Anspruch auf Austausch von Wasserzählern gegenüber Wasserversorgungsunternehmen

VonHagen Döhl

Anspruch auf Austausch von Wasserzählern gegenüber Wasserversorgungsunternehmen

Der BGH hat entschieden, dass Wasserversorgungsunternehmen im Interesse der Kunden entscheiden müssen, ob bei wesentlicher Änderung des technischen Standards ein Austausch eines Wasserzählers vorzunehmen ist.
Die Klägerin, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, verlangt von dem beklagten Wasserversorgungsunternehmen den Austausch eines Wasserzählers. Die Beklagte versorgt die Wohnungseigentumsanlage der Klägerin seit Jahren mit Wasser und entsorgt das Abwasser. Bei der Wohnungseigentumsanlage handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus mit 21 Wohnungen. Das Versorgungsunternehmen hat als Entnahmearmatur einen Wasserzähler der Größe Qn 6 (mit einem Nenndurchfluss von 6 m³/h) eingebaut. Im Januar 2007 bat die Klägerin um einen Einbau eines Wasserzählers Qn 2,5 (mit einem Nenndurchfluss von 2,5 m³/h). Dies lehnte das Versorgungsunternehmen mit der Begründung ab, dass es dadurch zu Beeinträchtigungen der Versorgung nach Menge und Druck kommen könne. Nach dem ab 01.01.2007 gültigen Preisblatt des Versorgungsunternehmens beträgt der Grundpreis für die Bereitstellung des Wassers bei Wasserzählern mit einer Nennleistung von 2,5 m³/h ab 401 m³ pro Jahr 29,50 € netto pro Monat. Bei Wasserzählern mit einer Nennleistung bis Qn 6 beträgt der Grundpreis für die Bereitstellung des Wassers ab 501 m³ pro Jahr 68 € netto pro Monat. Im erstgenannten Fall beträgt der Servicepreis für Schmutzwasser 15 € pro m³ und im letztgenannten Fall 36 € pro m³.
Die Klägerin meint, vor dem Hintergrund der mehr als 130% höheren Kosten beim Einbau eines Zählers Qn 6 hätte die Beklagte bei Ausübung ihres Ermessens nach § 18 AVBWasserV einen Zähler der Größe Qn 2,5 einbauen müssen. Mit der Klage hat die Klägerin verlangt, den Wasserzähler Qn 6 durch einen Wasserzähler Qn 2,5 zu ersetzen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Der BGH hat das Berufungsurteil auf die Revision der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte nach derzeitigem Stand mit der Verweigerung des Einbaus eines Wasserzählers der Dimensionierung Qn 2,5 ihr Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 und 4 AVBWasserV nicht ermessensfehlerfrei ausgeübt.
In dem Vertragsverhältnis der Parteien bestünden Schutz- und Rücksichtnahmepflichten. Aus diesen folge ein Anspruch auf erneute Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts jedenfalls dann, wenn sich der technische Standard, der einen Einfluss auf die Auswahl der Messgeräte hat, in einem wesentlichen Maße ändert und beachtenswerte Interessen des Kunden geltend gemacht werden. Ein solches Interesse sei hier insbesondere darin zu sehen, dass der Grund- und Servicepreis für die Leistungen der Beklagten und damit die Kostenbelastung des Kunden von der Dimensionierung des Wasserzählers abhängen. Das Wasserversorgungsunternehmen sei danach gehalten, eine neue Ermessensentscheidung zu treffen, ob ein Austausch des Wasserzählers unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der Technik im Interesse des Kunden vorzunehmen ist. Das Landgericht habe zu Unrecht eine fehlerfreie Ermessensentscheidung des Versorgungsunternehmens angenommen. Es habe insbesondere keine ausreichenden Feststellungen zum aktuellen Stand der Technik getroffen.
Das Landgericht muss jetzt nähere Feststellungen dazu treffen, ob ein Wasserzähler Qn 2,5 in der Wohnanlage der Klägerin dem Stand der Technik entspricht.

§ 18 AVBWasserV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser)

(2) 1. Das Wasserversorgungsunternehmen hat dafür Sorge zu tragen, dass eine einwandfreie Messung der verbrauchten Wassermenge gewährleistet ist. 2. Es bestimmt Art, Zahl und Größe sowie Anbringungsort der Messeinrichtungen. 3. Ebenso ist die Lieferung, Anbringung, Überwachung, Unterhaltung und Entfernung der Messeinrichtungen Aufgabe des Unternehmens. 4. Es hat den Kunden und den Anschlussnehmer anzuhören und deren berechtigte Interessen zu wahren. 5. Es ist verpflichtet, auf Verlangen des Kunden oder des Hauseigentümers die Messeinrichtungen zu verlegen, wenn dies ohne Beeinträchtigung einer einwandfreien Messung möglich ist; der Kunde oder der Hauseigentümer ist verpflichtet, die Kosten zu tragen.
(BGH 21.4.2010 VIII ZR 97/09)

Über den Autor

Hagen Döhl administrator

Schreibe eine Antwort