Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters und Erreichen der „Opfergrenze“ für Vermieter

VonHagen Döhl

Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters und Erreichen der „Opfergrenze“ für Vermieter

Der BGH hatte zu entscheiden, ob die Mieterin eines Einfamilienhauses von der Vermieterin die Zahlung eines hohen Kostenvorschusses für die Beseitigung erheblicher Mängel des Hauses verlangen kann.
Die Klägerin verlangt von ihrer Vermieterin die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Beseitigung von Mängeln an dem von ihr seit 1988 gemieteten Einfamilienhaus in Dresden. Sie beziffert die Kosten für die Beseitigung der an den Innen- und Außenwänden des Hauses vorhandenen Risse sowie für die Beseitigung von weiteren Schäden auf 47.500 €. Diesen Betrag macht sie mit der Klage geltend. Die Vermieterin wendet ein, dass die Kosten mindestens doppelt so hoch seien und ihr eine Beseitigung der Mängel im Hinblick darauf, dass der Verkehrswert des Hauses nur bei 28.000 € liege, nicht zumutbar sei. Der zur Mängelbeseitigung erforderliche Aufwand überschreite die „Opfergrenze“.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Vermieterin antragsgemäß verurteilt und dies damit begründet, dass die Mieterin gemäß § 536a BGB Anspruch auf einen zweckgebundenen Vorschuss in Höhe der zu erwartenden Mangelbeseitigungskosten habe.
Die dagegen gerichtete Revision der Vermieterin hatte vor dem BGH Erfolg.
Der BGH hat entschieden, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Vorschussanspruch schon deshalb gegenwärtig nicht erfüllt sind, weil die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zwecklos sind, solange nicht die Ursachen der Rissbildung erforscht und beseitigt worden sind. Zwecklose Maßnahmen seien ungeeignet und damit nicht erforderlich i.S.d. § 536a Abs. 2 BGB.
Auch die weiteren Ausführungen des Landgerichts sind nach Auffassung des BGH fehlerhaft. Nach der Rechtsprechung des BGH ende die Verpflichtung des Vermieters zur Beseitigung eines Mangels dort, wo der dazu erforderliche Aufwand die „Opfergrenze“ überschreitet. Wann diese Zumutbarkeitsgrenze überschritten ist, müsse von Fall zu Fall wertend ermittelt werden. Erforderlich sei dabei eine Würdigung aller Umstände. Es dürfe kein krasses Missverhältnis entstehen zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts andererseits. Das Landgericht habe in diesem Zusammenhang unterstellt, dass einem aktuellen Verkehrswert des Hauses von 28.000 € Sanierungskosten in Höhe von mindestens 95.000 € gegenüber stehen und damit jedenfalls rechnerisch ein grobes Missverhältnis zwischen dem behaupteten Verkehrswert und der behaupteten Höhe der Sanierungskosten vorliegt. Es habe jedoch angenommen, dass die Beklagte sich aufgrund der Umstände des Falles auf das – zu unterstellende – Missverhältnis nach Treu und Glauben nicht berufen kann. Diese Annahme sei aber nach den bisherigen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts nicht gerechtfertigt.
Die Sache ist an das Landgericht zurückverwiesen worden, damit die erforderlichen Feststellungen getroffen werden können, ob die von der Mieterin beabsichtigten Reparaturen zur nachhaltigen Mangelbeseitigung geeignet sind, wie sich das Verhältnis von Sanierungskosten und Verkehrswert der Immobilie tatsächlich darstellt und ob es der Vermieterin unter Berücksichtigung dieser und der weiteren Umstände zugemutet werden kann, die Mängel zu beseitigen.
(BGH 21.4.2010 VIII ZR 131/09)

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