalten, und zwar unabhängig davon, ob konkrete Beziehungen bestehen oder nicht.

LG Bonn, Urteil vom 17.02.2009 – 18 O 144/07

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