Kategorien-Archiv Baurecht

VonHagen Döhl

Werkvertrag: Darlegungs- und Beweislast bei werkvertraglichem Vergütungsanspruch

Zur schlüssigen Begründung eines nach Zeitaufwand zu bemessenden Vergütungsanspruches muss der Unternehmer grundsätzlich nur darlegen, wie viele Stunden für die Erbringung der Vertragsleistung angefallen sind. Die Vereinbarung einer Stundenlohnvergütung für Werkleistungen begründet nach Treu und Glauben eine vertragliche Nebenpflicht zur wirtschaftlichen Betriebsführung, deren Verletzung sich nicht unmittelbar vergütungsmindernd auswirkt, sondern einen vom Besteller geltend zu machenden Gegenanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB (Schadenersatzanspruch) entstehen lässt. Dessen tatsächliche Voraussetzungen muss der Besteller nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und beweisen. Den Unternehmer trifft dann eine sekundäre Darlegungslast, wenn der Besteller nicht nachvollziehen kann, welche konkreten Leistungen der Unternehmer erbracht hat, und ihm deshalb die Möglichkeit genommen ist, die Wirtschaftlichkeit des abgerechneten Zeitaufwandes zu beurteilen. Ein solcher Fall liegt nicht vor, wenn der Besteller die einzelnen Leistungen in Auftrag gegeben hat und später den Auftragsumfang nicht mehr nachvollziehen kann.
(BGH Urteil vom 28.05.2009 – VII ZR 74/06)

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Privatgutachten gegen Gerichtsgutachten – Gericht muss verwerten!

Das von einer Partei auf ein gerichtlich eingeholtes Gutachten vorgelegte entgegenstehende Privatgutachten muss der Richter erkennbar verwerten. Dieses Privatgutachten kann den Richter veranlassen, von Amts wegen weiteren Beweis zu erheben.

BGH Entscheidung vom 18.05.2009 – IV ZR 57/08

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Kostenvoranschlag schützt nur eingeschränkt

Das LG Coburg hat sich mit der Frage befasst, ob der Bauherr bei einer Überschreitung der im Kostenvoranschlag genannten Summe die Rechnung voll bezahlen muss.
Eine Bauherrin hatte die eine Fensterfirma auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags für den Einbau von Fenstern über 22.400 € beauftragt. Die Schlussrechnung belief sich jedoch auf 27.100 €. Die Bauherrin bezahlte daraufhin nur den Angebotspreis, der klagende Bauunternehmer forderte die seiner Meinung nach offen stehende Differenz von rund 2.400 €.
Das LG Coburg hat der Klage stattgegeben.
In der Schlussrechnung waren auch Arbeiten im Wert von 2.300 € abgerechnet, die im Angebot nicht enthalten waren und auf Zusatzaufträgen der Bauherrin beruhten. Bei der Frage, ob eine wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlags vorlag, die einen Schadensersatzanspruch der Bauherrin hätte begründen können, hatten diese zusätzlichen Arbeiten unberücksichtigt zu bleiben. Die maßgebliche Preiserhöhung belief sich damit auf 2.400 € oder rund 10%. Darin sah das Gericht noch keine wesentliche Überschreitung und kürzte den Klagebetrag lediglich geringfügig, weil ein Teil der in Rechnung gestellten Stunden nicht nachgewiesen war. Somit sei ein Kürzungsrecht der Bauherrin nicht gegeben.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
(LG Coburg, 10.07.2009 – 12 O 81/09)

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Folgen der Beseitigung von nachteiligen Auswirkungen eines Baumangels auf die Gebrauchstauglichkeit

Lässt der Besteller nur die nachteiligen Auswirkungen eines Baumangels auf die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes, an dem die Bauleistungen erbracht werden, durch bauliche Maßnahmen beseitigen (hier: Einbau längerer Türen bei einem mit zu geringer Höhe eingebrachten Estrichbelag), so liegt darin keine Ersatzvornahme im Sinne des § 633 Abs. 3 BGB a.F. In einem solchen Fall bleibt der Unternehmer zur Mängelbeseitigung verpflichtet, wenn die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben.
BGH Urteil 07.05.2009, VII ZR 15/08

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Aufrechnungsverbot auch individualvertraglich unzulässig

Ein Bauherr kann gegen die Werklohnforderung eines Unternehmers mit einem Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Mängelbeseitigung selbst dann aufrechnen, wenn die Parteien individualvertraglich ein Aufrechnungsverbot vereinbart hatten.
(OLG Hamburg Entscheidung vom 13.02.2009 – 11 U 41/08)

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Die Rechtsqualität von DIN-Normen

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind DIN-Normen keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter. Sie sind kein Beleg für die zur Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen allgemeinen als gültig anerkannten Regeln der Baukunst. Vielmehr geht der Begriff der Allgemeinen anerkannten Regeln der Baukunst über den der allgemeinen technischen Vorschriften (DIN-Normen) hinaus, indem Letzterer dem Ersteren unterzuordnen ist. DIN-Normen können deshalb, was im Einzelfall durch Sachverständigenrat zu überprüfen ist, die anerkannten Regeln der Baukunst widerspiegeln oder aber auch hinter Ihnen zurückbleiben (BGH NJW – R 1986, 755; BGH NJW 1998, 2814).
Ebenso ist zu klären, ob die herangezogene DIN-Norm noch dem aktuellen Stand der Baukunst entspricht. Soweit sich das Gericht zur Klärung dieser Frage der Hinzuziehung eines Sachverständigen bedient, hat dieser nicht seine persönliche Meinung wiederzugeben, sondern die Mehrheitsmeinung unter den maßgeblichen Experten zu ermitteln. Ergeben die Ausführungen des Sachverständigen insofern eine Anzahl unterschiedlicher Meinungen, wird das Gericht sich diese Meinungen nennen lassen sowie den Grund der fachlichen Anerkennung, den die verschiedenen Auffassungen erfahren haben, um dann auf dieser Grundlage eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. DIN-Normen bilden daher in rechtlicher Hinsicht lediglich „antizipierte Sachverständigengutachten“, an deren Ergebnisse die Zivilgerichte nicht gebunden sind, und können allenfalls als eine erste Orientierungshilfe dienen. Ihre Einhaltung kommt allenfalls Indizwirkung zu. Zutreffend wird zudem darauf hingewiesen, dass zunehmend die nationalen Normen und Regelwerke durch die europäische Baunormung ersetzt werden.
(Rodegra in WUM 2.009, 151 ff. mit weiteren Nachweisen).

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BGH: Verkäufer eines Hauses kann bei Verschweigen von Asbest für Sanierungskosten haften

Verschweigt ein Verkäufer einer Immobilie, dass beim Bau des Verkaufsobjekts Asbestplatten verwendet wurden, kann er unter Umständen vom Käufer für die Sanierung haftbar gemacht werden, auch wenn zur Zeit des Hausbaus in den 80er Jahren Asbestplatten üblicherweise verwendet wurden. Eine solche Haftung ergebe sich einerseits aus der Gefährlichkeit der Stoffe wie Asbest und der Wahrscheinlichkeit eines möglichen Austritts dieser Stoffe. Zudem könnten in einem solchen Fall auch nach Gefahrübergang noch Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen durch arglistiges Verschweigen geltend gemacht werden. Dies entschied der Fünfte Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 27.03.2009 (Az.: V ZR 30/08).

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OLG Dresden: Neuausstellung einer Schlussrechnung nach Vergleich?

Bei Vorlage einer prüfbaren und steuerrechtlich ordnungsgemäßen Schlussrechnung ist auch bei einem nachfolgenden Vergleich mit einem geänderten Schlusszahlungsbetrag keine neue Schlussrechnung zu erstellen.
Entscheidung vom 27.10.2008 – 11 U 1002/08

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Konkludente Annahme von Nachtragsangeboten

Fordert der Besteller zusätzliche Leistungen und unterbreitet der Werkunternehmer hierfür ein Nachtragsangebot, kann eine konkludente Annahme des Nachtragsangebots dadurch zum Ausdruck kommen, dass der Besteller die Leistungen abfragt und entgegennimmt, ohne dem Nachtragsangebot zu widersprechen.
Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Besteller dem Nachtragsangebot erst widerspricht, nachdem die zusätzliche Leistung ausgeführt worden ist.
Entscheidung vom 31.10.2008 – 7 U 169/07

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Das neue Forderungssicherungsgesetz

Am 1. Januar 2009 wird das neue Forderungssicherungsgesetz in Kraft treten , das grundlegende Änderungen im Baurecht mit sich bringt.
An erster Stelle stehen die gravierenden Änderungen des neuen § 648a BGB. Danach hat der Unternehmer künftig einen einklagbaren Anspruch auf Zahlungssicherheit in Höhe von 110% der nicht gezahlten Vergütung, auch nach Abnahme, ohne Berücksichtigung streitiger Gegenansprüche! Dies und andere Neuregelungen eröffnen völlig neue Handlungsoptionen für den Unternehmer.
Weitgehende Konsequenzen wird auch die Neuregelung des § 1 GSB (künftig: BauFordSiG) haben. Durch eine erhebliche Ausweitung des Baugeldbegriffs werden die Generalunternehmer und Hauptunternehmer zu Treuhändern ihrer Nachunternehmer. Abschlagszahlungen, die ein GU/HU künftig für die jeweilige Baustelle erhält, sind zwingend Baugeld. Dieses Baugeld muss primär zur Bezahlung der an dieser Baustelle tätigen Nachunternehmer, Architekten, Materiallieferanten etc. verwendet werden. Fällt einer dieser Baugläubiger später in der Insolvenz des GU/HU mit seiner Forderung aus, weil das Baugeld für baustellenfremde Zwecke verbraucht wurde, so ist über § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 BauFordSiG eine Durchgriffshaftung auf die Verantwortungsträger persönlich (zum Beispiel Geschäftsführer, Niederlassungsleiter, Projektleiter etc.) eröffnet. Damit nicht genug. Bei der Frage, ob es sich um Baugeld handelt oder ob es zweckwidrig verwendet wurde, liegt die Darlegungs- und Beweislast künftig beim Baugeldempfänger.
Forderungssicherungsgesetz.pdf